Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das geheime Kind

Das geheime Kind

Titel: Das geheime Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
Vom Netzwerk:
seinen Dienst in der Tatnacht verfrüht beendet hatte, um kurz nach elf. Demnach besaß er kein Alibi mehr.
    So viel zum Hauptverdächtigen. Die Befragungsteams, welche die Häuser und Parzellen in der Umgebung nach Zeugen abgeklappert hatten, waren ohne Hinweise zurückgekommen. Das Labor hatte Wintrichs Arzneimittelkoffer überprüft. Er enthielt ausschließlich legale Präparate gegen alle möglichen Krankheiten, eine kleine Apotheke. Allerdings schienen zahlreiche Medikamente zu fehlen. Falls Stimmungsaufheller, Antidepressiva oder härteres Zeug in dem Koffer gewesen waren, hatte Wintrich sie aufgebraucht.
    Auch Effie war mit ihren Leuten nicht fündig geworden. Sie hatte Raupachs Anordnung befolgt und das Grundstück nach weiteren Grabungsspuren und Hinweisen auf Verstecke in der Erde abgesucht. Am Morgen hatte sie noch einige Stichproben unter dem Kirschbaum gemacht, dann wurde sie von Heide am Niederländer Ufer gebraucht.
    Im Gartenhäuschen war Effie jedoch auf etwas Interessantes gestoßen: eine Schachtel für ein Skatblatt, in dem sich anstelle der Spielkarten eine Packung Kondome befand. An und für sich war das harmlos. Aber da es in der Parzelle offenbar Streit gegeben hatte, machten solche Kleinigkeiten stutzig.
    Photini klappte ihr Notizbuch zu. »Nutzte Plavotic das Häuschen für ein gelegentliches Rendezvous? Oder stellte er es jemandem zur Verfügung, zum Beispiel Otto Wintrich? Das würde dessen Anwesenheit auf dem Grundstück erklären.«
    »Kannten sich die beiden also doch?«, fragte Hilgers weiter.
    »Dann gibt es reichlich Erklärungsbedarf.« Raupach schob seine Unterlagen zu einem Stapel zusammen. »Gute Arbeit, Photini. Ich mache die Vernehmung gemeinsam mit Jakub.«
    »Was?«
    »Du gehst mit Hilgers zu Corinne Bahling. Falls sie nicht freigenommen hat, trefft Ihr sie im Kinderkrankenhaus an.« Er bückte sich, holte den Eisbären aus der Plastiktüte und legte ihn auf den Tisch. »Ich möchte wissen, was es damit auf sich hat.«
    Sie starrte auf das Stofftier, als sei es verseucht. »Das ist nicht dein Ernst?«
    »Sein Name ist Numi.«
    »Warum nicht Bert der Bär?«
    »Könnte sein, dass Corinne ein Problem mit Männern hat. Einer Frau gegenüber ist sie vielleicht aufgeschlossener. Hilgers, Sie halten sich nach Möglichkeit im Hintergrund. Bleiben Sie vor der Tür stehen oder so etwas.«
    »Ich hab Plavotic verhaftet. Ich hab mir das hier eingefangen.« Sie wies auf ihre Augenklappe. »Den nimmst du mir nicht weg.«
    »Immer noch auf hundertachtzig«, stellte er fest. »Überlass ihn erstmal mir. Mit unterschwelliger Aggression kommen wir bei dem Jungen nicht weiter.«
    »Aber auf die weiche Tour, ja? Dass ich nicht lache.«
    »Ich hab mir heute Nacht seine Wohnung angesehen und mit Uphoff vom Drogendezernat geredet. In dem Jungen steckt mehr, als man auf den ersten Blick meint, und das müssen wir aus ihm rauskriegen. Wenn er dich sieht, blockt er sofort ab.«
    »Und als guter Bulle nimmst du Rücksicht auf seine Gefühle. Besser auf seine, als auf meine, wie?«
    Reintgen schnaufte genervt, doch er und Hilgers hielten sich raus.
    »Sieh mal, mit Corinne Bahling ist es ein bisschen wie mit Plavotic. Auch sie bestreitet, Wintrich näher gekannt zu haben, aber das glaube ich nicht. Dieses Stofftier ist eine Art Bindeglied.« Raupach schilderte kurz das angespannte Gespräch, das er am Vorabend mit Corinne geführt hatte, ihre Verunsicherung am Ende, erwähnte auch seine Unterhaltung mit Hattebier über die Unwahrscheinlichkeit eines Verbrechens im Affekt. Wie genau die Spatenhiebe plaziert waren. »Vergiss nicht, außer dem Ermordeten waren drei Personen am Tatort.«
    »Möglicherweise zu verschiedenen Zeiten.« Photini wurde nachdenklich. »Hintereinander. Haben wir das schon einkalkuliert?«
    »Langsam tickst du wieder richtig.«
    »Plavotic war auf jeden Fall dabei.«
    »Also gut«, sagte Raupach, »setzen wir ihn auf Platz eins. Und die anderen? Irgendwelche Drogenfreunde? Angeblich meidet er die Szene.«
    »Dieser Obdachlose, Kotissek. Vielleicht hat er dich auch angelogen.«
    »Nicht auszuschließen. Er trank Wodka, als ich ihn mit Höttges vernommen habe. Am Tatort lag ja eine Wodkaflasche, obwohl –«
    »Das verträgt man am besten, und es ballert voll rein.« Endlich konnte Reintgen etwas beitragen. »Bei Pennern ist Wodka der Standard. Und Wintrich war ja wohl ein Penner, zumindest ein halber.«
    Raupach hatte keine Lust, ihn zurechtzuweisen. »Das wäre dann Platz zwei.

Weitere Kostenlose Bücher