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Das geheime Leben der CeeCee Wilkes

Das geheime Leben der CeeCee Wilkes

Titel: Das geheime Leben der CeeCee Wilkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Chamberlain
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Mom”, murrte sie. “Du kennst mich nicht besonders gut, wenn du glaubst, dass ich das kann.”
    Erst gegen neunzehn Uhr kam Eve dazu, die Sonntagszeitung zu lesen. Cory saß tief über ihre Hausaufgaben gebeugt am Wohnzimmertisch, während Jack Dru in ihrem Zimmer eine Geschichte vorlas. Eve machte sich eine Tasse Tee, setzte sich in den Schaukelstuhl neben dem Kamin und legte die Beine auf ein Fußkissen.
    Das Titelbild des Magazinteils erregte ihre Aufmerksamkeit. Ein steif wirkender Mann auf einem Pferd war zu sehen, daneben ein rotblonder Teenager. Die Überschrift lautete:
Zuhause beim ehemaligen Gouverneur von North Carolina, Irving Russell.
Eve starrte eine volle Minute die Worte an, bevor sie den Blick wieder auf das Foto richtete. All ihre Vorstellungen, wie ähnlich Cory ihrer Mutter Genevieve sah, wurden bestätigt. Vor ihr lag der Beweis, das Bild eines jungen Mädchens, das sie sowohl an Cory wie auch an Genevieve erinnerte. Lange, schmale Glieder. Die kleine, kecke Nase und die helle Haut. Lockiges Haar, wenn auch deutlich blonder als das von Cory. Sie musste vierzehn sein. Vivian. Oder Vivie, wie Genevieve sie genannt hatte. Sie schlug das Magazin auf und las den Artikel.
    Russell war inzwischen der Vorstand einer Stiftung in North Virginia und hatte erst vor Kurzem ein Grundstück außerhalb von Charlottesville gekauft. Sie las den Satz ein zweites Mal. Er kam ihr so irreal vor. Ein grausamer Scherz.
Oh Gott, bitte, unsere Wege dürfen sich nicht kreuzen.
Sie betrachtete die Fotos und erkannte mit Erleichterung, dass die Wahrscheinlichkeit gering war. Russell und seine Tochter schwammen im Geld. Sie lebten in einem riesigen Haus mit einem umlaufenden Säulengang davor. Auf dem Grundstück gab es eigene Stallungen. Genevieve wurde kurz erwähnt: Die 1977 gekidnappte schwangere Frau war nie gefunden worden. Russell hatte nicht wieder geheiratet, sondern sich ganz und gar der Erziehung seiner Tochter gewidmet.
    Es gab noch ein weiteres Foto von Vivian, auf dem sie kopfüber mit den Beinen an einem Ast baumelte, ihre langen Finger berührten das Gras darunter.
    Eve sank in dem Schaukelstuhl zusammen. Sie betrachtete das lebhafte blonde Mädchen – Vivian war der perfekte Name für sie – und dann Cory, wie sie am Tisch kauerte. Sie hatte die nackten Füße auf einen der alten, nicht zusammenpassenden Stühle gelegt und trug von Shan geerbte Kleider – ein ausgewaschenes blaues T-Shirt und ausgebeulte Baumwollshorts. Sie knabberte an den Nägeln ihrer linken Hand. Morgen musste sie ihren Klassenkameraden gegenübertreten, die sich allesamt über sie lustig machen würden. Nie zuvor hatte Eve die Schwere ihrer Schuld so sehr gespürt wie in diesem Moment. Cory hätte ein ganz anderes Leben führen können. Nicht nur das Leben eines reichen Mädchens, sondern ein Leben voller Unbekümmertheit und Selbstbewusstsein, wie ihre Schwester. Man konnte Vivian beinahe kichern hören, wie sie da an dem Ast hing. Etwas, was Cory äußerst selten tat.
    Sie hatte einen angsterfüllten Menschen erschaffen. Die Schönheit hatte Cory von Genevieve. Für ihren scharfen Verstand waren vielleicht beide Eltern verantwortlich. Aber dass Cory so ängstlich war, musste sich Eve ganz allein zuschreiben, und sie wusste nicht, wie sie daran etwas ändern konnte.

34. KAPITEL
    1 988
    “Was ist ein Milchmann?”, fragte Cory, als Eve sie von der Schule abholte.
    “Nun”, begann Eve und blickte über die Schulter, um auszuparken, “früher, also noch vor meiner Geburt, wurde die Milch zu den Leuten nach Hause geliefert. Manchmal auch Eier, glaube ich. Und Hüttenkäse.”
    “Oh.”
    “Warum fragst du?”
    “Caitlin sagte, mein Vater müsse der Milchmann gewesen sein, weil ich ganz anders aussehe als alle anderen in der Familie.”
    Eve verfluchte im Stillen Caitlins Mutter, eine Frau, die zu viel Zeit damit verbrachte, ihre Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken.
    “Das war gemein von ihr”, murmelte Eve.
    “Bin ich adoptiert, Mom?”
    Eve betrachtete das Gesicht ihrer Tochter mit den großen, ernsten Augen.
    “Kannst du dich erinnern, wie wir einmal darüber gesprochen haben, als du viel kleiner warst? Du bist meine Tochter, und als Daddy und ich geheiratet haben, hat er dich adoptiert.”
    “Und … sehe ich wie mein wirklicher Vater aus?”
    “Ja. Du siehst wie dein biologischer Vater aus.” Beinahe hätte sie hinzugefügt, dass er rotes Haar und helle Haut gehabt hätte, wollte die Lüge aber nicht

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