Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
verkündet werden?
Sie stand auf, lief in den Garten und fand Jack auf der Bank, den Kopf in den Händen vergraben.
Als er sie hörte, sah er auf. “Ich kenne dich nicht”, sagte er. “Ich habe dich nie gekannt.”
“Doch, du kennst mich.” Sie setzte sich neben ihn. “Du kennst mich besser als irgendein Mensch auf der Welt. Du kennst die Person, die ich seit fast dreißig Jahren bin. Eve Bailey. Die Person, die ich geworden bin.”
“Wie konntest du …” Er schüttelte den Kopf. “Wie konntest du sie behalten? Warum hast du nicht dafür gesorgt, dass Russell zumindest seine Tochter bekam?”
“Ich habe es versucht. Die Leute von SCAPE verhalfen mir zu einer neuen Identität, und Cory auch. Und dann gaben sie mir Marians Adresse und …”
“Marian?” Er wirkte überrascht.
“Sie gehörte auch zu SCAPE, wegen der Hinrichtung ihres Mannes.”
“Ich kann mir nicht vorstellen, dass Marian dir erlaubt hätte …”
“Marian hatte keine Ahnung, sie wusste nur, dass ich einen sicheren Ort brauchte. Sie wollte nicht mehr wissen. Auf dem Weg zu ihr versuchte ich das Baby in Raleigh beim Haus der Russells abzulegen, aber das ganze Anwesen wurde bewacht. Dann wollte ich sie in einen Streifenwagen legen, aber die Alarmanlage ging los. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Jack, bitte, versteh doch! Ich war noch ein Kind. Als ich bei Marian ankam, ging sie davon aus, dass Cory mein Kind ist. Und inzwischen liebte ich sie auch über alles. Cory. Ich hielt es für meine Pflicht, mich um sie zu kümmern. So wie es Genevieve getan hätte. Alles dafür zu tun, dass es ihr gut geht.”
Jack schüttelte langsam den Kopf. “Das ist total krank.”
“Ich weiß, dass es so klingt, und ich weiß, dass ich dir zu viel auf einmal zumute. Es muss grauenhaft für dich sein. Schlimmer als grauenhaft. Ich habe diese Dinge aber getan und ich kann sie nicht mehr rückgängig machen.” Als sie auf die Uhr sah, bemerkte sie, dass ihr ganzer Arm zitterte.
“Ich kenne dich nicht”, sagte Jack wieder. “Die Frau, die ich kenne, hätte nie im Leben das Baby einer anderen Frau behalten.”
“Ich war noch keine
Frau.”
Sie begann wieder zu weinen, oder vielleicht hatte sie ja auch gar nicht aufgehört. “Ich war ein Mädchen. Aber ich erzähle das alles nicht, um mich herauszureden.”
“Aber warum erzählst du es mir dann?”
“Weil … weil Tim mich nicht verraten hat. Verstehst du?” Sie griff nach Jacks Hand. Sie fühlte sich hart und kalt an wie ein Stein. “Tim war nicht einmal in der Nähe, als Genevieve starb.” Sie wollte, dass er sie verstand. “Ich war allein mit ihr. Ich bin die Einzige, die weiß, dass er sie nicht getötet hat. Er deckt mich. Besser gesagt CeeCee.”
“Ich will diesen Namen nicht hören!” Jack zog seine Hand zurück. “Ich kenne diese Person nicht.”
“Aber das bin ich. Das
war
ich. Und Tim weiß, dass er den Namen nur zu erwähnen bräuchte, damit eine Großfahndung nach mir beginnt. Und die würde direkt hierher zu uns führen.” Sie erschauerte. “Darauf habe ich die ganze Zeit gewartet. Deswegen habe ich mich in letzter Zeit so merkwürdig benommen. Es ist keine Depression, Jack, ich habe Angst und fühle mich schuldig und schäme mich meiner selbst. Deswegen klebte ich die ganze Zeit am Fernseher. Ich wartete darauf, dass Tim mich erwähnte, doch er sagte keinen Ton. Er opfert sich für mich. Für CeeCee. Und heute wird er vermutlich zum Tode verurteilt für einen Mord, den er nicht begangen hat.”
“Worauf willst du hinaus?”
“Ich muss die Wahrheit sagen. Ich muss …”
“Oh nein. Das musst du ganz und gar nicht.” Jack schüttelte wieder heftig den Kopf.
“Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich kann ihn nicht für etwas bezahlen lassen, das er nicht getan hat.”
“Warum nicht, verfluchte Scheiße?”
Noch nie hatte sie Jack so etwas sagen hören.
“Er
ist doch der Verbrecher.” Er gestikulierte wild. “Wenn er in der Hütte gewesen wäre, hätte er sie vermutlich wirklich umgebracht.”
“Das glaube ich nicht. Und er
war
nicht da. Sondern ich. Ich weiß, was geschehen ist. Er hat sich schuldig gemacht, aber nicht des Mordes.”
“Nur damit ich dich richtig verstehe. Du willst dein Leben zerstören – denn das wird passieren, Eve, daran besteht kein Zweifel. Deine Karriere wird beendet sein. Meine vielleicht auch. Das also willst du tun, und mich zugleich mit in den Dreck ziehen. Und Dru. Und, das Schlimmste, du willst Cory den Boden
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