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Das geheime Leben der CeeCee Wilkes

Das geheime Leben der CeeCee Wilkes

Titel: Das geheime Leben der CeeCee Wilkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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antwortete er ein wenig atemlos. “Aber ich habe weder sie noch das Baby umgebracht.”
    Ein Mann – vermutlich sein Anwalt – verscheuchte die Reporter mit einer Handbewegung. “Kein weiterer Kommentar.” Er packte Tim am Ellbogen und zog ihn weg.
    Eve saß stocksteif da, starrte in die Ferne und fragte sich, ob Tim seinem Anwalt bereits von dem Mädchen erzählt hatte, das seine Unschuld an dem Mord bezeugen konnte. Von dem Mädchen, das wusste, was wirklich in dieser Hütte geschehen war.
    Sie sah auf die Uhr. Fast eins. Zeit für den wöchentlichen Termin mit der Studentin Nancy Watts, deren Zwangsneurosen ihr Studium gefährdeten. Während Eve zurück in ihr Zimmer ging, dachte sie, dass sie ab jetzt wahrhaft Verständnis für die Dämonen haben würde, gegen die Nancy die meiste Zeit ankämpfte.
    Nancy wartete bereits. Sie war eine sympathische junge Frau und fest entschlossen, den Zwang, ständig die Hände zu waschen und immer wieder dieselben Gedanken zu denken, zu bekämpfen. Sie erzählte von ihren Fortschritten, doch Eve hörte kaum hin. Sie war angespannt und nervös und nicht in der Lage, Nancy längere Zeit ins Gesicht zu sehen. Stattdessen schaute sie aus dem Fenster und rechnete jede Sekunde damit, einen Streifenwagen zu erblicken.
    Bleib ruhig, redete sie sich zu. Selbst wenn Tim seinem Anwalt von CeeCee Wilkes erzählte, wie sollten sie herausfinden, dass sie danach Eve Bailey und jetzt Eve Bailey Elliott hieß? Sie hatte ihre Spuren so gut verwischt, dass niemand jemals die Wahrheit herausfinden würde.
    Falls sie allerdings irgendwie auf Naomi und Forrest kamen, dann war sie erledigt. Ob die beiden wohl noch immer in diesem heruntergekommenen Haus außerhalb von New Bern lebten? Waren sie noch zusammen? Mein Gott. Sie dachte an die Schachtel mit den Perücken und Masken, an die wie durch Zauberhand aufgetauchten neuen Dokumente und überhaupt an diese ganze wahnsinnige Atmosphäre. Sie war so dumm gewesen. Wenn sie nur die Zeit zurückdrehen und andere Entscheidungen treffen könnte. Noch einmal in dem Coffeeshop sein, in dem sie mit Ronnie gearbeitet hatte, und die Anmache von dem gut aussehenden Typ in der Ecke ignorieren. Und stattdessen studieren. Wenn es nur so gewesen wäre.
    Natürlich hätte sie dann niemals Cory gehabt, und dieser Gedanke – unabhängig davon, dass ihre Tochter sie inzwischen ablehnte – war so qualvoll, dass sie auf ihrem Stuhl zusammenfuhr.
    “Eve?”, fragte Nancy. “Geht es Ihnen nicht gut?”
    “Bitte? Oh, doch.” Sie lächelte. “Mir war nur plötzlich kalt.” Wovon hatte Nancy gesprochen? Sie versuchte, sich zu erinnern, aber es ging nicht, sie hatte nicht ein einziges Wort registriert.
    “Nancy, es tut mir leid. Könnten Sie Ihre letzten Sätze noch einmal wiederholen? Ich war einen Moment in Gedanken.”
    Zum Glück war Nancy kein komplizierter Typ. “Klar”, sagte sie und schilderte die Rituale, die sie jeden Abend, bevor sie ins Bett ging, durchführte und wie sie ihre Mitbewohnerin damit wahnsinnig machte. Eve gelang es ungefähr zwei Minuten lang, ihr Aufmerksamkeit zu schenken, zu nicken und mitzufühlen, doch dann begannen ihre Gedanken wieder zu wandern. Wenn die Polizei also irgendwie Naomi und Forrest ausfindig machte, dann würden die erzählen, dass sie CeeCee Wilkes nach Charlottesville zu Marian Kazan geschickt hatten. Marian wäre leicht zu finden, man brauchte nur irgendjemanden auf der Straße anzuhalten und nach ihr zu fragen.
    “Marian?”, würden sie antworten. “Natürlich. Sie wohnt in dem Seniorenheim in der Sycamore Street.”
    Mit neunundachtzig war Marians Verstand noch immer messerscharf. Eve besuchte sie ein paar Mal im Monat und brachte ihr Bücher oder Zeitschriften oder Videofilme mit. Marian würde alles tun, um sie nicht zu verraten, aber selbst wenn sie bestritt, Eve zu kennen, die ganze Nachbarschaft wusste es besser. Ich sitze in der Falle, dachte sie. Man würde zwar Eve verhaften, aber Cory war es, die am meisten zu leiden hatte, wenn die Wahrheit ans Licht kam. Das durfte sie nicht zulassen.
    “Ich glaube, Sie sind wieder abgelenkt”, sagte Nancy.
    Eve sah sie an.
    “Eve?”
    Eve gelang es schließlich, ihre Aufmerksamkeit auf die junge Frau vor ihr zu richten. “Ja.”
    “Ich glaube, Sie haben heute kein einziges meiner Worte verstanden.”
    “Es tut mir so leid, Nancy.” Eve atmete tief durch. “Sie haben recht. Ich habe gerade eine Menge im Kopf, ich hätte gar nicht erst zur Arbeit gehen

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