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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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sie Geld für mich ausgeben wolle, könne sie mir ja einen ordentlichen Batzen von dem geben, was mein Vater ihr hinterlassen hat. »Schlimm genug, wenn du nach drei Jahren an einer guten Universität gezwungen bist, eine alte Frau, die kaum selbst genug zum Leben hat, um Geld anzugehen«, sagte sie.
    Solche unvernünftigen Argumente bringen mich auf die Palme. Sie hat kaum genug zum Leben, aber für die Wohnung in Spanien hat sie achtzigtausend Pfund gekriegt und will mir eine Kindermädchenausbildung finanzieren! Ich erinnerte sie daran, dass ich auf meinen Urlaub verzichtet hätte, um sie zu betreuen. Sie habe mich nicht darum gebeten, sagte sie, sondern mir nur von der Operation erzählt, ihre nette Nachbarin wäre gern bereit gewesen, zweimal am Tag nach ihr zu sehen. Es kam zu einem Austausch wüster Beschimpfungen, sie war keinen Argumenten mehr zugänglich, und das Ende vom Lied war, dass ich sagte, ich würde abreisen. Zehn Tage waren mehr als genug. Dann ging ich – schließlich weiß ich ja, was sich gehört – zu der Nachbarin (einer unmäßig fetten, ewig grinsenden Person), sagte, ich werde am nächsten Tag fahren, und bat sie, ab und zu bei Mummy vorbeizuschauen und zu fragen, ob sie was brauchte.
    Weil niemand ans Telefon ging, als ich bei Gerry anrief, um mich anzumelden, hinterließ ich eine Nachricht: Er könne mich am nächsten Tag nachmittags erwarten. Als ich um vier kam, war das Haus leer. Wahrscheinlich hatte eine der anderen oder Gerrys Mutter Justin von der Schule abgeholt. Dachte ich. Als er mit Gerry zurückkam, war es halb acht. Wenn es nach mir ginge, hätte er da schon längst im Bett liegen sollen, aber mich fragt ja keiner. In weiser Voraussicht – sie hatten bestimmt kaum einen Happen zu essen im Haus – hatte ich auf der Heimfahrt eingekauft, um etwas kochen zu können.
    Ich hatte mich auf ein mittleres Chaos im Haus gefasst gemacht, denn Gerry ist, was Hausarbeit angeht, eine totale Niete, schon mit Aufräumen ist er überfordert. Aber alles war picobello, wie Mummy immer sagt. Badezimmer lassen ja oft tief blicken, aber das Handwaschbecken war nach dem letzten Benutzer ausgewischt und die Badewanne innen abgebraust worden. Die Handtücher waren nicht so schmuddelig wie zu Zeiten von Grania (oder Lucy oder Wendy). Ich ging in Gerrys Schlafzimmer und staunte: Sein Bett war gemacht. Bettenmachen finden Männer überflüssig, dazu raffen sie sich nur auf, wenn eine Frau lange genug auf sie einredet.
    Ich machte die Schublade mit Hebes Schmuck auf und war fast sicher, dass beim letzten Mal – ich habe öfter hineingeschaut, um nach den Perlen zu sehen – die silberne Pappschachtel mit dem Medaillon, dem Verlobungsring und dem Armreif oben gewesen war und die Parfümschachtel mit den Perlen daruntergelegen hatte. Fast sicher, sage ich, beschwören könnte ich es nicht. Schön, vielleicht hatte Gerry sich die Sachen mal angesehen, sie gehörten ihm, es war sein gutes Recht, vielleicht hatte er abends hier gesessen und der Frau nachgetrauert, die sie getragen hatte. Mein Zimmer war unverändert, sauber und ordentlich, so wie ich es hinterlassen hatte, nur eingestaubt. Ich erwarte keine Wunder, und wenn Gerry in meinem Zimmer zum Staubtuch gegriffen hätte, wäre das wirklich eins gewesen. Zuletzt ging ich in Justins Zimmer. Als ich ins Haus gekommen war, hatte ich irgendwie das Gefühl gehabt, dass in meiner Abwesenheit jemand Fremdes da gewesen war. So langsam hatte sich dieses Gefühl gelegt, aber hier, in Justins Zimmer, kamen mir doch wieder Zweifel. Es war so ordentlich wie vor meiner Abreise. Ich zwang ihn immer, alles aufzuräumen, ehe er schlafen ging, aber er stellte sich fürchterlich deswegen an, und andauernd fiel mir Gerry in den Rücken und sagte, Justin dürfe seine Sachen ruhig liegen lassen. Diese beiden hatten hier bestimmt nicht Ordnung gemacht. Und Justin hatte was Neues zum Spielen, einen Bauernhof mit Kühen und Schafen und Schweinen, zwei Zugpferden, hundert Hühnern, einem Ententeich und einem Heuschober. Einen Bauernhof, wohlgemerkt, wie es ihn seit einem halben Jahrhundert in Wirklichkeit nicht mehr gibt. Der Bauer mit seiner Mistgabel und seine Frau mit ihrer Milchkanne sahen aus wie Amish People. Na ja, ihm wird’s gefallen. Wahrscheinlich hat er ihn von seiner Großmutter bekommen oder von einer der anderen – oder nein, es muss eine Person gewesen sein, die Justin nicht gut kennt, wenn sie glaubt, ihn damit über meine Abwesenheit hinwegtrösten zu

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