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Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Das gefrorene Licht. Island-Krimi

Titel: Das gefrorene Licht. Island-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurðardóttir
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Elfenstein?«
    Dóra schüttelte den Kopf. »Nein, die sind viel größer, wie Felsen.
« Sie stand auf und ging auf die andere Seite des Steins. »Ich
bin zwar keine Spezialistin, aber ich habe den Eindruck, dass
diese Seite geschliffen wurde. Guck mal.« Matthias sah, dass sie
recht hatte. Auf der einen Seite war die Oberfläche rau und uneben,
aber auf der anderen Seite sah der Stein so aus, als sei er zersägt
oder gespalten und anschließend poliert worden. Dóra strich
mit der Hand darüber. »Das gibt’s doch nicht!«, rief sie und
schaute Matthias aufgeregt an. »Da ist was eingeritzt.« Sie schob
das hohe Gras zur Seite. In der Mitte des Steins erblickten sie eine
verwitterte Inschrift.
    Füllen sollt ich Kufen
errichten Haus und Hof
zum Menschsein war ich bestimmt
so wie du
    »Was heißt das?«, fragte Matthias gespannt. »Ist es etwas Besonderes?«
    Dóra richtete sich auf. »Ich weiß es nicht genau«, sagte sie. »Scheint ein Vers zu sein, aber ich verstehe ihn nicht ganz. Da ist ein Wort, das ich nicht kenne.« Dóra beugte sich wieder über den Stein, um sich zu vergewissern, dass sie das Wort
Kufen
richtig gelesen hatte. Sie setzte sich auf und schaute Matthias an. »Ob es das war, was Birna an diesem Platz gestört hat?«
    »Der Stein?«, fragte er und lachte auf. »Kann ich mir nicht vorstellen. Man könnte ihn leicht entfernen. Mir ist nicht klar, warum der irgendwelchen Bautätigkeiten an dieser Stelle im Weg sein sollte.« Er schaute wieder über die Wiese. »Das ist eine völlig normale Grasfläche mit einem Stein. Vielleicht hielt sich der einstige Hausherr für einen großen Dichter. Oder hier war mal ein Blumenbeet oder ein Tiergrab. Hat der Vers etwas mit Tieren zu tun?«
    »Nein«, sagte Dóra und stand auf. »
Kufen
«, sagte sie nachdenklich. »Ob das Wort
Kofen
in Birnas Notizbuch dieses Wort sein sollte?«
    »Tja, weiß ich auch nicht«, sagte Matthias. »Warum ist hier eigentlich nicht gemäht?«, fragte er auf einmal und musterte den Boden. Das Gras war so dicht, dass seine Schuhe nicht mehr zu sehen waren.
    »Was?«, sagte Dóra. »Warum? Ist doch prima so. Naturbelassen.«
    »Dann schau dir mal die Wiese am anderen Ende des Hotels an; die ist gemäht«, sagte Matthias und zeigte in die entsprechende Richtung.
    »Da hast du allerdings recht.« Dóra wies auf einen kleinen braunen Erdhügel nicht weit von ihnen. »Was ist das denn?«, fragte sie und ging darauf zu.
    »Deine großartigen Entdeckungen nehmen ja gar kein Ende«, sagte Matthias und starrte auf den niedrigen Hügel. »Du hast Erde gefunden.«
    »Ich weiß, dass es Erde ist«, entgegnete Dóra. »Fragt sich nur, was sie auf dem Gras zu suchen hat!«
    Matthias ließ seinen Blick schweifen. »Jemand scheint in der Wiese gegraben zu haben. Da sind noch mehr solche Hügel.«
    »Was soll das? Hat das mit dem neuen Gebäude zu tun?« Sie ging weiter. »Vielleicht kennt Vigdís den Grund dafür und weiß, warum die Wiese nicht gemäht ist.«
    »Dann kannst du sie gleich fragen, ob Birna außer ihrem Zimmer noch einen anderen Arbeitsplatz hier hatte«, schlug Matthias vor.
    Dóra drehte sich um. »Glaubst du, dass ich auf eine Fährte gestoßen bin?«, fragte sie lächelnd.
    Matthias lächelte zweideutig zurück. »Du bist so weit von einer Fährte entfernt wie ein Beinamputierter vom Wiener Walzer.«
    Vigdís saß mit geröteten Wangen an ihrem Platz an der Rezeption. Sie sah aus, als hätte sie Fieber. Ihre Augen waren glasig, und ihre Finger zitterten. Obendrein war sie so durcheinander, dass sie die beiden erst bemerkte, als sie sich ausgiebig räusperten. Daraufhin schaute Vigdís mit geöffnetem Mund hoch, hörte auf, den Hörer in ihrer Hand anzustarren und knallte ihn aufs Telefon. »Allmächtiger«, sagte sie und schüttelte sich leicht.
    »Stimmt was nicht?«, fragte Dóra.
    Vigdís schaute sie mit großen Augen an. »Kann man wohl sagen«, antwortete sie verwirrt. »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    »Was ist passiert?«, fragte Dóra besorgt. »Etwa schon wieder eine Leiche?«
    »Nein, zum Glück nicht«, antwortete Vigdís. »Ich hab nur gerade gehört, wer der Tote im Pferdestall ist.« Die Röte ihrer Wangen intensivierte sich. »Es ist Eiríkur«, sagte sie und schüttelte trübsinnig den Kopf.
    »Eiríkur?«, sagte Dóra fragend. »Wer ist das?«
    »War«, berichtigte Vigdís. »Jetzt muss man sich dran gewöhnen, in der Vergangenheit über ihn zu reden. Herrgott, wie merkwürdig. Erst Birna und jetzt

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