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Das geheime Leben der CeeCee Wilkes

Das geheime Leben der CeeCee Wilkes

Titel: Das geheime Leben der CeeCee Wilkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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Sozialarbeitern immer, sie würden es vermissen, dass ich künftig nicht mehr allen hinterherräume.”
    “Ich würde viel mehr vermissen.” Tim setzte sich auf seinen Schreibtischstuhl.
    Sie küsste ihn aufs Haar. Es war unvorstellbar, dass sie noch vor vierundzwanzig Stunden geglaubt hatte, die Beziehung wäre vorbei. Und jetzt fühlte sie sich so wohl, als ob sie schon jahrelang zusammen wären. Sie wünschte nur, dass noch viele gemeinsame Jahre vor ihnen lagen.
    Sie begann mit seinen Kleidern. Die Dreckwäsche stopfte sie in einen überquellenden Korb, die andere legte sie zusammen oder hängte sie säuberlich auf Bügel. Dann kümmerte sie sich um seine Regale, arbeitete im Rhythmus zum Klappern der Schreibmaschine.
    Nach etwa einer Stunde schob er seinen Stuhl zurück und blickte auf sie hinunter. Sie hockte im Schneidersitz auf dem Boden, umgeben von Bücherstapeln.
    “Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll”, sagte sie. “Und was ist das hier?” Sie hielt einige Papiere in die Höhe. Auf der ersten Seite war ein Mann gemalt, dessen Kopf auf einem Holzblock lag, während der Scharfrichter mit erhobener Axt neben ihm stand. Das Bild ließ sie erschauern. In großen Buchstaben hatte jemand mit der Hand SCAPE darüber geschrieben. “Was ist SCAPE?”, fragte sie.
    Tim starrte die Blätter lange an, als müsste er sich erst erinnern, woher er sie kannte. “Wenn ich dir jetzt etwas erzähle, kannst du es für dich behalten?”
    “Tim”, antwortete sie entrüstet. “Überleg dir mal, was ich dir alles erzählt habe.”
    Er wirkte noch immer unschlüssig. Dann stand er auf, streckte ihr die Hand hin, zog sie hoch und gemeinsam liefen sie über den Flur in ein riesiges Schlafzimmer, das früher wohl seinen Eltern gehört hatte. Es war angenehm, ein Zimmer zu sehen, das die beiden Brüder bisher noch nicht verwüstet hatten. In der Mitte stand ein Himmelbett, ein rotbrauner Perserteppich bedeckte fast den ganzen Boden.
    Tim setzte sich aufs Bett und nahm einen Bilderrahmen von dem Marmornachttisch. Auf dem Foto waren drei Teenager zu sehen, zwei Jungen und ein Mädchen, alle drei grinsten fröhlich in die Kamera. Der Junge links war Tim. Seine blonden Locken waren länger und wilder als jetzt, und sein Lächeln unterschied sich ebenfalls von seinem heutigen. Damals war es offener. Noch nicht durch Zeit und Erfahrung matt geworden.
    “Das bist du”, sagte CeeCee.
    “Richtig.” Tim deutete auf den anderen Jungen. “Und das ist Marty.”
    Der grinsende junge Marty wirkte sauber und adrett wie ein junger Soldat. “Ihn hätte ich nicht erkannt.”
    “Da war er gerade achtzehn. Die Woche drauf musste er nach Vietnam. Andie …”, Tim zeigte auf das Mädchen, “… und ich waren fünfzehn.”
    “Sie ist deine … ist das deine Schwester?”, fragte CeeCee.
    Zum ersten Mal, seit sie ihn nach SCAPE gefragt hatte, lächelte er wieder. “Meine Zwillingsschwester.” Mit einem Finger strich er behutsam über das Glas. Seine Stimme war voller Liebe. “Und hier kommt SCAPE ins Spiel.”
    “Das verstehe ich nicht.”
    Tim seufzte tief. “Vor ein paar Jahren wurde Andie wegen Mordes verhaftet.”
    CeeCee schnappte nach Luft. “Mord? Hat sie es getan?”
    Tim antwortete eher ausweichend. “Als letzten Sommer endlich der Prozess war, kamen die Geschworenen zu dem Schluss, dass sie es getan hat.”
    Jetzt begriff CeeCee auch, warum er sich so sehr für Haftbedingungen interessierte. “Und worauf begründeten sie ihren Entschluss?”
    “Weil sie meine Schwester nicht kannten. Andie konnte keiner Fliege was zuleide tun. Und außerdem … Marty hat alles vermasselt. Ich mache ihm keine Vorwürfe deswegen, aber er fühlt sich noch immer beschissen.”
    “Was hat er getan?”
    Tim starrte auf das Foto. “Es war so. Ein Fotograf sollte Bilder von unserem Haus machen, für die Zeitschrift
Southern Living Classics.
Kennst du sie?”
    Sie nickte, obwohl sie noch nie davon gehört hatte.
    “Meine Eltern waren in Europa”, fuhr Tim fort. “Der Typ wollte nur das Grundstück und das Haus von außen fotografieren und den Rest, wenn meine Eltern wieder zurück waren. Andie war zu Hause, lernte aber gerade in ihrem Zimmer. Wir waren beide im zweiten Studienjahr in Carolina. Sie – wir – waren gerade mal neunzehn. Wie auch immer, sie sagte, sie hätte nicht mal gewusst, dass der Typ zum Fotografieren gekommen war, und am nächsten Tag fand ihn eine Nachbarin tot in unserem Garten. Er war mit über zwölf

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