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Das Geburtstagsgeschenk

Das Geburtstagsgeschenk

Titel: Das Geburtstagsgeschenk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Vine
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wahrgenommen werden, der zu weitläufig war, um Peinlichkeit zu kennen, obwohl er andererseits den Begriff Weitläufigkeit nicht schätzte.
    »Ganz und gar nicht«, sagte er zu Juliet, »aber ich werde einen Bogen um ihn machen, und ich denke, dass er es genauso halten wird.«
    Gerry Furnal referierte durchaus wortgewandt (laut Ivor) über den Forschungsstand bei der Behandlung des Marfan-Syndroms und eine mögliche Gentherapie. Er nannte Summen in Millionenhöhe, die erforderlich seien, um diese Vorhaben zu fördern, und erwähnte einen Spendenaufruf, den die Gesellschaft in Kürze herausgeben werde. Es gab Beifall, und als er das Podium verließ, wurde er sofort umringt. Ivor ging ihm aus dem Weg, was nicht weiter schwierig war, denn in den ersten zehn Minuten nach der Rede wollten viele Gäste mit Furnal sprechen, so dass er kaum von der Stelle kam. Ivor und Juliet machten die Runde, wobei sie sich nach einer Weile aus den Augen verloren, bedienten sich mit Wein, den Kellner auf Tabletts herumreichten. Juliet begrüßte auch den ihr bekannten Vorsitzenden der Gesellschaft und wechselte ein paar Worte mit ihm.
    Ivor war – vorübergehend allein – auf dem Weg zu einem konservativen Peer, den er auf der anderen Seite des Saals gesichtet hatte, dem einzigen Gast, mit dem ein Gespräch anzufangen ihn reizte, als Gerry Furnal auf ihn zukam. Ivor dachte sich nichts dabei. Er war der wohl prominenteste Gast im Saal, kein Wunder, dass der Fundraising-Manager Wert darauf legte, ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Lächelnd streckte er die Hand aus.
    Furnal ergriff sie nicht. Er sei absolut cool gewesen, berichtete Ivor fast bewundernd.
    »Es gab keinen Austausch von Artigkeiten, kein Gerede nach dem Motto ›Wie-schön-dass-Sie-kommen-konnten‹«, fuhr Ivor fort. »Er steckte die Hand in die Tasche und holte eine Perlenkette heraus, eine lose Kette ohne Schachtel oder auch nur einen kleinen Beutel. Ich habe sie nicht erkannt. Ehrlich gesagt hatte ich das verdammte Ding völlig vergessen. ›Wenn ich nicht irre, haben Sie das hier meiner verstorbenen Frau geschenkt^ sagte er. ›Nehmen Sie es bitte wieder an sich, ich habe keine Verwendung dafür.‹«
    »Mein Gott, Ivor«, sagte Iris, »das muss ja ein richtiger Schock gewesen sein. Bist du rot geworden?«
    »Ich und rot werden? Sei nicht albern! Ich wolle sie nicht haben, sagte ich, er solle sie doch behalten, und er erklärte sehr gespreizt, sie sei besudelt und er wolle sich nicht länger diesem Schmutz aussetzen. Inzwischen war es leerer geworden, viele Gäste waren fort, und zwei Frauen sahen interessiert zu uns hin. Ich hatte gar keine Wahl. Ich habe die Perlen in die Tasche gesteckt, Juliet gesucht und gefunden, und dann sind wir gegangen.«
    Ob das alles gewesen sei, was Furnal gesagt habe, wollte ich wissen.
    »Das war alles.«
    »Woher wusste er es?«, fragte Iris. »Woher hat er gewusst, dass du ihr die Perlen geschenkt hast?«
    »Keine Ahnung – fragen konnte ich ihn ja schlecht. Von Hebe bestimmt nicht. Vielleicht ist ihm eingefallen, dass ich damals im Jubilee Room mit Hebe gesprochen habe – aber das ist reine Spekulation.«
    Der Empfang war vor zwei Tagen gewesen. »Hat sich inzwischen irgendwas getan?«, fragte ich.
    »Ob ich etwas von ihm gehört habe, meinst du? Nein. Ich glaube auch nicht, dass sich noch was tut. Er hatte seinen Triumph, und damit hat er für den Rest seines Lebens ein dankbares Thema für seine Tischgespräche.«
    »Ich glaube nicht, dass er das Thema zum Tischgespräch machen wird«, sagte Iris leise.
    »Jetzt erzähl mir bloß nicht, ich hätte sein Leben ruiniert. Betrogene Ehemänner sind keine Seltenheit.«
    Er hatte die Perlen mitgebracht, in einer Plastiktüte von Boots, die er auf dem Tisch ausschüttete. »Weiß der Himmel, was er mit dem Etui gemacht hat.« Nadine und Adam waren dazugekommen, und meine kleine Tochter war natürlich hingerissen von den »schönen großen Kugeln«. Ivor sah amüsiert zu, wie sie die Kette in die Hand nahm und durch die Finger gleiten ließ. »Ich habe sie Juliet angeboten, aber sie steht nicht auf Perlen, sagt sie – obwohl sie Perlenstecker in den Ohren hatte, als ich sie kennenlernte. Sie weigerte sich hartnäckig, sie zu nehmen, und ist fast böse geworden.« Er legte den Kopf schief und eine Hand auf Nadines Schulter. »Möchtest du sie haben, Schätzchen? Ich schenke sie dir.«
    Iris war außer sich. Sie riss Nadine die Kette aus der Hand, steckte sie wieder in die Tüte und schrie

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