Das Gegenkreuz
Pardon.«
»Dann soll er mal kommen.«
Es schien, als hätte der Engel meine Aufforderung gehört, denn er setzte sich in Bewegung. Es war kein normales Laufen, wie wir Menschen es tun, er schwebte über den Boden, und da fiel mir auf, dass diese Gestalt ein Engel ohne Flügel war.
Ich sah ihn als mit teuflischer Magie gefülltes Geistwesen an, das auch keine Waffen sichtbar bei sich trug.
Um Mike kümmerte er sich nicht. Und Mike tat auch nichts, um mich zu unterstützen. Er war ein Mensch, der sich als solcher aufgegeben hatte und nun den anderen Mächten gehorchte.
Die Entfernung zwischen uns war nicht besonders groß. Aber der Engel ließ sich Zeit. Je näher er an mich herankam, umso deutlicher spürte ich ihn. Es war wie eine Botschaft, die er mir schickte, und so hatte ich das Gefühl, von leichten Stromstößen getroffen zu werden.
Nichts war zu hören. Er glitt über den Boden hinweg. Er bestand aus Geist und Energie. Oder war der Geist die Energie, die ihm Luzifer gegeben hatte?
Die Angriffe gegen mich nahmen zu. Die Schläge aus dem Unsichtbaren erwischten mich jetzt öfter. Mein ganzer Körper wurde davon getroffen, und ich hatte auch den Eindruck, als würden sich Kälte und Hitze in einem gegenseitigen Wechsel ablösen.
Wie weit konnte ich ihn kommen lassen?
Eine Antwort darauf fand ich nicht. Zumindest wollte ich von ihm nicht berührt werden und traf meine Gegenmaßnahmen.
Wieder rutschte die Hand in meine Tasche. Wieder berührte sie das Kreuz, aber diesmal schloss ich die Finger darum und zog es hervor.
Der angreifende Engel bekam es noch nicht zu sehen. Ich wollte erst einen bestimmten Zeitpunkt abwarten, und der trat ein, als mich vom Kopf bis zu den Füßen ein Schlag durchfuhr, als wäre ich von einem heftigen Blitzstrahl getroffen worden.
Genau das war der Augenblick, an dem ich eingreifen musste. Ich war sogar für einen winzigen Augenblick außer Gefecht gesetzt worden, aber das hatte ich hinter mir.
Ich präsentierte das Kreuz, bevor mich der nächste, noch stärkere Angriff erwischte, und ich ging dabei auf diesen verdammten Engel zu.
Was dann passierte, war der ewige Kampf zwischen Gut und Böse oder zwischen Himmel und Hölle...
***
Bill Conolly und Suko vergaßen alles um sich herum. Sie sahen nur das Kreuz, das gar nicht mal so groß war, ihnen allerdings größer vorkam. Vielleicht lag es an der goldenen Farbe, die nichts mit John’s silbernem Talisman zu tun hatte.
Das war schon faszinierend. Und doch gab es noch etwas anderes, das ihre Aufmerksamkeit in den Bann zog. Sie konnten die Enden der Balken einfach nicht übersehen, denn dort spielte sich das ab, was sie nicht begriffen.
Da bewegte sich das Metall!
Bill schüttelte den Kopf. Er wollte etwas sagen und noch näher an das Kreuz heran, aber Suko hielt ihn zurück.
»Nein, lass es!«
»Aber das ist...«
»Ich sehe selbst, was es ist. Die Zeichen der Erzengel...«
Bill nickte.
Auch Suko schaute hin. Er sah das M, das G, das R und auch das U am unteren Ende. Die Buchstaben bewegten sich, sie zitterten, vibrierten und schwankten, als gehörten die Zeichen nicht auf dieses manipulierte Stück aus fast purem Gold.
Es passte!
Dieses Edelmetall hatte die Menschen immer verrückt werden lassen und sie in seinen Bann gezogen. Wegen des Goldes hatten sich die Menschen gegenseitig umgebracht. Wegen dieses Metalls waren Kriege geführt worden, und auch in der heutigen Zeit hatte es noch nichts von seiner Faszination verloren.
Mit dem Gold wurden die Menschen gelockt.
Man konnte nicht sagen, dass Suko und Bill dieser Faszination erlagen, aber es war ihnen unmöglich, ihren Blick von dem goldenen Kreuz zu lösen.
Beide öffneten ihre Lippen, um etwas zu sagen, aber plötzlich strahlte das Kreuz an seinen vier Balkenenden auf.
Es war wie bei John’s Kreuz, und in der ersten Sekunde dachten die beiden Männer auch an nichts Böses.
Bis sie von den verdammten Strahlen erwischt wurden, und da wurde es schlimm für sie. In Windeseile umspannten sie die Strahlen, die sich verzweigt hatten wie ein Netz.
Beide waren gefangen!
Beide konnten sich nicht mehr bewegen, denn durch ihre Körper jagten Kräfte wie Stromstöße und sorgten dafür, dass sie unbeweglich wurden.
Lichtfäden, gefüllt mit einer fremden Kraft, zirkulierten über ihre Körper und auch in sie hinein.
Beide schrien synchron.
Und beide brachen im gleichen Moment zusammen. Sie blieben wie tot auf dem Boden liegen...
***
Ob es die Stimme eines
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