Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
Schreibtischplatte. “Sieh mal, ich gebe ja zu, dass ich einen Fehler gemacht habe. Und ich werde es wieder gutmachen. Ich werde mich von Felicia scheiden lassen. Ich weiß nicht, wie lange das dauert, aber in der Sekunde, in der die Scheidung durch ist, kann ich dich heiraten.”
“Ich möchte, dass du gehst”, sagte sie. Diese Worte klangen in ihren eigenen Ohren so fremd. Sie konnte kaum fassen, dass sie aus ihrem Mund kamen. Und Ken offenbar auch nicht.
“Wie bitte?”, fragte er.
“Du hast mich schon verstanden.”
“Du kannst mich nicht rauswerfen. Das ist auch mein Haus.”
“Ist mir egal. Du kannst jetzt nicht hierbleiben, denn die Chancen stehen nicht schlecht, dass ich dich sonst umbringe.”
Er wich zurück. “Ich liebe dich”, sagte er. “Bitte heirate mich. Ich möchte, dass du meine Frau wirst.”
“Nach einem solchen Antrag habe ich mich all die Jahre gesehnt.” Sie warf einen Stift nach ihm. “Heirate mich, Liebling, sobald ich mich von meiner Frau habe scheiden lassen. Du Scheißkerl.” Sie suchte nach etwas Größerem und Gefährlicherem, das sie auf ihn schleudern konnte.
“Du bist auf deine Mutter wütend, nicht auf mich”, versuchte er sie zu beschwichtigen. “Lass deine Wut nicht an mir aus.”
“Ach, halt die Klappe.”
“Du kommst ohne mich doch gar nicht zurecht.” Ken hob den Stift auf. “Du kannst ohne mich ja nicht mal in einen Supermarkt gehen. Du brauchst mich, Cor.”
Sie presste die Hände auf die Ohren. “Raus aus diesem Haus!”, schrie sie. Und es fühlte sich so gut an, zu schreien! Sie hätte am liebsten gebrüllt.
“Möchtest du mich nicht hier haben, wenn deine Mutter auftaucht?” Er folgte ihr ins Wohnzimmer.
“Nein!”
“Du hast wohl vergessen, was ich alles für dich getan habe! Wenn ich nicht gewesen wäre, könntest du ja nicht mal aus dem Haus gehen. Bevor du mich getroffen hast, hattest du doch Angst vor deinem eigenen Schatten.”
“Ach, das alles habe ich nur dir zu verdanken, ja?”, rief sie. “Aber ich war diejenige, die durch die Tür gehen musste. Ich bin diejenige, die heute über die Autobahn gefahren ist. Ich bin diejenige, die in den Fahrstuhl steigen muss. Während du ja nicht mal in der Lage bist, Felicia um die Scheidung zu bitten.”
Sie sank aufs Sofa, mit einem Mal zu erschöpft, um überhaupt stehen zu können. “Liebst du sie noch?”
Er fuhr sich mit den Händen durchs Haar. “Überhaupt nicht”, sagte er. “Im Grunde hasse ich sie eher. Sie hat mir einen Strick um den Hals gelegt und …”
“Du bist so erbärmlich”, stöhnte Cory auf. “Gib ihr nicht die Schuld. Du kannst deine eigenen Entscheidungen treffen. Und jetzt verschwinde.”
Er zögerte und sie glaubte schon, er wollte weiter diskutieren. Doch er gab nach. “Gut. Du kannst mich auf dem Handy erreichen, wenn du mich brauchst. Ich weiß, wie durcheinander du jetzt bist, und ich mache dir keinen Vorwurf. Aber schütte das Kind nicht mit dem Bad aus.”
Sie warf ihm einen langen, bösen Blick zu. “Das Kind werde ich nicht ausschütten, egal, was passiert.” Sie fühlte sich auf einmal sehr stark.
Ken verließ das Zimmer. Sie hörte, wie er im Schlafzimmer ein paar Sachen packte, während sie eisern weiter im Internet surfte. Es stimmte ja. Sie kam ohne ihn nicht zurecht. Sie fürchtete sich davor, dass er wirklich gehen könnte. Das Schloss an der Hintertür war kaputt. Und die Schmutzwasserpumpe funktionierte auch nicht mehr richtig. Sie saß starr vor ihrem Computer und wagte kaum zu atmen.
56. KAPITEL
Ü ber eine Stunde lang verharrte sie so vor ihrem Computer und stand nur einmal kurz auf, um die Türen zu verriegeln und die Fenster zu schließen.
Was war nur aus ihrem Leben geworden? Innerhalb weniger Stunden hatte sie sowohl die Familie verloren, zu der sie glaubte zu gehören, wie auch den Mann, den sie heiraten wollte. Sie starrte das Foto von Genevieve Russell an, die so lebendig und glücklich wirkte. Warum hatte ihre Mutter diese schöne Frau einfach so sterben lassen? Warum hatte sie keine Hilfe geholt?
Mit flauem Magen wartete sie darauf, dass es an der Tür klingelte und sie der Frau gegenübertreten musste, die für den Tod ihrer richtigen Mutter verantwortlich war. Die Frau, die sie mit ihrer übergroßen Vorsicht fast erstickt und sie wieder und wieder belogen hatte.
Sie hörte Autotüren schlagen, lief zur Tür, riss sie auf, wandte ihren Eltern den Rücken zu und setzte sich mit verschränkten Armen im
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