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Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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Beherrschung. Er hämmerte ein paarmal mit voller Kraft gegen die Scheibe, das Sicherheitsglas vibrierte. Schwer atmend sah er auf seine Fäuste herab. »Treiben Sie’s nicht zu weit!«
    Sein wunder Punkt, dachte Jakub. »Vorsicht, Junge, sonst brichst du dir noch was.«
    »Mir egal.«
    »Wir hatten gehofft, ohne Handschellen und Fußfesseln auszukommen.«
    »Dann soll er aufhören, mich zu reizen.« Milan deutete auf Raupach.
    »Das ist erst der Anfang«, sagte Jakub. »Wir haben den ganzen Tag vor uns. Wenn du dich kooperativer verhalten würdest, wenn du nicht all das kategorisch abstreiten würdest, was ohnehin schon erwiesen ist, könnten wir uns vernünftig unterhalten.«
    »Ach ja?«
    »Ich glaube, du willst gar nicht vernünftig sein. Stattdessen machst du hier einen auf harter Brocken. Mir musst du nichts beweisen, nur damit das klar ist.« Jakub ließ das Haschischbeutelchen in seiner Jacke verschwinden. »Vergessen wir das mal.«
    »Eigenbedarf, hab ich doch schon gesagt.«
    »Es ist mir gleichgültig, ob du mit Shit dealst. Ich wundere mich zwar, ein gewisses Risiko ist ja dabei. Aber wir sind hier bei der Mordkommission, da geht es um Menschenleben, um die wirklich gemeinen Geschichten. Nicht um eine Tüte für Zwischendurch.« Er lachte.
    »Das entspannt.«
    »Sicher.«
    »Mildert alles ein bisschen ab«, präzisierte Milan. »Mit einem Joint kann man sich eine Weile ausklinken.«
    »Ausklinken wovon?«
    »Von allem, was einen belastet. Von der Zukunft. Von der Vergangenheit.«
    »Was ist belastender?«
    »Die Vergangenheit kann man zur Not abhaken. Aber mit der Zukunft klappt das nicht. Die rollt auf dich zu und macht dich platt.«
    »Zigarette?« Jakub schob seine Packung über den Tisch und wies auf den Stuhl, der ihm gegenüberstand.
    Widerstrebend nahm Milan Platz und zündete sich eine an. »Ich weiß schon, wie das hier läuft. Sie soßen mich zu, bis ich Ihnen ein Stück weit über den Weg traue. Dann ist Ihr Kollege wieder dran, mit seinen Unterstellungen und Beleidigungen, mit diesen höhnischen Bemerkungen. Und wenn das nichts bringt, nehmen Sie mich zu zweit in die Zange.«
    »Wir sind nicht deine Feinde. Mein Kollege ist nur schlecht gelaunt, weil du seine Partnerin gestern geschlagen hast.«
    »Ich hab’s mit der Angst gekriegt.«
    »Die hätte ich an deiner Stelle auch«, sagte Jakub. »Aber wenn du denkst, nur Opfer hätten Angst, liegst du falsch. Angst macht nicht frei von Schuld, sie lässt dich nicht automatisch auf der richtigen Seite stehen. Auch Täter haben Angst. Und Mörder am meisten.«
    »Beim ersten Mal vielleicht«, erwiderte Milan. »Dann gibt sich das. Nehm ich an.«
    »Was soll das bedeuten?«
    »Schauen Sie mal auf meinen Ausweis. Was da unter Geburtsort steht.«
    Jakub öffnete die Schachtel mit Plavotics persönlichen Gegenständen, die ihm nach der Festnahme abgenommen worden waren.
    Milan kürzte das Gekrame ab. »Vukovar«, sagte er. »Meine Eltern haben mich vor der Bombardierung zu Onkel Tihomir nach Dubrovnik geschickt.«
    »Willst du darüber reden?«
    »Nicht mit Ihnen.« Er betrachtete seine Zigarette. »Machen wir lieber weiter. Ich bin auf alles gefasst. Und wehren kann ich mich auch.«
    Raupach stand auf. »Ich hole einen Aschenbecher.«
     
    VOM VIELEN KLINGELN wurde Photini der Daumen taub. Dünnwalder Straße, kurz vor zehn. Anscheinend war Corinne Bahling nicht zu Hause.
    Schließlich ertönte doch noch der Summer. Hilgers ging mit nach oben und hatte vor, neben der Wohnungstür zu warten. Doch auf der dritten Etage war Schluss.
    »Diese Klingelei hält ja kein Mensch aus. Sie können Ihr Paket bei mir abgeben.« Die Frau wartete, bis Photini die Treppe hochgestiegen war. »Muss ich was unterschreiben?«
    »Wir sind nicht von der Post. Dirou und Hilgers. Kriminalpolizei.«
    »Ach du lieber Gott.« Sie machte Anstalten, wieder in der Wohnung zu verschwinden. Photinis Augenklappe wirkte abschreckend.
    »Nur einen Moment, bitte.«
    »Was ist denn?«
    »Wir wollen zu Corinne Bahling.«
    »Hab schon kapiert, dass da oben keiner aufmacht.« Die Frau blieb stehen und zog ihren Satin-Bademantel enger um die Schultern. Sie war Mitte vierzig und hatte noch keine Zeit für die Morgentoilette gefunden, Augenringe, keine Schminke, strähniges Haar. Allerdings sah sie so aus, als würde eine Stunde vor dem Spiegel bei ihr Wunder bewirken. Die Füße steckten in Samtpantoletten.
    »Wahrscheinlich ist Corinne auf der Arbeit, da fahren wir gleich hin.« Photini gab

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