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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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Sóldís weiß bestimmt, wo Steini wohnt, das wäre also kein Problem.«
    »Und þórólfur? Sollten wir ihn nicht lieber informieren, damit er selbst hingehen kann?«
    Dóra überlegte kurz. »Nein, nein. Das ist wie mit der Wand. Wir müssen sicher sein, dass wir recht haben, bevor wir die Polizei damit behelligen. Die haben im Moment sowieso genug zu tun.«
     
    Matthias und Dóra standen vor Steinis Haustür und warteten. Es war plötzlich kühler geworden. Die Luft war so frisch, dass einem die Kälte durch Mark und Bein kroch. »Bist du sicher, dass wir Juni haben?«
    Bevor Dóra antworten konnte, öffnete sich die Tür einen Spalt. »Was ist?«, erklang die Stimme unter der altbekannten Kapuze.
    »Hallo«, sagte Dóra so freundlich wie möglich. »Erinnerst du dich nicht an uns? Wir waren gestern in Kreppa und haben dich und Bertha getroffen. Wir haben uns auch unten in der Bucht gesehen.«
    »Ja, was wollt ihr?« Man hätte meinen können, Steini redet mit vollem Mund, so undeutlich war seine Aussprache. Wahrscheinlich konnte er den Mund nicht richtig öffnen. Dóra hoffte, dass ihm das Sprechen keine Schmerzen bereitete. Unabhängig davon, was er anderen möglicherweise angetan hatte, tat er ihr unendlich leid.
    »Wir wollten kurz mit dir reden«, sagte Dóra, in der Hoffnung, eingelassen zu werden. »Es geht um den Sonntagabend.«
    Der Rollstuhl fuhr ein Stück zurück, und die Tür wurde weit geöffnet. »Kommt rein«, sagte Steini. Aufgrund seiner bizarren Stimme war nicht festzustellen, ob ihm die Unterredung unangenehm war. Dóra und Matthias wechselten beim Eintreten einen Blick, sagten aber nichts.
    »Wohnst du schon lange hier?«, fragte Dóra freundlich, nachdem sie das schlichte Wohnzimmer betreten hatten. Auf den ersten Blick wirkte das Haus ziemlich deprimierend. Alles war sehr ordentlich, aber es gab keine Anzeichen, dass wirklich jemand dort wohnte, keine Bilder an den Wänden, nirgends persönliche Gegenstände, außer Krücken, die in der Türöffnung zu dem kleinen Wohnzimmer lehnten. Dieses war etwas einladender als der Flur, mit einer Blumenvase mit Wildblumen aus der Umgebung. Dóra vermutete, dass Bertha den Strauß mitgebracht hatte. Undenkbar, dass der junge, in seinem Rollstuhl kauernde Mann ihn gepflückt und arrangiert hatte.
    »Ja, schon lange«, antwortete Steini, ohne näher darauf einzugehen.
    »Verstehe.« Dóra lächelte. »Am besten komme ich gleich zum Thema. Wir haben überlegt, ob du am Sonntag durch den Tunnel gefahren bist. Ein auf deinen Namen gemeldetes Auto hat ihn am Abend passiert.«
    Steini schwieg und ließ den Kopf noch mehr hängen. Dann ergriff er das Wort. »Ja, das war ich«, sagte er. Wie zuvor war seiner Stimme nicht anzuhören, wie er sich fühlte.
    »Darf ich fragen, was du in Reykjavík gemacht hast?«, fragte Dóra.
    »Nein«, antwortete Steini. Er warf ihr unter der Kapuze einen raschen Blick zu, und Dóra musste sich beherrschen, nicht erschreckt zu reagieren. »Glaubt ihr etwa, ich hätte diesen Mann umgebracht?«, rief er. Er war plötzlich rasend vor Zorn. »Glaubt ihr das?« Er wuchtete sich aus dem Rollstuhl hoch und umkrallte die Lehnen, um das Gleichgewicht halten zu können. Sein Bein war gekrümmt und kaum belastbar.
    »Nein«, beeilte sich Dóra zu sagen. »Das glauben wir ganz bestimmt nicht.« Sie ergänzte ihren Satz mit einer weiteren Notlüge, damit er ihr weniger peinlich war. »Wir dachten, du hättest deinen Wagen vielleicht verliehen. Wir wollen rausfinden, wer zum Zeitpunkt des Mordes an Eiríkur wo war.«
    »Ich war nicht in der Nähe. Auch nicht, als Birna umgebracht wurde«, sagte Steini und ließ sich wieder in den Rollstuhl plumpsen. Er schien immer noch wütend zu sein und atmete röchelnd. Dóra hoffte, dass er keinen Schock oder epileptischen Anfall bekam.
    »Auf dem Hof am Hotel wurde ein altes Grab entdeckt«, sagte sie, in der Hoffnung, ihn zu verunsichern und dazu zu bringen, klein beizugeben.
    »Raus«, sagte er auf einmal. »Ich will euch nicht hier haben.« Er rollte mit seinem Stuhl ein wenig in Dóras Richtung.
    Matthias, der den Wortwechsel nicht verstanden hatte, war sofort klar, dass das Gespräch beendet war. Er stand auf und trat neben sie. »Also dann«, sagte er. »Wir müssen uns beeilen.« Er nahm Dóras Hand und zog sie hoch. Anschließend drehte er sich zu Steini und bedankte sich. Dann ging er hinaus, wobei er darauf achtete, dass Dóra vor ihm herging. »Bisschen merkwürdig, kann aber schwerlich einen

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