Das Gegenteil von Schokolade - Roman
würde er blond sein, heller noch als ich selbst. Und im Sommer würde er tiefbraun, so wie die Dänen, die alle aussehen, als bestünden sie aus Porzellan. Aber nur solange man sie nicht in die Sonne stellt. Denn dort nehmen sie sofort eine Farbe an, die von Lebendigkeit spricht und von der ich nur träumen kann. Vielleicht hätte dieser Typ auch ungewöhnlich strahlende Augen. Nicht so blassblau, das mag ich nicht, weil es verwaschen aussieht, wie aufgebraucht. Nein, eher … grau vielleicht. So eine seltsame Mischung, bei der man nicht sofort erkennen kann, was das überhaupt für eine Farbe sein soll. Andererseits könnte er auch dunkle Haare haben. Dunkle Haare zu grauen Augen. Das stelle ich mir apart vor.
Aber als ich versuche, ihn vor meinem geistigen Auge hier neben mir auf dem Sofa zu sehen, verschwimmt alles. Vielleicht zu nah? Auch der Versuch, ihn durch den Raum gehen zu lassen, in die Küche, wo er etwas Tolles für uns zubereiten will, scheitert.
Also, wenn ich mir schon nicht vorstellen kann, dass ein spitzenmäßig aussehender Typ für mich etwas sensationell Leckeres kochen will, dann kann mit mir was nicht stimmen.
Ich habe auch so eine ungewisse Vorstellung davon, was das sein könnte.
Testhalber stelle ich mir etwas anderes vor: Ich schaue auf den Durchgang zur Küche, der mit zwei Schiebetüren zu verschließen ist. Im Moment sind die Türen offen. Ich sehe auf den Durchgang und stehe im Geiste auf. In meiner Pfanne brutzelt Gemüse, und in einem Topf duftet herrlich Basmati-Reis. Ich gehe die wenigen Schritte zum Durchgang und sehe um die Ecke. Dort steht, mit dem Rücken zu mir, eine Frau und rührt in der Pfanne. Sie trägt ihre Jeans so auf den schmalen Hüften, dass zwischen dem Hosenstoff und dem kurzen T-Shirt darüber ein bisschen Haut zu sehen ist. Ihre dunklen, langen Locken werden von einem abgenutzten Frotteehaarband zusammengehalten, das farblich gar nicht zum T-Shirt passt. Vielleicht ist es rosa. Lange stehe ich in Gedanken da, an die Schiebetür gelehnt, und betrachte die Frau, wie sie mit den Gewürzen hantiert und den Reis beaufsichtigt. Immer wenn ich denke, jetzt könnte sie sich umdrehen, tut sie es nicht. Sie dreht sich nicht um zu mir.
Das Telefon schellt, und das Bild vor meinen Augen zerplatzt. Kein Duft nach liebevoll zubereitetem Essen bleibt zurück.
Sieh mal einer an, denke ich, als ich zum Telefon hinübergehe. Ken hat keine Chance gehabt, aber eine dunkelhaarige …
»Hier Barbie?«, flöte ich in den Hörer.
Am Lachen erkenne ich sofort Michelin. Und ihre gute Laune.
»Das klingt ja viel versprechend!«, beginnt sie glucksend. »Hast du vielleicht Lust, heute Abend mal deine unnatürlich langen Tanzbeine zu schwingen?«
Ich muss auch grinsen. »Süß von dir, an mich zu denken. Aber ich bin so was von total kaputt. Ich fürchte, ich werd keinen Schritt tun können.«
»Och!«, quängelt sie. »Dabei wäre das heute so prima! Angela kommt sogar auch mit. Und alle anderen sind auch da. Frederike bestimmt auch.«
Weil ich Michelins Freundin Frederike besonders gern mag, versucht Michelin immer wieder, mich mit einer weiteren Begegnung mit ihr zu ködern. Am besten gar nicht drauf eingehen.
»Ich hatte doch diesen Agility-Kurs. Loulou und ich sind wirklich völlig erschlagen«, leiere ich herunter.
»War Antonie auch da?«, hakt Michelin sofort interessiert nach. Natürlich habe ich ihr von dem Anruf erzählt. Allerdings nicht von dem kleinen Flirt.
»Sicher war sie da.« Ich schweige verstockt, obwohl ich es in der Leitung knistern hören kann.
»Und?«
»Nichts und. Sie war da. Und ich war da. Das ist alles. Aber der Kurs war super interessant. Weißt du, die haben uns erst mal alle Hindernisse vorgestellt, damit die Hunde sich damit vertraut machen können. Und dann hat die Trainerin …«
»Frauke, ich will nicht drängeln. Aber ich bin auf dem Sprung. Angela hat was gekocht und wartet auf mich. Ich wollte nur noch schnell bei dir nachfragen, ob du Lust hast, mitzukommen. Vielleicht kannst du mir von dem Kurs dann gleich erzählen?«, unterbricht meine reizende Kollegin und Freundin mich.
»Du bist wirklich hartnäckig.« Ich grinse nicht ohne Achtung. »Aber ich werde heute Abend ganz sicher nicht mit zum Tanzen gehen.«
»Aber es ist ja auch nicht einfach so eine blöde Disco oder so. Es ist der Frauenschwof. Ich dachte, das wäre nett für dich«, argumentiert sie weiter.
»Was willst du denn damit sagen?«, rutscht es mir ein bisschen zu
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