Das gefrorene Lachen
Dieses Gedicht war eine Anweisung. Für sie?
Das Auge des Sturmes. Der Sturm war ein Zauberding, geschickt von dem Magier, der das Land beherrschte. Ostwind. War es sein Auge, in das sie blicken sollte? Sie schauderte und las weiter.
Suche das Versteck des Windes. Wo versteckte sich Ostwind? Das war einfach: Ostwind residierte im Schloss – in dem schwarzen, bösbösen Schloss, von dem die Wasserspeier ihr berichtet hatten.
Pippa richtete sich auf. »Das Herz des Bösen«, sagte sie laut. Das ist das Schloss. Von dort geht alles Böse aus, von dort kommen die Tick-Tacks – dort ist August. Dort sind vielleicht auch die anderen? Irgendwo mussten sie schließlich sein, und die Zerstörung des Theaters war sicherlich ein Werk des bösen Ostwinds und seiner Kreaturen.
Sie sprang auf die Füße. So erschöpft sie auch war, es drängte sie hinaus in das Unwetter. Zuerst wollte sie nachsehen, ob sich außer ihr noch andere hier versteckt hielten, und dann würde sie zum Schloss aufbrechen.
Nass und durchgefroren bis auf die Knochen brach sie schließlich die Suche nach einer anderen lebenden Seele ab, die ihr Trost, Rat hätte spenden und Gesellschaft hätte leisten können. Sie ging mit abgewandtem Blick an dem ausgebrannten Küchenwagen vorbei, der im dicht fallenden Regen immer noch qualmte, und näherte sich zögernd Lorenzos Wagen, den sie bisher bei ihrer Suche ausgespart hatte. Sie ging die Stufen hinauf und öffnete die Tür.
Das Innere des Wagens war leer, dunkel und kalt. Inder hinteren Wand klaffte ein großes Loch, durch das der Wind pfiff. Er hatte Schmutz und Unrat in den Wagen geweht, der nun überall an den Möbeln und Gegenständen klebte.
Pippa biss die Zähne zusammen, um nicht zu weinen, und wühlte hastig den Koffer mit ihren Kleidern durch. Sie besaß nicht viel und sie zog alles an. Ein warmes Unterhemd, die helle Bluse, die sie nur an ganz besonderen Tagen trug, den dunklen Rock, der früher einer Waschfrau des Theaters gehört hatte und ihr ein bisschen zu weit war, sodass sie ihn in der Taille zusammenstecken musste, ihre dicken Strümpfe und über all das ihre nasse Strickjacke, denn sie hatte nur die eine. Dann rubbelte sie sich die Haare trocken und flocht ihren Zopf neu, griff nach dem weichen Hut, den Lorenzo nie trug, und stülpte ihn über den hochgesteckten Zopf.
Sie sah sich aus alter Gewohnheit prüfend um und zog den Beutel mit den wenigen persönlichen Dingen, die ihr lieb waren, aus einem Versteck im Boden. Dann ging sie zum Schrank, zog die Lade auf und holte ein Messer heraus. Es war scharf, deshalb wickelte sie es in einen Lappen und steckte es mit den Kleeblättern zusammen in ihren Beutel. Jetzt war sie zumindest nicht mehr unbewaffnet.
Sie drückte den Hut fest auf den Kopf und öffnete die Tür, um in das abziehende Gewitter zu treten.
Pippa hatte den Platz auf dem Weg zum Ausgang halb überquert, als sie im Augenwinkel eine Bewegung sah. Sie blieb stehen und drehte sich um, »Wer ist da?« rufend.Kamen die Tick-Tacks zurück? Oder versteckte sich dort einer ihrer Freunde?
Sie sah, wie durch den Küchenwagen, dessen traurige Überreste immer noch qualmten, ein heftiger Ruck ging. Er schüttelte sich, wobei rauchende Trümmer von ihm abfielen und die schief in den Angeln hängende Tür quietschend auf und zu schlug.
Pippa riss die Augen auf und machte einen Schritt darauf zu, aber im gleichen Moment stand der Wagen wieder still, und ein anderer, neben ihm, begann sich zu bewegen. Er ruckte vor und zurück, wankte klappernd auf seinen Stelzen, kam dann wieder zur Ruhe. Das gleiche Schauspiel wiederholte sich hinter dem Trümmerhaufen, der einmal eine der Außenbühnen gewesen war. Rappeln, Klappern, Quietschen, heftiges Schütteln, dann wieder Ruhe.
Pippa drehte sich um die eigene Achse, um das seltsame Schauspiel weiter zu beobachten. Wagen um Wagen wurde lebendig und erstarrte wieder. Das ging so der Reihe nach durch den gesamten Wagenkreis, bis wieder der Küchenwagen an der Reihe war.
Der hob sich ein Stück in die Höhe, schüttelte sich noch kräftiger als beim ersten Mal und schob ächzend zwei dicke, grüne Tatzen aus seinem Boden hervor. Mit einem beinahe menschlich klingenden Stöhnen streckte sich der ganze Wagen, verlor seine zerborstene, eckige Kontur und die Oberfläche aus feuergeschwärztem Holz, wurde mattdunkel, ledrig, bekam Schuppen und hornige Stacheln.
Pippa schlug die Hände vor den Mund. Der ganzelange Wagenzug begann sich vor ihren Augen
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