Das gebrochene Versprechen

war beim
Unterhaltungsteil aufgeschlagen und so gefaltet, dass uns die übernommene
Klatschkolumne »StarWatch« entgegensprang.
     
     
    ...Ist Ihnen schon aufgefallen,
dass die Titel-Single des demnächst erscheinenden neuen Ricky Savage -Albums Midnight Train to Nowhere im amerikanischen Rundfunk seltsam absent ist?
Was bedeutet das für den zweifachen Grammy-Gewinner, dessen Alben und Singles
normalerweise bei Verkaufsbeginn an der Spitze der Charts stehen? Inzwischen
ist Savage wieder aufgetaucht: in einem exklusiven Hotel in La Jolla, in
Begleitung der mysteriösen Rothaarigen (s. gestrige Kolumne), mittlerweile identifiziert
als Rae Kelleher , Privatdetektivin aus San Francisco. Eine zusätzliche
Sicherheitsmaßnahme? Laut unseren Quellen weilt Ms. Kelleher nicht in
beruflicher Funktion dort. Bleiben Sie dran, wir unterrichten Sie eingehender,
wenn Savage morgen Abend seine Midnight Train -Tour startet...
     
     
    Ricky las mit
zusammengepressten Lippen. »Herrgott«, sagte er. »Tut mir Leid, Charly.«
    »Meinetwegen braucht’s dir
nicht Leid zu tun. Aber die Kinder, um die sollten wir uns Gedanken machen.
Bisher hat weder Chris noch Jamie dieses Geschreibsel gesehen. Und da ist noch
was.« Sie ging an den Schreibtisch, nahm einen Umschlag aus der Schublade und
streckte ihn Ricky hin.
    Er öffnete ihn und starrte auf
ein Blatt Papier. Ich drängte mich neben ihn, um auch draufgucken zu können.
     
    WAS HAST DU GETAN?
     
    Ricky stöhnte. Mit einem
Papiertaschentuch nahm ich ihm Brief und Umschlag aus den Händen. Die Schrift
war dieselbe wie immer, der Poststempel aus Los Angeles. »Was ist das für eine
Postleitzahl?«, fragte ich.
    Er schaute drauf. »Das Postamt
in der Nähe von Zenith. Und Transamerica. Und unzähligen anderen Firmen und
Leuten, die ich kenne.«
    Ich sagte zu Charlene: »Das kam
mit der heutigen Zustellung?«
    »Ja.«
    »Wer außer dir hat es
angefasst?«
    »Der Wachmann, der die Post raufgebracht
hat.«
    »Verdammt! Sie hatten
Anweisung, auf so was zu achten und es sofort einzutüten, damit es im RKI-Labor
untersucht werden kann. Zu spät, schätze ich, aber ich werde es trotzdem
weitergeben. Ricky, wann kommen die Bandmitglieder?«
    »Nicht vor zwei. Ich muss erst
noch mit Charly reden und ein bisschen Zeit mit meinen Töchtern verbringen.«
    »Okay, was die Band betrifft,
ist zweierlei wichtig: Sag ihnen nicht, dass du heute Abend schon nach L.A.
fährst und wo du dort wohnst. Und sie dürfen auf gar keinen Fall in die Nähe
des Hauses kommen. Sie haben im Studio zu bleiben, und ich werde dafür sorgen,
dass die Wachleute das wissen.«
    »Ach, Shar! Du kannst doch im
Ernst niemanden von der Band verdächtigen —«
    »Ich kann«, sagte, ich und
erzählte ihm von dem Gewehr, das auf dem Grundstück gefunden worden war.
»Jemand in deiner unmittelbaren Nähe wird benutzt, um an dich heranzukommen.
Von jetzt an kannst du niemandem mehr vertrauen außer deiner Familie, Hy und mir.«
    »Du hast Rae nicht erwähnt«,
sagte Charlene.
    O Gott, dachte ich, jetzt geht
es los! »Und Rae.«
    »Ich wollte, einer von euch
hätte mir gesagt, dass sie die Rothaarige ist, von der wir gestern sprachen.«
    »Warum?«, fragte Ricky plump.
»Hätte das irgendwas geändert?« Zum ersten Mal, seit wir da waren, sah sie ihm
direkt in die Augen. »Ja, hätte es. Shar spricht seit Jahren nur gut über sie,
und Mick mag sie. Ich hätte wenigstens gewusst, dass du dich nicht wieder mit
irgendeiner Verrückten eingelassen hast. Apropos, ich glaube, du hast mir etwas
zu erzählen.«
    »Ja«, sagte er schleppend. »Ja,
hab ich.«
    Ich sagte: »Ich lass euch beide
jetzt allein.«
    Ich nahm meine Aktenmappe mit
hinaus an den Pool, in der Absicht, Keims Fax zu studieren, aber als ich dort
ankam, fand ich Jamie bäuchlings auf einer Liege. Sie starrte trübselig auf den
Boden.
    »Hey«, sagte ich und setzte
mich neben sie.
    Sie gab einen Grunzlaut von
sich.
    »Was ist mit dir?«
    »Ich fühle mich scheiße, das
ist mit mir.«
    »Willst du drüber reden?«
    »Nein.«
    »Okay.« Ich nahm das Fax heraus
und begann zu lesen.
     
    Forrest
Curtin :
Festnahmen: Austin, Texas, 1988, Erregung öffentlichen Ärgernisses —
Urteilsverkündung aufgeschoben; Nashville, Tennessee, 1991, Fahren unter
Rauschmitteleinfluss — Führerscheinentzug; Los Angeles 1991, Drogenbesitz
(Kokain) — Anklage fallen gelassen. Kreditauskunft: mau, mehrere Konten
überzogen. Hypothekenschulden von $ 460 000 für Eigenheim, Raten für die
letzten