Das geheime Leben der CeeCee Wilkes
weiter ausschmücken als unbedingt notwendig.
“Was heißt das? Biologisch?”
“Der Mann, dessen Sperma die Eizelle befruchtet hat, ist der biologische Vater.”
“Oh. Du hast gesagt, er ist gestorben. Nicht wahr? Bei einem Unfall?”
“Das stimmt.”
“Wart ihr verheiratet?”
Ach je.
“Nein, Liebling, waren wir nicht. Ich war sehr jung damals.” Sie hatte Cory von den Bienen und Blumen erzählt, war sich aber nicht sicher, wie viel sie wirklich begriffen hatte.
“Hat er mich je gesehen?”
“Nein, er ist gestorben, bevor er dich sehen konnte.”
“War er nett?”
“Ja, er war nett. Aber er war auch ziemlich wild. Er fuhr Motorrad, und dabei kam er auch ums Leben. Bei einem Motorradunfall.”
“Ich wünschte, ich hätte ihn kennengelernt.” Tiefe Trauer lag in Corys Stimme.
Eve strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. “Er hätte dich sehr geliebt.”
Mit fast elf war Cory ungefähr so alt wie Eve, als sie ihre Mutter verloren hatte. Plötzlich tat ihr das kleine Mädchen, das sie selbst einmal gewesen war, leid. Wie schrecklich, sich Cory ohne Eltern und ganz allein vorzustellen. War sie für Cory eine ebenso gute Mutter, wie es ihre eigene gewesen war? Sie bezweifelte es. Ihr Herz zog sich sehnsüchtig zusammen, als sie sich an die wunderbaren Briefe ihrer Mutter erinnerte. Was für eine Kraft sie gehabt hatte! Und die arme Ronnie. Was hatte sie wohl mit den Briefen angestellt?
“Wie war sein Name?”, fragte Cory.
“Patrick Smith.” Den Namen hatte Eve sich schon vor Langem ausgedacht. Smith war klug gewählt, so üblich, dass man ihn nicht zurückverfolgen konnte.
“Warum ist er mit dem doofen Motorrad gefahren?”
“Er war jung, und junge Männer tun oft riskante Dinge.”
Cory schwieg einen Moment. “Also hast du mit ihm geschlafen, bevor ihr verheiratet wart?”
“Ja. Und das war wirklich dumm von mir. Ich hoffe, dass du so etwas nie tun wirst. Andererseits hätte ich dich dann jetzt nicht, und das kann ich mir einfach nicht vorstellen.”
Sie lächelten einander an.
“Daddy ist Drus richtiger Vater, nicht wahr?”
“Er ist auch
dein
richtiger Vater, Liebling. Er hat dich adoptiert, und das macht ihn zu deinem richtigen Vater.”
“Aber nicht zu meinem
biologischen
Vater.”
“Da hast du Recht. Aber ich hoffe, du weißt, dass er dich genauso sehr liebt wie ein richtiger Vater.”
Eve wartete auf eine weitere Frage.
Doch Cory seufzte nur laut. “Ich bin wirklich froh, dass Dru einen richtigen Vater hat. Sonst wäre sie bestimmt ganz schön traurig.”
“Bist du sehr traurig, Liebling?”
“Nein. Aber Dru ist noch so klein, für sie wäre es schlimmer als für mich.”
Eve musste auf dem Seitenstreifen anhalten, so übermächtig war ihr Bedürfnis, ihre Tochter in den Arm zu nehmen.
“Was machst du da?” Cory entzog sich der unerwarteten Umarmung. “Für was war das denn?”
“Du bist ein gutes Mädchen”, erklärte Eve. “Du bist eine tolle große Schwester und Dru hat Glück, dich zu haben.” Sie lehnte sich wieder zurück. “Und ich auch.”
35. KAPITEL
1 991
Ende August waren Eve und Jack endlich in der Lage, ihr erstes Haus zu kaufen, einen malerischen kleinen Bungalow in der Nähe der Universität. Zwar lag er an einer viel befahrenen Straße, hatte aber einen kleinen hübschen Garten. Jack verlegte Pflastersteine von der Hintertür bis zu einer Bank unter einer Magnolie, und so schufen sie sich ein kleines Paradies – ein schöner Ausgleich zum täglichen Durcheinander in der Universität.
Sie gingen jeden Tag zu Fuß zur Arbeit, Eve hatte inzwischen eine Stelle als psychologische Beraterin an der Universität, während Jack nach wie vor Schauspiel unterrichtete. Es machte Eve nervös, wenn kein Auto in der Nähe war, schließlich könnte ja eine ihrer Töchter jederzeit Hilfe benötigen. Andererseits war es schön, den Weg mit Jack zu gehen, die Bewegung tat ihr gut, wenn auch ihre Füße immer mal wieder schmerzten, so wie nachts, wenn sie aufstehen musste.
In der ersten Nacht im neuen Haus gab es ein heftiges Gewitter. Eve lag im Bett und betrachtete das ungewohnte Schlafzimmer, das von Blitzen erhellt wurde. Es überraschte sie nicht, als Dru sich plötzlich hereinschlich.
“Darf ich bei dir und Daddy schlafen?”
Dru war sechs und ein unerschrockenes Mädchen, hatte aber zum ersten Mal ein eigenes Zimmer. Das war offenbar bei dem Gewitter selbst für sie beängstigend.
“Natürlich”, antwortete Eve. “Spring
Weitere Kostenlose Bücher