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Das Geflecht

Das Geflecht

Titel: Das Geflecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Laudan
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sank gegen die Wand in seinem Rücken.
    Erneut übernahm Böttcher das Funkgerät. «Was ist mit Ihrem Partner?»
    «Sie haben es beide mit leichten Blessuren überstanden», sagte Tia, deren Stimme nun deutlich die Erleichterung anzumerken war. «Offenbar befanden sie sich schon relativ nah an der unteren Schachtöffnung und sind nicht tief gestürzt. Zum Glück ist hier alles von diesem merkwürdigen Fasergeflecht überwuchert – das hat ihre Landung abgefedert.»
    «Also sind Sie alle mehr oder weniger in Ordnung?»
    «Ja. Allerdings sind ein paar Gesteinsbrocken heruntergekommen. Einer hat Justin an der Schulter getroffen, ein anderer hat Leons Helm erwischt und seine Lampe zerschlagen. Wir haben also keine Lichtquelle hier unten, sondern sitzen im Stockdunkeln fest.»
    «Lass mich mit meinem Sohn reden!», verlangte Bringshaus und streckte die Hand nach dem Funkgerät aus. Er mussteJustin einfach sagen, wie leid ihm alles tat und dass er jede Anstrengung unternehmen würde, um ihn zu retten. Doch Böttcher, dem seine desolate Verfassung nicht verborgen blieb, schüttelte stumm den Kopf.
    «Hören Sie», sagte er vorsichtig. «Wir stehen hier oben vor einer senkrechten Wand aus Bruchsteinen, einige davon metergroß. Mit Hacke und Spaten kommen wir niemals an den Schacht heran. Wir werden auf das Bergungsteam warten müssen.»
    «Verstehe», gab Tia zurück. «Im Klartext: Es besteht also wenig Aussicht, dass Sie uns innerhalb der nächsten Stunden hier herauskriegen. Richtig?»
    «Ich befürchte es.»
    Tia schwieg einen Moment.
    «Also gut», sagte sie schließlich. «Ich lasse mir etwas einfallen. Bleiben Sie dran!»
    «Werde ich», versprach Böttcher, steckte das Funkgerät in seinen Gürtel und wandte sich den anderen Männern in der Kammer zu. «Also: Im Augenblick können wir nichts weiter tun, als auf das Bergungsteam zu warten.»
    «Ich werde mit der Rettungsleitstelle telefonieren und die Lage schildern», schlug Havermann vor. «Vielleicht können wir spezielles Räumgerät anfordern. Dazu müsste ich allerdings nach oben, denn hier funktionieren ja keine Handys.»
    «Alles klar», nickte Böttcher. «Nehmen Sie ruhig Ihre Leute mit und bringen Sie den Arzt zur Ambulanz. Herr Bringshaus und ich halten hier unten die Stellung.»
    «Wie geht es Ihnen?», fragte Havermann den Notarzt, der sich Blut aus dem Gesicht wischte.
    «Es geht schon», lallte dieser und versuchte aufzustehen, knickte jedoch sofort wieder ein.
    «Tja, Doktor – jetzt müssen wir Sie wohl auf Ihrer eigenen Trage hinausschaffen», meinte Havermann und winkte seinebeiden Helfer heran. «Können wir Sie hier unten wirklich allein lassen?», wandte er sich noch einmal an Böttcher. «Was ist, wenn noch mehr von der Decke herunterkommt? Vielleicht sollte die Kammer geräumt werden.»
    «Das kann Herr Bringshaus am besten beurteilen», erklärte Böttcher bündig, «schließlich ist er der Ingenieur.»
    Havermann nickte und nahm das Ende der Trage auf.
    Als die Männer sich entfernt hatten, atmete Böttcher hörbar auf. Erneut nahm er das Funkgerät zur Hand, suchte einen Augenblick nach dem Hauptschalter und klickte ihn aus.
    Bringshaus fuhr erschrocken auf. «Was tust du da?»
    «Keine Sorge, ich schalte gleich wieder ein. Ich wollte nur ungestört mit dir reden.»
    «Was gibt es da noch zu reden?» Bringshaus schüttelte den Kopf. «Das Spiel ist vorbei, Hartmut!»
    «Ist es nicht! Du hast es doch gehört: Sie haben kein Licht und können nicht das Geringste sehen. Wenn du dich jetzt zusammenreißt und die Nerven behältst   …»
    «Mein Sohn ist da unten!», explodierte Bringshaus. «Wenn er nicht innerhalb der nächsten Stunden gerettet wird, könnte er sterben!»
    Die ganze Ausweglosigkeit der Lage kam ihm plötzlich wie in einem verspäteten Reflex zu Bewusstsein, und nur mit Mühe konnte er sich davon abhalten, vor Verzweiflung mit den Fäusten gegen die Wand zu trommeln.
    Böttcher betrachtete ihn abschätzend, seinerseits mit unbewegtem Gesicht. «Du redest Unsinn, Jörn. Dana ist seit Stunden in dieser Höhle und quicklebendig.»
    «Aber wir müssen es ihnen sagen!», beharrte Bringshaus. «Sie müssen erfahren, dass   … Lass mich mit meinem Sohn reden!»
    «Nicht, solange du so aus dem Häuschen bist.»
    «Hartmut! Lass mich
sofort
mit meinem Sohn reden!»
    «Immer mit der Ruhe!», fauchte Böttcher und versetzte Bringshaus einen harten Stoß vor die Brust, als der nach dem Funkgerät greifen wollte. «Komm zu dir, Jörn,

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