Das gefrorene Lachen
drehte. Wo war August? Was hatten die schrecklichen Tick-Tacks mit ihm gemacht?
»Oh, das Theater«, der Schäfer stützte sich auf seinen Knotenstock und bohrte mit dem Daumennagel in seinen lückenhaften Zähnen herum. »Da hast du dich aber ganz schön verlaufen. Aber wenn du immer am Fluss entlanggehst, dann findest du zurück. In diese Richtung, schau.« Er deutete zwischen zwei Apfelbäumen hindurch auf den Fluss, den Pippa vorhin schon gehört hatte.
Sie dankte ihm und machte sich auf den Weg nach Hause.
Zwischenspiel
Die Kinder bemerkten es als Erste. Ein kleines bezopftes Mädchen zog seine Mutter am Rock und rief: »Die Tick-Tacks, Mama!«
Die ersten Schreie ertönten, eine Gruppe Kinder rannte voller Panik davon. Eins von ihnen fiel und fing vor Angst, Schreck und Schmerz laut zu weinen an.
Erwachsene wurden blass und liefen zu ihren Kindern. Protestierende Jungen wurden einfach unter den Arm geklemmt und davongetragen, Mädchen durch unsanftes Schubsen vor sich hergetrieben, zum Ausgang! Zum Ausgang!
Dann setzte die allgemeine Flucht ein. Trampelnde Füße, Kreischen und Weinen, zerreißender Stoff und laut heulende Kinderstimmen. Tüten mit gebrannten Mandeln und Zuckerzeug fielen auf den Boden und wurden zertrampelt. Der Losstand wurde umgestoßen und die Lose flatterten wie gelbe, blaue, grüne und rote Motten durch die Luft. Artisten brachten sich mit kunstvollen Sprüngen vor der heranbrandenden Menge in Sicherheit. Die Fahnenstangen, die den Eingang markierten, wurden aus der Erde gerissen und fielen wie astlose, entlaubte Bäume um, wobei ein Wohnwagen zu Bruch ging.
Und durch diesen Wirbel aus Lärm, Farben und Angst trieb sich ein grauer, stetiger Keil aus Uniformierten,schleuderte achtlos die Menschen beiseite, die sich nicht rechtzeitig aus dem Weg warfen, trampelte bunte Zuckerstangen und verlorenes Spielzeug in den Matsch, bahnte sich rücksichtslos seinen Weg zum Eingang des Theaters, wo die graue Flut sich aufteilte und in kleinen Wellen und Flussläufen über den Platz verteilte, Artisten und Arbeiter einkreiste und Schauspieler zusammentrieb und schließlich den Prinzipal und seine Frau zu den versammelten, vor Schreck und Überraschung starren Theaterleuten schleifte.
Das Geräusch von Äxten und schweren Hämmern, die Holz und Leinwand zerstörten, erklang aus dem Inneren des Theaters. Der Prinzipal stand kreidebleich, mit blutüberströmtem Gesicht da und presste sich das Hemd an den Kopf, das seine Frau gerade hatte flicken wollen, als die Gendarmen kamen und sie hinauszerrten. Sein Versuch, sich mit den Tick-Tacks zu verständigen, sie zu fragen, was dieser Überfall zu bedeuten habe, sein fassungsloser Blick, mit dem er die Zerstörung seines Theaters beobachtete – all das fruchtete nicht. Die Theaterleute wurden wie eine Herde blökender, ängstlich glotzender Schafe vom Gelände getrieben und fortgebracht.
Die Gendarmen mit ihren Äxten und Hämmern vollendeten ihr Werk. Dann verständigten sie sich kurz, entschieden, dass die Zerstörung ausreichend und kein Feuer mehr nötig war, und marschierten ab.
Zersplittertes Holz ragte in den grauwolkigen Himmel. Der scharfe Wind trieb Fetzen bemalter Leinwand und zerrissene Kostüme vor sich her über den mit Unrat übersäten Platz. Zerbrochene, verbogene und zertreteneInstrumente, halb vergraben unter Papier und Stoff, ein bunter Jonglierball, der in einer Pfütze schmelzender Zuckerwatte lag, ein Strauß schlapp herabhängender Reste von Luftballons, der Geruch von verschmurgeltem Essen. Stille.
20
Geduld nur: Zaubrer wissen ihre Zeit
König Heinrich VI.
Es war ein langer Weg zurück nach Hause. Der Fluss begleitete leise murmelnd ihre Gedanken und gelegentlich schlug eine kleine Welle glucksend gegen einen Uferstein. Der Himmel, der am Morgen noch strahlend blau und sommerlich gewesen war, bezog sich mit dunklen Regenwolken. In der Ferne grollte leiser Donner.
Pippa, die anfangs noch schnell ausgeschritten war, weil es sie danach drängte, zu erfahren, ob August inzwischen zu Hause war, schleppte sich nur noch müde dahin. Sie setzte Fuß vor Fuß, ohne nach rechts oder links zu schauen, die Augen stur auf den staubigen Pfad gerichtet, und hielt drei Kleeblätter fest in der Hand, die sie am Wegrand gepflückt hatte.
Der Donner kam näher und kleine kalte Windböen wirbelten Staub auf. Das sanfte Murmeln und Glucksen des Flusses wurde lauter und aufgeregter.
Pippa passierte zwei tief über das Wasser hängende
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