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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirijam Muentefering
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ich den Anfang mache.
    Als ich zum Schrank hinübergehen will, um zwei Tassen für unseren Kaffee zu holen, ist klar, dass sie das nicht tut. Denn da streckt sie einfach den Arm aus, und ich laufe direkt hinein. Mitten in ihren Arm und in ihren Mund.
    Sie ist. Eigentlich noch viel … viel irgendwas mehr als in meiner Vorstellung.
    Und vielleicht ist alles andere nur passiert, damit ich mich jetzt nicht erschrecke. Damit ich nicht zurückzucke und wegspringe.
    Stattdessen fühle ich mich wie hineingegossen in ihre Arme und an ihren Körper. Sie ist mindestens genauso groß wie ich, vielleicht sogar einen Zentimeter größer. Unsere Augen und Münder sind auf genau der gleichen Höhe. Und so fließt es zwischen uns ohne Hindernis hin und her. Ohne dass ich dabei denken müsste, wird aus uns quasi eine Person.
    Aber wenn sie mir zusehen wollte, wie ich Kaffeepulver einfülle, während sie hinter mir steht, dann müsste sie ihren Kopf nicht auf meine Schulter legen.
    Wir lehnen aneinander und gemeinsam in der Schiebetür zur Küche.
    Während ihre Hände sich in meinen Nacken schieben und dort den Haaransatz streicheln, denke ich, dass mein Leben sich komplett verändert hat. Während ihre Lippen von meinem Mund zu meinem Hals hinunterwandern, denke ich, ob das lesbische Leben an sich womöglich öfter eine solche Flut von Attraktionen im Angebot hat. Während sie mich sehr langsam rückwärts schiebt, in Richtung Sofa, denke ich bereits nicht mehr. Aber irgendwie sperren sich meine Beine plötzlich. Und deswegen nehmen wir einen kleinen Bogen und wandern langsam aus dem Raum hinaus, über den Flur ins Schlafzimmer hinein, wo wir lange Zeit vor dem Bett stehen. Uns küssen. Unsere Hände bereits unter Pullover geschlichen sind. Bis meine Knie so weich sind wie Wackelpudding und ich es albern finde, sich nicht wenigstens zu setzen.
    Aber wir sitzen nicht, wir liegen. In meinem Bett. In dem ich es mittlerweile gewohnt bin, allein zu schlafen. In dem ich bisher nur ein einziges Mal nicht allein geschlafen habe …
    »Was ist denn?«, flüstert Emma und streicht mir eine Strähne ihrer Haare aus dem Gesicht. Das ist die ganze Zeit immer wieder passiert. Ihr Zopf hat sich irgendwann aufgelöst, und ihre Haarsträhnen verirrten sich um mein Gesicht und an meinen Hals. Das hat mich nicht gestört, wirklich, es war wie ein zusätzliches Streicheln.
    Aber plötzlich …
    Etwas hat den Zauber genommen. Irgendetwas hat ein grelles Licht angeknipst, das plötzlich alles anders beleuchtet. Meine Lippen taub macht.
    »Was hast du denn plötzlich?« Emma hält mich im Arm und betrachtet besorgt mein Gesicht. »Geht dir das zu schnell?«
    »Ach, ich bin es einfach nicht gewöhnt, mir nicht um Empfängnisverhütung Gedanken machen zu müssen«, versuche ich zu scherzen. Aber die Wahrheit ist, dass ich selbst nicht genau weiß, was plötzlich los ist. Gerade war es noch so schön.
    »He, mach dir keinen Stress. Nichts muss passieren. Du entscheidest die Gangart, okay?«
    »Okay.«
    »Wie wäre es, wenn wir jetzt den Kaffee trinken, der bestimmt seit einer Stunde fertig ist? Es gibt mit Sicherheit noch ganz schön viel zu erzählen.«
    So machen wir es dann auch. Und es ist gar nicht seltsam oder peinlich oder betreten zwischen uns. Im Gegenteil. Manchmal lächeln wir uns an, weil die eine etwas erraten hat, was die andere sagen wollte. Dann sind wir beide überrascht.
    »Ist schon irre, oder? Dabei habe ich immer gedacht, dass im Internet alle lügen und sich besser oder zumindest anders machen, als sie sind. Ich hätte nie gedacht, dass wir uns nur über unser Schreiben doch schon ein kleines Stück kennen gelernt haben …«, ereifere ich mich.
    »Siehst du«, Emma feixt nur dazu. »Das ist es, was ich ganz zu Anfang damit meinte, dass du noch merken wirst, dass du es hier mit echten Menschen zu tun hast.«
    Und mit einem echten Menschen habe ich es hier ganz sicher zu tun.
    Als sie mich spät am Abend verlässt, beugt sie sich noch einmal vor und sieht mich fragend an. Ich kann nichts dagegen machen. Mir fallen fast automatisch die Augen zu, und sie gibt mir einen zärtlichen Kuss, aus dem wir beide lächelnd wieder auftauchen. Ich schließe die Tür hinter ihr, drehe mich um und betrachte mich einen Moment im Spiegel. Bin ich eigentlich bescheuert, dass ich sie einfach so gehen lasse?
    Ich schlendere ins Wohnzimmer, sitze im Dunkeln auf dem Sofa.
    Lustig, dass sie genauso groß ist wie ich. Frauen sind selten so groß wie ich. Das

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