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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
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aneinander schmiegen und aus denen zwei Zungen hervortanzen. Und da erreichen die gerade gesprochenen Worte mich.
    Wenn du erst mal dazugehörst.
    Ich muss gehen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um heimzufahren und total durcheinander in mein Bett zu kriechen.
    Etwas übereilt verabschiede ich mich von Karolin, die plötzlich einen schuldbewussten Eindruck macht, von Frederike und Angela, die auch schon etwas müde aussehen, und halte Ausschau nach Michelin. Sie wird sauer sein, wenn ich nicht wenigstens kurz Tschüss sage und ihr eine knappe, aber treffende Aussage zu meinen Gefühlen bezüglich Antonie ins Ohr raune. Das Tschüss werde ich auf alle Fälle hinbekommen, denke ich.
    Aber ich kann sie nicht finden. Michelin Schwarz ist wie vom Erdboden verschluckt. Ich gucke überall. Und schließlich steige ich sogar auf diese affige Empore, auf der immer zig Frauen am Geländer hängen und runter auf die Tanzfläche spannen.
    Vielleicht sehe ich sie ja von da oben aus.
    Und vielleicht, das lasse ich aber nur als vage Idee zu, sehe ich auch Antonie und ihre Bekannte. Denn auch dort könnte ja vielleicht eine kleine Verabschiedung am Ende dieses Abends angebracht sein.
    Wie ich so an der Brüstung klebe, kommt von hinten eine Frau und lehnt sich ebenfalls dort an. Ich spüre, dass sie mich ansieht, und drehe den Kopf.
    Mein Herz setzt fast aus. Sie hat lange, dunkle Haare und ihre Augen … Welche Farbe könnten die haben? Könnten die grau sein?
    Eine Sekunde lang, ein Badong meines Herzens dauernd, denke ich: Das ist sie!
    Weil ihre Mundwinkel rund werden, als wolle sie gleich lächeln. Und ich brauche keine Szenekennerin zu sein, um zu wissen, dass das selten vorkommt: eine Fremde einfach so anlächeln. Lächeln, das bedeutet was. Also halte ich schon fast den Atem an. Ich erwarte diese Worte aus ihrem schön geschwungenen Mund: Hi, ich bin Emma. Wir müssen uns vorhin verpasst haben. Doch dann wendet meine Nachbarin den Blick fort und sieht wieder hinunter auf die Tanzfläche.
    Ich muss mich beherrschen, sie nicht weiter anzustarren, und versuche, mich wieder auf mein Vorhaben zu konzentrieren. Und tatsächlich entdecke ich Michelin wenige Sekunden später. Sie steht hinter dem Garderobentisch und quatscht mit der Frau, die die Marken rausgibt.
    Als ich die Treppe runtergehe, schüttele ich mich wie Loulou, wenn sie Kletten im Fell hängen hat. Das fehlt mir noch, dass ich plötzlich Wildfremde anglotze wie einen Elch. Nur weil sie lange dunkle Haare haben.
    Wenn ich nicht sowieso schon auf dem Heimweg wäre, würde ich es jetzt entscheiden.
    Ich wühle mich durch die Menge zur Garderobe hinüber.
    Aber plötzlich steht mir eine im Weg, an der komm ich nicht vorbei. Antonie grinst mich an, das Gesicht erhitzt, die Augen sprühen wie zwei Wunderkerzen. Wünsch dir was.
    »Du willst doch nicht etwa schon gehen?«, fragt sie mit ihrer hellen Stimme und mit ihrem ganzen Körper, der sich mir entgegenbeugt.
    Ich muss nicht lange überlegen, um zu begreifen, dass da etwas impliziert ist. Und das schmeichelt mir.
    »Na ja«, brumme ich, was sie in der lauten Musik wahrscheinlich nicht versteht und was zugegebenermaßen auch nicht wirklich eine Antwort darstellt.
    Aber vielleicht liest sie in meinem Gesicht und weiß deswegen genau das Richtige zu tun: Sie berührt mich sanft am Arm und beugt sich vor, um mir ins Ohr zu rufen. Ihr Körper lehnt sich dabei an meinen, und ich spüre von den Schenkeln an aufwärts eine warme Welle sich ausbreiten, unter der die Haare an meinen Armen sich aufrichten.
    »Im Café kann man heißen Kakao mit Sahnehäubchen bekommen, echten, nicht so mit Wasser. Super lecker! Wie wäre es, wenn wir uns den zum Abschluss geben? Danach schlafe ich immer wie ein Baby.«
    Komisch. Ich hatte mir die Einladung einer Frau zu einem Getränk immer kreuzpeinlich vorgestellt. Ich mit hochrotem Kopf. Sie mit vor Verlegenheit und Aufregung schweißnassen, ineinander verschlungenen Händen. Mein Lächeln entgleisend, während ich eine Ausrede oder die Wahrheit stammele: Nein. Tut mir Leid. Lieber … lieber nicht.
    Komisch, dass es gar nicht so ist. Na ja, genauer betrachtet, fühlt es sich wahrscheinlich deswegen nicht auf diese befürchtete Art und Weise an, weil ich nämlich nicht ablehne. Weil ich nicht, peinlich berührt, den Kopf schütteln und dann den Moment aushalten muss, in dem sie eine Entschuldigung murmelnd wieder davonschleicht, eine Eroberung mehr fehlgeschlagen.
    Nein, ich sehe sie an und

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