Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
auf verlorenem Posten, Evie”, bemerkte Jack.
Sie konnte Ken Carmichael von der ersten Sekunde an nicht ausstehen. Ihre Abneigung war spontan und wahrscheinlich unfair. Er hatte ein wohlgeformtes, beinahe hübsches Gesicht, viel zu gebräunt für März, und dickes dunkelblondes, perfekt geschnittenes Haar. Seine Augen waren in etwa so grün wie die von Tim Gleason und passten zu seinem aalglatten Charme.
Eve bestand nicht darauf, dass sie getrennt schliefen. Sie wollte keinen Streit provozieren, dafür war ihr die wertvolle Zeit mit ihrer Tochter doch zu schade.
Ken gratulierte ihnen zu ihrem schönen Haus und Garten, was sie noch misstrauischer machte als seine grünen Augen. Zu dieser Jahreszeit war der Garten ein einziges Durcheinander aus kahlen Bäumen und Büschen, die wirkten, als ob sie nie mehr zum Leben erwachen würden.
“Wir bereiten gerade das Abendessen vor”, murmelte Eve. “Kommt doch mit in die Küche, dann können wir uns unterhalten.”
“Geh du nur, Liebling”, sagte Cory zu Ken. “Ich schaue mal kurz nach oben. Bin gleich zurück.”
Ken ging mit Eve und Jack in die Küche, in der es nach Braten duftete. Dru würfelte gerade die geschälten Kartoffeln.
“Du musst Dru sein”, sagte Ken. Er wirkte ein wenig befangen, als ob er nicht wüsste, was er mit seinen Händen anfangen sollte.
“Das bin ich.” Dru schnappte sich eine Coladose vom Tisch, lehnte sich an die Küchentheke und durchbohrte ihn mit ihrem Blick. “Also, welche Absichten hegen Sie in Hinsicht auf meine Schwester?”
“Dru!” Eve lachte und begann, grüne Bohnen zu schnippeln. “Gib ihm etwas Zeit, bevor du ihn ausquetscht.”
Ken wirkte unbeeindruckt. “Meine Absicht ist es, sie so zu behandeln, wie sie es verdient.”
“Das kann alles Mögliche bedeuten.” Dru nippte an ihrer Cola.
“Was möchten Sie trinken, Ken?” Jack öffnete den Kühlschrank. “Wein, Bier oder …” Er beugte sich weiter nach vorne. “Apfelsaft.”
“Haben Sie Mineralwasser?”, fragte Ken.
“Nein. Aber das Leitungswasser ist gut.”
“Schon in Ordnung. Dann lieber nichts. Ich trinke in letzter Zeit ganz spezielles Wasser. Ich werde mir morgen welches besorgen.”
Dru musterte ihn eindringlich. “Sind Sie einer von den Fernsehreportern, die man immer bei Autounfällen sieht und so?”
“Genau.” Ken warf ihr ein Lächeln zu.
“Was war das Schlimmste, worüber Sie jemals berichtet haben?”
“Dru”, unterbrach Eve sie erneut. “Lass ihn doch erst mal ankommen.”
“Ist schon gut. Das Schlimmste war der Unfall eines Schulbusses.”
“Kamen dabei denn alle Schüler ums Leben?”, wollte Dru wissen.
“Mhm.”
“Kinder?”
Er nickte. “Ja, Grundschüler. Es hat mir beinahe das Herz zerrissen.”
Eve zerschnitt eine Bohne. Warum glaubte sie ihm nicht? Lag es daran, dass kein Mann gut genug für ihre Tochter war? War aus ihr wirklich eine solche Mutter geworden? Oder erinnerte er sie einfach nur an Tim, den verlogensten Menschen, den sie je im Leben getroffen hatte?
Cory kam in die Küche und ihr Gesicht erstrahlte, als sie Ken sah. Er legte einen Arm um ihre Schulter. Beide trugen dunkelblaue Sweatshirts und Khakihosen. Sie sahen aus wie eine Person mit zwei sehr hübschen Köpfen.
“Du hast eine ganz schön neugierige kleine Schwester”, sagte Ken.
“Ich weiß.”
“Nimm dir was zu trinken, Cory”, sagte Eve.
“Es gibt aber kein Mineralwasser”, informierte Ken sie.
“Stimmt. Wir hätten welches mitbringen sollen.”
Eve, die mit dem Rücken zu ihnen stand, verdrehte die Augen. Dann fiel ihr der Schweinebraten ein. “Sind Sie Vegetarier, Ken?”
“Nein, ich esse Fleisch. Ich versuche nur, mich ausgewogen zu ernähren. Sie wissen schon, Eiweiß, Kohlehydrate und Fett. Wobei ich natürlich versuche, Fett überwiegend durch Oliven- oder Haselnussöl zu mir zu nehmen.”
Ach so, natürlich, dachte Eve. Und wie wär’s mit einer gehörigen Portion Schweinefett?
“Ich habe die Salatsauce mit Olivenöl gemacht”, meldete sich Jack zu Wort.
“Corinne erzählte mir, dass sie rheumatische Arthritis haben”, wandte sich Ken an Eve.
“Ja, das stimmt.”
“Ich kenne eine Menge Leute, die das in den Griff bekommen haben, indem sie Zucker und Weizenmehl von ihrem Speiseplan gestrichen haben.”
Jack lächelte ihr mitfühlend zu. Er wusste, wie sehr sie es hasste, wenn Leute ihr simple Lösungen für ihre komplizierte Krankheit vorschlugen, und von Ken hasste sie es noch mehr. Sie
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