Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
Ronnie.
“Sechshundert, sechshundertfünfzig”, murmelte CeeCee ungläubig. “Siebenhundert. Siebenhundertfünfzig.”
“Ach du liebe Zeit.” Ronnie schnappte sich das braune Papier, in das die Schachtel eingewickelt gewesen war. “Steht denn kein Absender drauf?”
“Psst.” Inzwischen war CeeCee bei eintausendzweihundert angekommen, ihre Hände zitterten.
Ronnie beobachtete sie schweigend, bis CeeCee schließlich einhundert Fünfzigdollarscheine abgezählt hatte. Fünftausend Dollar. Sie sahen einander an.
“Ich kapier das nicht”, sagte CeeCee.
“Vielleicht hat dir das deine letzte Pflegemutter geschickt?”, schlug Ronnie vor. “Du sagtest, dass sie richtig nett war.”
“Richtig nett und richtig arm.”
Ronnie hielt einen Schein gegen das Licht. “Sind die irgendwie markiert oder so was?”
CeeCee schüttelte den Kopf. “Ich glaube nicht.”
“Tja. Als du Tim deine Seele ausgeschüttet hast, erwähntest du da vielleicht auch, dass du völlig mittellos bist?” Ronnie schien die Gedanken ihrer Freundin zu erraten.
“Aber warum sollte er denn so etwas tun?”, fragte CeeCee flüsternd.
“Also das …”, Ronnie kaute auf der Unterlippe, “… ist eine wirklich beängstigende Frage.”
Als sie am nächsten Morgen Tim Kaffee nachschenkte, sagte sie: “Ich habe gestern ein Päckchen bekommen.”
“Ein Päckchen?” Er wirkte völlig ahnungslos. “Und was war drin?”
“Geld.” Sie stellte die Kaffeekanne ab und zog den Bestellblock hervor. “Tim, sag mir bitte die Wahrheit. Hast du es mir geschickt?”
“Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.” Seine blonden, in der Sonne glänzenden Locken verliehen ihm ein sanftes, engelhaftes Aussehen.
“Es waren fünftausend Dollar.”
Tim schien beeindruckt. “Damit könntest du ein paar Jahre studieren, oder?”
Sie knallte ihren Block auf den Tisch. “Es ist von dir?”
“CeeCee, ganz ruhig.” Tim lachte. “Wenn es von
mir
wäre, würde ich es dir nicht sagen, weil du dich dann verpflichtet fühlen würdest. Ich würde wollen, dass du das Geld auch behältst, wenn wir nicht mehr zusammen wären.
Wenn
ich es dir gegeben hätte, versteht sich.”
Wenn sie nicht mehr zusammen wären? Er betrachtete sie als Paar? Sie versuchte, nicht zu glücklich auszusehen.
“Langsam werde ich sauer”, behauptete sie stattdessen. “Sag schon.”
“Sieh mal, CeeCee.” Er tätschelte ihren Arm. “Wer immer dir das Geld geschickt hat, hätte es nicht getan, wenn er es sich nicht leisten könnte, richtig? Du brauchst es, also freu dich einfach. Kannst mich heute Abend ja zum Essen einladen. Und den Rest bringst du so schnell wie möglich zur Bank.”
Sie aßen in einem marokkanischen Restaurant, in einem kleinen Raum, den sie ganz für sich allein hatten. Tim bestellte eine Flasche Wein, und wenn der Ober nicht hinschaute, trank sie aus seinem Glas. Das Geld war bald vergessen, CeeCee war gelöst und ein bisschen albern. Sie erzählten sich sämtliche Witze, die ihnen einfielen, und sangen Lieder vom
White Album
der Beatles, das sie in- und auswendig kannte, weil ihre Mutter die Beatles geliebt hatte. CeeCee erzählte Tim, wie sie mit fünf in Atlantic City auf einem Beatles-Konzert gewesen war, weil ihre Mutter keinen Babysitter hatte auftreiben können. Es war eines der traumatischsten Erlebnisse ihres jungen Lebens gewesen. Die Fans kreischten so laut, dass sie von der Musik nichts hören konnte, alle standen auf den Stühlen, während CeeCee, die Hände auf die Ohren gepresst, auf dem Boden hockte. Tim war trotz allem beeindruckt, denn er hatte die Beatles nie live gesehen.
Sie wollte die Rechnung begleichen, so hatten sie es schließlich besprochen, aber Tim lehnte ihr Angebot mit einer Handbewegung ab. Am liebsten hätte sie ihm gesagt, dass sie künftig kein Trinkgeld mehr von ihm nehmen und immer zahlen würde, wenn sie zusammen ausgingen, aber nachdem er nicht zugab, das Geld geschickt zu haben, konnte sie das schlecht tun.
Nach dem Essen fuhren sie zu dem Haus, das er sich mit seinem Bruder teilte, und da war sie sicher, dass er der Absender war. Das Haus – eine große herrschaftliche Villa, umgeben von gepflegtem Rasen und Buchsbaumhecken – befand sich in der teuersten Gegend von Chapel Hill, im historischen Kern. Bei ihrem Eintreten musste CeeCee ein Keuchen unterdrücken. Offenbar kümmerte sich jemand um den Garten, doch falls es hier auch eine Haushälterin gab, so hatte sie seit langem nichts mehr getan. Kleider,
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