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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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auf, was gegen Plavotic vorlag, ohne aufzutrumpfen oder ihn mit Anschuldigungen zu überhäufen, fast ein wenig zerstreut, als müsse er sich selbst erst einen Überblick verschaffen, und das stimmte ja auch. Zur Veranschaulichung legte er Fotos von der Leiche sowie einen Grundriss des Kleingartens auf den Tisch.
    Milan schaute aus dem Fenster. Das kannte er schon alles. Er hatte Abitur, das trauten ihm diese Kommissare bestimmt nicht zu.
    »Die Taxizentrale hat dein Alibi platzen lassen«, fuhr Jakub fort. »Du stehst unter Mordverdacht.«
    »Und sonst niemand«, fügte Raupach hinzu.
    Keine Antwort.
    »Wolltest du meine Partnerin am Ebertplatz auch umbringen? Hattest bloß keinen Spaten dabei.«
    Milan dachte nach. Verhedderte sich. Fing noch mal von vorne an. Jetzt saßen sie vor ihm, die Bullen. Aber wenn man nicht mehr weiterwusste, wenn sie wirklich gebraucht wurden, wo waren sie dann?
    »Da fällt das bisschen Hasch umso stärker ins Gewicht.« Jakub zeigte Plavotic das Beutelchen vom Tatort. »Das gehört doch dir.«
    »Nein. Und was ich im Taxi hatte, fällt unter Eigenbedarf. Ihre Kollegin wollte unbedingt was abhaben. Als ich gemerkt hab, dass sie mich irgendwie reinlegen will, bin ich durchgedreht. Ich hab nicht gewusst, dass sie bei der Polizei ist.«
    »Warum bist du dann zu Fuß geflohen und nicht mit dem Auto?«, fragte Jakub.
    »Damit mich niemand einsteigen sieht und sich die Nummer merkt.« Milan verschränkte die Arme und lehnte sich mit der Schulter gegen die Scheibe. »So viel dazu. Und wegen dem Alibi … Kann schon sein, dass ich vorgestern früher Schluss gemacht hab auf der Arbeit. Danach bin ich heimgefahren. Ab und zu irrt man sich eben. Übermüdung.«
    Keine schlechte Verteidigung, fand Jakub. Im Grunde seines Herzens war er Therapeut. Wenn er Anwalt geworden wäre, würde Raupach ihn zu den Kümmerern zählen, das waren diejenigen, denen es noch nicht total egal war, was mit ihren Mandanten und dem Rest der Menschheit passierte. Bei der Befragung eines Verdächtigen bestand seine Aufgabe meistens darin, mehr über das Innenleben von Verdächtigen herauszufinden, psychotische Störungen zu erkennen und sie mit einem Verbrechen in Verbindung zu bringen.
    Allerdings hatte er auch eine Reihe von Psychotricks drauf, und er scheute sich nicht sie anzuwenden, wenn er es für zielführend hielt. Plavotic hatte einen Polizisten verletzt. Photini steckte es zwar ganz gut weg, aber mit etwas Pech konnte so ein Schlag gegen den Kopf übel ausgehen.
    »Vielleicht triffst du im Knast ja Freunde von Otto Wintrich«, sagte Raupach. »Die werden scharf darauf sein, dich kennenzulernen.«
    »Mit solchen Drohungen hab ich schon gerechnet. Ich hab vor niemandem Angst.«
    »Du bist 23. Mord gibt lebenslänglich, mindestens 15 Jahre. Zählen wir noch Körperverletzung mit Tötungsabsicht und dein Drogentaxi dazu, lassen sie dich raus mit … 40?«
    Raupach ließ Milan Zeit zum Nachrechnen. Er nahm den Angriff auf Photini persönlich. Das hatte er ihr verschwiegen, damit die Emotionen nicht hochkochten. Gut, dass Fofó unterwegs war. Sonst würde hier Blut fließen.
    »Ein Jahr«, sagte Plavotic und hielt einen Daumen hoch. »Mit Glück auf Bewährung. Ihr könnt mir gar nichts.«
    »Ich bin jetzt 42«, fuhr Raupach fort. »In deinem Alter hab ich angefangen, mir ein Leben aufzubauen. Was hast du vor? Eine Familie gründen?«
    »Geht euch einen Dreck an.« Milan senkte trotzig den Kopf. »Ich hab noch alle Zeit der Welt.«
    »Im Knast brauchst du auch nicht die Kondome aus dem Gartenhäuschen«, legte Raupach nach.
    »Wie?«
    »Deine eiserne Gummireserve. Oder glaubst du, dass du auf Freigang rauskommst, um in der Heckenrose eine Nummer zu schieben? Träum weiter. Bis dahin dauert es noch ein ganzes Weilchen, und dann sind die Dinger abgelaufen.«
    Milans Halsmuskeln schwollen an. Er unterdrückte den Impuls, zum Tisch zu gehen und diesem Scheißkerl eins zu verpassen. »Ihr Bullen habt keinen Dunst, was da draußen abgeht. Traut ihr euch überhaupt vor die Tür?«
    »Warst du mit deiner Freundin in der Laube?«, fragte Raupach.
    »Hab keine.«
    »Was ist mit Pippi Langstrumpf? Im Karneval kommt man leichter zum Zug, nicht wahr?«
    Keine Antwort.
    »Was ist los? Hat sie dich sitzen lassen?«
    »Und wenn schon!«, schrie Milan.
    Ein skeptischer Seitenblick von Jakub. Das waren keine Psychotricks, sondern gezielte Nadelstiche. Es sollte weh tun, ganz gegen Raupachs Art.
    Und es tat weh. Milan verlor die

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