Das gefrorene Licht. Island-Krimi
nämlich nicht der Einzige, der geglaubt hat, es könnte was passiert sein. Ein anderer Wagen hat neben ihm angehalten, als ich weitergefahren bin«, fügte er hinzu und marschierte ins Hotel.
Matthias trat Dóra unter dem Tisch leicht auf den Fuß. »Ich bin mir sicher, dass Steini hinter Bertha durch den Tunnel gefahren ist, um sich zu vergewissern, dass sie auch bestimmt weg ist. Anschließend ist er an den Rand gefahren, hat ihr hinterhergeschaut, dann kehrtgemacht und Eiríkur erledigt. þröstur hat ihn beim Warten getroffen. Das könnte alles passen.«
»Ist aber ziemlich haarig«, meinte Dóra. »Wenn er gegen sechs am Tunnel war, musste er den ganzen Weg hierher zurückfahren, und das ist kein Katzensprung.«
»Eiríkurs Todeszeitpunkt ist nicht sehr präzise«, erwiderte Matthias. »Zur Abendbrotzeit. Die Leute essen zu unterschiedlichen Zeiten zu Abend.« Er stand auf. »Ich hole schnell die Liste. Ich möchte sehen, wann er Richtung Stadt gefahren ist, das hab ich mir noch nicht angeschaut.«
Dóra wollte nicht noch einmal durch den Gestank in der Lobby gehen und zog es vor, draußen zu warten. Matthias kam geradewegs mit dem Papierstapel zurückgeeilt. »Er ist fünf Wagen hinter Bertha durch den Tunnel Richtung Reykjavík gefahren. Es stimmt alles mit meiner Theorie überein. Er wollte sichergehen, dass sie weg war.« Er knallte den Stapel vor Dóra auf den Tisch. »Ich glaube, wir sind gezwungen, mit Bertha zu reden. Bleibt zu hoffen, dass sie etwas weiß.«
»Bleibt zu hoffen, dass sie etwas weiß und es uns auch mitteilen möchte«, ergänzte Dóra und stand auf. »Wir sollten uns keine Hoffnungen machen, dass sie uns um den Hals fällt, wenn wir ihr zu verstehen geben, dass ihr Freund und Cousin ein Mörder ist. Es könnte länger dauern, bis sie begreift, was für eine abscheuliche Tat er begangen hat.« Sie lächelte. »Falls er sie begangen hat. Ich bin mir da überhaupt nicht so sicher.«
»Jetzt weiß ich, was mich stört!« Dóra schlug sich gegen die Stirn. »Die Erbfolge! Wenn das Kind seine Mutter und seinen Großvater überlebt hat, dann ist sein gesamter Besitz in falschen Händen. Grímur hätte das Kind normalerweise natürlich nicht beerbt.« Sie saßen im Wagen auf dem Zufahrtsweg nach Kreppa, wo sie hofften, Bertha anzutreffen. Ihr Auto stand nicht da, das Haus war verlassen.
»Was meinst du?«, fragte Matthias. »War Grímur nach dem Tod der Mutter und des Großvaters nicht der nächste Verwandte?«
Dóra schüttelte den Kopf. »Nein, der Vater natürlich! Der Vater des Kindes hätte nach dessen Tod alles bekommen.«
»Und das ist aller Wahrscheinlichkeit nach Magnús«, stellte Matthias fest. »So weit hatte ich nicht gedacht. Grímur hätte natürlich nie etwas bekommen dürfen. Deshalb hat er die Kleine versteckt und versucht, alle Hinweise auf ihr kurzes Leben zu beseitigen.«
Dóra schnappte nach Luft. »Und außerdem: Wenn Grímurs Tochter Málfríður von dem Mord gewusst hat, hat sie ihr Erbe ebenfalls unter falschen Voraussetzungen erschlichen.«
»Logisch.« Matthias nickte. »Wenn ihr Vater es unrechtmäßig erhalten hat, dann hat sie ebenso wenig ein Anrecht darauf.«
»Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber soweit ich weiß, sieht die Sache anders aus, wenn sie ahnungslos war. Aber falls meine Vermutung stimmt, war sie das nicht. Sie lebt sogar noch. Als das Grundstück an Jónas verkauft wurde, hatten ihre Kinder, Börkur und Elín, ihre Unterschriftsvollmacht. Offiziell haben sie noch nichts geerbt. Aus der Vollmacht ging hervor, dass ihre Mutter noch keine Erbteilung festgelegt hat.«
»Da gibt’s ganz schön viel zu verlieren«, sagte Matthias. »Und gleichzeitig für den Kindsvater, den alten Magnús, ganz schön viel zu gewinnen.«
»Ja, es hätte ihm nichts gebracht, Birna umzubringen, und dadurch den Fund des Kindes zu verhindern. Im Gegenteil.« Dóra betrachtete den alten Hof durch die Frontscheibe. »Bei Elín und ihrer Familie sieht die Sache allerdings ganz anders aus. Bertha hätte beispielsweise keinen Zufluchtsort mehr hier in Snæfellsnes. Nachdem Grímurs Existenzgrundlage ins Wanken geraten war, ging das Haus in Stykkishólmur in Bjarnis Besitz über, ebenso wie sein Hof«, erklärte Dóra. »Wenn Bertha kein Haus mehr hier im Bezirk hätte, wäre Steini ziemlich einsam.« Sie schaute zu Matthias. »Sollen wir nicht einfach direkt mit ihm reden?«, schlug sie vor. »Wir haben keine Ahnung, wann und wo wir Bertha finden.
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