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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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habe sie schon eine gewisse Summe für die Einrichtung der neuen Wohnung beiseitegelegt und auch schon mit ihrem Bauunternehmer (»Der Mann frisst mir aus der Hand, Jane!«) über den Umbau gesprochen.
    »Hörst du zu, Jane?«
    Ich sagte ja. Es war, als ob sich ein Teil meines Ich, der Teil, der sich mit tristen, langweiligen Dingen befasste, die sowieso nie passieren würden, vom Rest abgetrennt hätte und ihr ganz mechanisch antwortete. Alles andere kreiste um Ivor Tesham und die Frage, wie ich das mit dem Wählerverzeichnis rausbekommen und telefonieren konnte, ohne dass Mummy etwas davon mitkriegte. Außerdem war da noch diese unvernünftige Angst vor Sean Lynch. Es war schon eine Weile her, dass er mich in seiner Wohnung misshandelt hatte, aber das war sowieso eine einmalige Sache gewesen, da würde ich nie wieder hingehen, nicht mal in die Nähe würde ich mich trauen, nicht mal an die U-Bahn-Haltestelle Warwick Avenue. Ich hatte nichts zu befürchten. Es war einfach so, dass diese Brutalität etwas ist, womit man in unserer Gesellschaft nicht rechnet, wenn man in aller Unschuld bei einer Familie vorspricht und ein höfliches Gespräch führen will. Deshalb war ich wohl so … ja, so erschrocken gewesen, als ich ihn vom Bus aus gesehen hatte. So erschrocken, dass meine Hände zitterten. Wie unmittelbar nach dem schrecklichen Erlebnis. Wie jetzt immer nachts in meinen Träumen.
    Es ist vorbei, sagte ich mir immer wieder, es kann sich nicht wiederholen. Er weiß nicht, wo du wohnst, er kann es unmöglich rauskriegen. Du hast ja seiner Mutter nicht mal gesagt, wie du heißt. Er hat dich vergessen. Selbst wenn er hochgeschaut und dich im Bus gesehen hätte – erkannt hätte er dich nicht. Er hat keine Träume. Stupide Menschen träumen nicht.
     
    Mummy geht nie ohne mich weg. Sie würde sich verlaufen, behauptet sie. Ich habe ihr eine Taschenbuchausgabe des London A-Z gekauft, ich muss sie unbedingt aus dem Haus haben, damit ich telefonieren kann. Zuerst mit der Stadtverwaltung Westminster, das wäre ein Anfang oder vielleicht mehr als das, vielleicht schon die Lösung meines Problems. Aber wenn Mummy da ist, die andauernd wissen will, was ich mache, geht das nicht. Gestern Abend hat sie sich den Stadtplan vorgenommen und alle paar Sekunden ihre Bemerkungen über Londoner Bezirke gemacht, von denen sie nie gehört hat, oder über absonderliche Straßennamen. »Was meinst du, Jane, sind die Alexandra Roads nach Prinzessin Alexandra benannt oder nach der verstorbenen Queen Alexandra?“
    »Hast du gewusst, dass es in Kensal Rise eine Fifth Avenue gibt, genau wie in New York?«
    »Am besten fährst du da mal hin und erkundest alles«, sage ich. »Sieh dir diese Fifth Avenue an, dann wird sich ja herausstellen, ob sie so vornehm ist wie die in New York oder eine ganz gewöhnliche Straße.«
    »Ich hätte Angst, Jane. Es ist nicht wie in Ongar. Hier gibt es so viel Straßenkriminalität.«
    Der nächste Tag war hell und sonnig, ich musste das Rouleau an einem Fenster herunterziehen, weil das Licht von der Straße her so blendete. Mummy war schon im Bad. Ich setzte den Kaffee auf und ging nach unten, um die Post und die Zeitung zu holen. Die Times lag auf dem Tisch in der Diele, mit meinem Namen drauf, und daneben ein Brief für mich, was nicht oft vorkommt. Er war von den Gaswerken, und als ich den Umschlag aufmachte, sah ich, dass es eine letzte Mahnung war. Ich hatte meine Gasrechnung nicht bezahlt.
    So was passiert mir einfach nicht. Ich kann noch so knapp bei Kasse sein – Gas- und Wasserrechnungen bezahle ich immer, lieber verzichte ich auf Essen und Trinken, und wie ich die hier hatte übersehen können, war mir schleierhaft. Oben ging ich gleich in die Küche und an die Schublade, in der ich Rechnungen und Quittungen aufhebe (unter den Gebrauchsanweisungen, wo ich – lang, lang ist’s her – mal Hebes Perlen verwahrt hatte). Die Gasrechnung war nicht da. Vielleicht hatten sie mir gar keine geschickt? Ich hätte sie sonst bestimmt in die Schublade getan. Wo könnte sie noch sein? Die Wohnung ist so klein, dass es kaum Ecken und Winkel gibt, wo man so was verlegen kann. Ich nahm die Gebrauchsanweisungen raus, eine nach der anderen, für den Fall, dass die Gasrechnung versehentlich dazwischengeraten war.
    Während ich danach fahndete, kam Mummy im Morgenrock aus dem Bad. Neugierig wie sie ist, wollte sie sofort wissen, was ich suchte. Damit sie Ruhe gab, zeigte ich ihr die Mahnung, aber natürlich gab sie

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