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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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verbreitet.«
    »Wie schwer musste man verletzt sein, um Silber zu bekommen?«, fragte Dóra.
    »Da gab es Verschiedenes, zum Beispiel der Verlust von Gliedmaßen. Und leichte Hirnverletzungen.« Der Mann hob den Orden in die Höhe und ließ das trübe Tageslicht darauf scheinen. »Das war kein Orden, nach dem man strebte, kann ich dir sagen.«
    »Geschweige denn nach Gold«, fügte Dóra hinzu. »Mein Freund jedenfalls würde ihn sehr gerne kaufen.« Sie zeigte auf Matthias. »Weißt du etwas über die Herkunft?«
    Der alte Mann lächelte. »Nein, leider nicht. Ich habe ihn vor vielen Jahren mit einer Hinterlassenschaft bekommen. Es ist unklar, wie er dahingekommen ist.«
    »Ich dachte, er hätte vielleicht einem Isländer gehört«, sagte Dóra. »Das wäre sehr interessant.«
    »Nicht, dass ich wüsste«, entgegnete der alte Mann. »Könnte schon sein, aber ich bezweifle es. Ich glaube, den konnten nur Deutsche bekommen, zumindest als Zivilisten.«
    »Haben nicht auch Isländer mit den Deutschen gekämpft?«, meinte Dóra und hoffte, das Gespräch auf Nazis in Snæfellsnes lenken zu können.
    »Ich glaube, das waren nur sehr wenige. Ein paar Dummköpfe haben sich mit den Deutschen in Norwegen und auch in Dänemark verbündet, aber ich glaube, keiner von denen ist jemals an der Front gewesen.« Der Mann legte den Orden auf den Tisch. »Wer sich hier bei uns mit diesem Unfug abgegeben hat, war kein Held, sondern ein furchtbarer Idiot. Ich glaube, die haben sich vor allem für die Uniformen begeistert.«
    »Ach, wirklich?«, fragte Dóra. »Ich muss gestehen, dass ich gar nichts darüber weiß, wie das hier in Island war. Gab es denn hier eine echte Nazibewegung?«
    »Ja, ja«, sagte der alte Mann. »Das waren Nationalisten, vor allem junge Burschen fanden es toll, mit Fahnen umherzumarschieren und sich mit den Sozis zu prügeln. Ich glaube, mehr aus jugendlichem Leichtsinn als aus Überzeugung.«
    »War diese Bewegung hier in Snæfellsnes weit verbreitet?«, fragte Dóra unschuldig.
    Der alte Mann kratzte sich am Kopf. Dóra bemerkte, dass er für einen so alten Mann außergewöhnlich dichtes Haar hatte, das jedoch vollkommen weiß war. »Zum Glück konnte dieser Unsinn hier nie richtig Fuß fassen«, sagte er und schaute Dóra mit seinen farblosen, wässerigen Augen an.
    »An der Südküste der Halbinsel gab es einen Mann, der diese Ideologie verbreitet und Gleichgesinnte um sich geschart hat, aber bevor er viel Schaden anrichten konnte, wurde er krank. Und die jungen Männer aus der Gegend, die er für die Sache der Nationalisten gewonnen hatte, verloren bald das Interesse. Es wurde also nie was draus.«
    Dóra hätte am liebsten laut hurra gerufen, beließ es aber dabei, beiläufig zu sagen: »Ach ja, stimmt. War das nicht Grímur þórólfsson, der Bauer von Kreppa?« Sie kreuzte die Finger und hoffte, recht zu behalten. Wenn es Börkurs und Elíns Großvater gewesen war, würde das die Nazidevotionalien in der Kiste erklären.
    Der alte Mann kniff die Augen zusammen und schaute Dóra misstrauisch an. »Ich dachte, du wüsstest nichts darüber. Ich finde, dafür triffst du aber ziemlich ins Schwarze.«
    »Äh, ich kenne nur die Familie«, beeilte sich Dóra zu entgegnen. Sie drehte sich zu Matthias und blinzelte ihm zu. »Also, willst du die Brosche jetzt kaufen?«
    »Den Orden«, korrigierte er und zog widerwillig seine Geldbörse hervor. »Was kostet er?«
    Sie einigten sich über den Preis, und während der Mann den Orden einpackte, fragte Matthias Dóra: »Wann hast du eigentlich Geburtstag? Ich hab schon ein Geschenk für dich.«
    Dóra streckte ihm die Zunge heraus und drehte sich dann zu dem Mann. »Vielen Dank«, sagte sie. Im Zickzack gingen sie zum Ausgang. Als sie bei der Tür angekommen waren, blieb Dóra noch einmal stehen, entschlossen, einen letzten Versuch zu wagen, den Namen des Bauern in Erfahrung zu bringen. Aber sie musste gar nichts mehr sagen.
    Der alte Mann stand an seinem Platz hinter dem Tresen, die Hände auf den Tisch gestützt. Er schaute Dóra mit undurchdringlichem Gesicht scharf an, ergriff dann aber das Wort, bevor sie ihre Frage stellen konnte. »Bjarni«, sagte der alte Mann laut und deutlich. »Grímurs Bruder. Bjarni þórólfsson von Kirkjustétt.«
     
    »Dieser Bjarni muss ja ein höchst sympathischer Zeitgenosse gewesen sein«, bemerkte Matthias und legte den Orden auf den Tisch. »Missbraucht seine Tochter und verbreitet Nazipropaganda.« Er drehte den Orden so, dass der

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