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Das geheime Bild

Das geheime Bild

Titel: Das geheime Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliza Graham
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Teppich liegen. Ich hatte keine Lust auf Schulklatsch oder Pläneschmieden für weitere Ausflüge nach Oxford, um dort ein Curry zu essen. Ich wollte meinen Mann anrufen, mit ihm reden, ihn fragen, wie er sich fühlte.
    »Ich komme gern mit«, sagte ich zu Jenny Hall und legte zwanghafte Begeisterung in meine Stimme. »Ich möchte nur erst noch Samson holen.«
    »Was ist mit Ihnen, Emily?«, fragte Jenny das Mädchen. »Lust auf ein Glas Wein?«
    »Ich wollte mit der Recherche für die Kostüme anfangen.« Sie wickelte sich den vorderen Teil ihrer langen Strickjacke um die Finger. »Es gibt viel zu tun. Ich wollte mich ein wenig im Internet umsehen.«
    »Das können Sie auch später noch tun. Kommen Sie doch mit uns ins Oak.«
    Emily fand weitere Ausflüchte, doch ich brach auf und nahm mir auf meinem Weg durch den Rosengarten vor, einen Abend lang ganz normal zu sein. Ich sah etwas im Dunkeln. Und blieb stehen.
    Auf der Türschwelle stand mein Vater. Neben ihm Cathy Jordan, die Schulkrankenschwester.
    »Ist jemand krank?« Mir war plötzlich ganz elend zumute. »Ist es Clara? Oder …?« Ich zitterte.
    »Dürfen wir reinkommen?« Mein Vater sprach mit sanfter Stimme. »Es geht nicht um Hugh. Oder um deine Schwester, keine Sorge.«
    Cathy legte mir ihren Arm um meine Schulter. »Wir möchten nur kurz mit Ihnen reden, Meredith. Lassen Sie uns einfach reingehen, dann setze ich den Wasserkessel auf.«
    Ich entzog mich ihr. »Ich wollte in den Pub. Mit den anderen.«
    »Ich denke, das musst du auf ein andermal verschieben, Merry.« In Dads Stimme schwang nun bei aller Sanftheit die Autorität des Schuldirektors mit. Ich schloss die Tür auf und führte die beiden nach oben in mein kleines Wohnzimmer. Cathy verschwand in der Küche. Ich hörte das Klappern von Porzellanbechern und das Klirren von Teelöffeln.
    »Was ist denn?« Hatte ich in einer meiner Gruppen, in denen ich Tutorin war, ein anorektisches Mädchen übersehen? Hatten sich Eltern über mich beschwert? Ich zermarterte mir das Hirn nach Vorfällen, anlässlich derer ich einen Schüler bestraft hatte. Mir gefror das Blut in den Adern. Vielleicht einer aus der zweiten Klasse, den ich hatte nachsitzen lassen, weil er mit der Spitze eines Zirkels ein Pult zerkratzt hatte? Ich ging die Namen meiner Schüler im Kopf durch.
    »Gibt es noch etwas, was du mir über diese Puppe erzählen möchtest, die man in Simons Schrank gelegt hat?«
    »Nein.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Pass auf, ich habe diese Bestellung überprüft. Sie wurde nicht von meinem Laptop aus abgeschickt, das weiß ich, weil ich im Internet den Verlauf sämtlicher Seiten überprüft habe, auf denen ich im letzten Monat gewesen bin.«
    Er sah mich verwundert an.
    »Das geht ganz einfach, Dad. Ich könnte es dir zeigen. Die IT -Abteilung könnte das ebenfalls überprüfen.«
    Mir fiel ein, dass er vermutlich nicht wusste, was mit »Verlauf« im Internet gemeint war. »Der Internetverlauf ist die Liste aller Webseiten, die während eines bestimmten Zeitraums geöffnet wurden«, erklärte ich ihm.
    Cathy kam mit dem Tablett zurück. Sie hatte einen alten Porzellanbecher aus dem Schrank geholt, der Hugh gehört hatte. Den hatte ich ihm gekauft, als wir uns gerade kennengelernt hatten. Es trank sonst keiner daraus. Sie gab mir den Becher, und ich starrte den Cartoonhund darauf an. Er hatte den verrückten Gesichtsausdruck, den auch Samson manchmal hatte.
    »Du bist gesehen worden, Meredith«, sagte Dad.
    »Wie bitte?«
    »Du wurdest gesehen, wie du mit der Puppe den Raum betratst.« Seine Stimme war leise. »Die Person, die dich gesehen hat, sah genau in dem Moment durch die Tür, als du die Reborn-Puppe im Schrank verschwinden ließest. Man hat mir eine Notiz zukommen lassen.« Seine Hand ging zu seiner Jackentasche, wo sich vermutlich die Notiz befand.
    Ich starrte ihn an, bis sein Gesicht sich in unkenntliche Pigmente auflöste und er überhaupt nicht mehr aussah wie mein Vater.

14
    I ch rechnete fast damit, Cathy und meinen Vater in meiner Wohnung auf mich wartend anzutreffen, als ich vom Pub zurückkam. Trotz meiner Proteste begleitete Simon mich auf dem letzten Stück der Straße und über die Einfahrt. Ich fand, dass es mir ganz gut gelungen war, eine fröhliche Fassade zu zeigen, als wir in dem alten Pub am Ofen saßen, tranken und plauderten. Emily hatte ihre Vorbehalte beiseit egeschoben und war mitgekommen, saß aber fast schwei gend im Oak neben uns und klammerte sich an ihr Glas Orangensaft.

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