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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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wolltest du der Polizei denn sagen?«, fragte sie dann.
    þröstur machte ein gewichtiges Gesicht. »Am Freitagmorgen wollte ich zum Training rausfahren, und da war mein Kajak voller Blut. Blut auf dem Paddel, Blut auf dem Sitz und überall Spritzer.«
    Dóra fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Heute ist Dienstag«, sagte sie. »Warum zum Teufel hast du das noch niemandem erzählt?«
    »Ich hab erst am Samstag von der Frau an der Rezeption von dem Mord erfahren. Da hatte ich das meiste schon abgewischt«, antwortete þröstur mürrisch.
    »Es ist also noch ein Rest Blut da?«, fragte Dóra hoffnungsvoll. Vielleicht hatte der Mörder Fingerabdrücke darin hinterlassen.
    »Äh, nee«, erwiderte þröstur kläglich, fügte dann aber in rechtfertigendem Tonfall hinzu: »Ich nehme in zwei Wochen an den Weltmeisterschaften teil. Ich hätte das Kajak nicht an irgendein Labor abgeben können, deshalb hab ich den Rest auch weggewischt und einfach nichts gesagt.«
    Dóra beneidete þröstur nicht darum, þórólfur seine Geschichte erzählen zu müssen. »Und warum hast du deine Meinung jetzt geändert?«
    »Wer auch immer dieser Idiot war, er hat das Boot über den Grund gezogen, und jetzt ist der Boden beschädigt. Ich hab nicht kapiert, warum ich so schlechte Zeiten hatte, und dann ist mir das aufgefallen. Der Boden war Anfang letzter Woche noch in Ordnung, also hat mir dieser dämliche Mörder den Schaden eingebrockt. « Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Die Bullen können das Kajak von mir aus haben. Damit kann ich sowieso nicht mehr an der WM teilnehmen.«
    »Bist du dir eigentlich darüber im Klaren, dass du den Mord am Sonntagabend vielleicht verhindert hättest, wenn du am Samstag sofort zur Polizei gegangen wärst?«
    »Und wenn schon«, schnaubte þröstur, »es war nicht mehr viel Blut übrig, hab ich doch schon gesagt.« Er blickte unterstützungsheischend zu Matthias und versuchte dann, das Thema zu wechseln. »Ich werde diesen Typen verklagen, wenn er erwischt wird, und mir den Schaden ersetzen lassen. Ich hätte mit ziemlicher Sicherheit auf dem Treppchen gestanden.«
    »Ein furchtbarer Verlust«, sagte Dóra, verkniff sich aber, es allzu spöttisch klingen zu lassen. »Noch eine Frage. Du bist doch am Sonntagabend durch den Hvalfjörður-Tunnel gefahren, oder?«
    »Ja«, sagte þröstur trotzig. »Mir waren die Proteindrinks ausgegangen und ich musste in eine vernünftige Apotheke.« Er schaute Dóra herausfordernd an. »Glaubst du mir etwa nicht? Ich hab eine Quittung von Lyfja in Lágmúli.«
    »Äh, doch, doch.« Dóra dachte an etwas ganz anderes, nämlich daran, dass sie weder die Besucher der Séance noch die Hotelmitarbeiter ausschließen konnten. »Wie lange braucht man, um von hier zum Strand zu paddeln, wo die Architektin ermordet wurde?«
    »Pff, nicht lange«, sagte þröstur. »Übers Meer geht es blitzschnell. Man spart die ganzen Zickzackwege an Land. Bei ruhiger See würde ich etwa fünf Minuten brauchen. Jemand, der untrainiert ist, vielleicht zehn Minuten.«
    »Kann man problemlos ein Kajak fahren, wenn man es noch nie gemacht hat?«, fragte Matthias, der bisher nur zugehört hatte.
    »Ja, wenn man sich nicht total ungeschickt anstellt«, antwortete þröstur. »Man muss üben, um es gut zu beherrschen. Aber um bei ruhiger See von A nach B zu kommen, muss man nichts können. Nur Kraft haben.« Er stand auf. »Am besten gehe ich erst mal unter die Dusche, bevor ich die Bullen treffe.« Er schob den schweren Holzstuhl unter den Tisch und wollte gehen. Auf einmal fiel ihm etwas ein und er drehte sich wieder zu ihnen. »Ach, und außerdem erinnert sich der Junge im Auto bestimmt an mich. Es sollte nicht schwer sein, ihn ausfindig zu machen.«
    »Welcher Junge? Was meinst du?«, fragte Dóra.
    »Als ich aus dem Tunnel gefahren bin, hab ich am Straßenrand ein Auto stehen sehen und gedacht, es ist was passiert. Ich hab angehalten und wollte dem Fahrer anbieten, ihn mitzunehmen. Das war ein total entstellter Junge. Er wollte nicht mitgenommen werden. Wollte einfach nur eine Weile im Wagen sitzen. Es wäre alles okay. Dann hat er die Scheibe hochgekurbelt und wollte nicht weiter mit mir reden.«
    »Wann war das ungefähr?«, fragte Matthias.
    »Gegen sechs, glaube ich«, antwortete þröstur. »Als ich am späteren Abend wieder zurückfuhr, war er verschwunden. Wahrscheinlich hatte er die Schnauze voll, den Leuten zu sagen, es wäre alles in Ordnung. Ich war

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