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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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Stadt.«
    »Haben Sie sie gekannt?«
    »Gewissermaßen.«
    »Wie das?«
    Das überfallartige Tempo seiner Fragen begann mich zu irritieren, und ich versuchte, ihn zu bremsen. »Nun, ich hatte mich bemüht, der Familie in einer häuslichen Angelegenheit zu helfen. Auf Wunsch ihrer Eltern hatte ich ihr eine Stellung als Gouvernante verschafft.«
    »Wo?«
    »In Budapest.«

    »Ja, ja, das kann ich mir denken«, versetzte er ungeduldig. »Aber wo in Budapest, Graf?«
    »Bei einer französischen Diplomatenfamilie. Monsieur wurde unerwartet nach Paris zurückberufen, und die Familie ist mit ihm zusammen abgereist.«
    »Aber das Mädchen hat ihren Eltern erzählt, es sei nur zu Besuch heimgekommen.«
    »Ah«, sagte ich mit soviel Zweideutigkeit, wie man in eine einzige Silbe legen kann. »Nur zu Besuch?«
    Seine Nasenflügel zuckten vor Erregung. »Ein zweites Indiz!« erklärte er.
    Offensichtlich unterzog er den neuen Hinweis sogleich einer genauesten Prüfung, doch nach der Art und Weise zu schließen, wie er den Kopf in den Nacken legte, die Nase in die Luft streckte und die Äuglein hurtig hin und her wandern ließ, hätte er auch ebensogut im Wind nach einer frischen Fährte schnuppern können. »Sehr eigenartig. Sehr eigenartig«, murmelte er vor sich hin. »Sehen Sie, Graf, ihre Mutter hat auf der Kommode des Mädchens nämlich eine Rückfahrkarte dritter Klasse nach Budapest gefunden.«
    »Was darauf hindeutet, daß sie vorhatte zurückzufahren, obwohl es gar keine Stellung mehr gab.«
    » Eben!«
    »Und was folgern Sie daraus?«
    »Ich bitte Sie, Graf, das versteht sich doch von selbst!«
    »Ich fürchte, da komme ich nicht mit.«
    »Das besagt natürlich, daß sie jemanden in Budapest hatte, zu dem sie zurückwollte.«
    »Sie meinen...«
    »Wir sind doch Männer von Welt, nicht wahr?«
    »Ja, aber...«
    »In meiner Branche trifft man die ganze Zeit auf solche Dinge. Bedauerlich, aber nicht zu ändern. Man muß die Dinge nehmen, wie sie sind.«
    »Sie wollen andeuten, daß sie in irgendeine Affäre verwickelt war?«
    »Daß sie einen Liebhaber hatte? Ja.«
    »Aber sie wurde hier ermordet. Wie kann die Situation in Budapest da von Belang sein?«
    »Ist sie ja nicht.«
    »Da scheinen Sie sich aber ziemlich sicher zu sein.«
    »Wenn man so viele von diesen Fällen erlebt hat wie ich, dann erkennt man allmählich, welche Prinzipien einem Mord zugrunde liegen. Letzten Endes ist das Morden eine Krankheit wie jede andere. Sie waren doch einmal Arzt, glaube ich?«
    »In der Tat.«
    »Dann werden Sie es unschwer verstehen. Mord ist sozusagen eine Krankheit des Volkskörpers, ein Virus, der das Gemeinwesen befällt, mit der gleichen Symptomatik, die Ihnen von der Individualmedizin her vertraut ist. Und hier...«
    Er deutete auf den matschigen Boden, wo die geronnenen Blutklumpen sich mit der schwarzen Erde vermischten. »Indiz Nummer eins«, sagte er mit sichtlicher Befriedigung.
    »Ich glaube, ich begreife, worauf Sie hinauswollen«, begann ich. »Man könnte also die Theorie aufstellen...«
    »Was heißt hier Theorie! Beweise! Dies hier sind klare Tatsachen, die uns genausoviel über das Verbrechen sagen wie beispielsweise ein fleckiger Ausschlag über Masern.«
    »Nun gut, dann lassen Sie es mich so formulieren«, fuhr ich mit wahrer Engelsgeduld fort, denn immerhin verlief das Gespräch bisher äußerst günstig für mich. »Nach diesen Blutspuren zu schließen, dürfte der Mord irgendwann zwischen vier und sieben Uhr gestern abend verübt worden sein.«
    Ich dachte, ich hätte ihn mit meinem Scharfsinn verblüfft, aber Inspektor Kraus starrte mit ungläubiger Miene zu Boden.
    »Sagen wir, etwa eine Stunde vor bis eine Stunde nach Sonnenuntergang«, schlug ich vor. Ich fürchtete schon, ich hätte zu hoch gepokert, doch die Gelegenheit, mich dem braven Inspektor als eine Art Hilfsdetektiv anzudienen, mochte ich mir nicht entgehen lassen. »Leider sehe ich mich nicht in der Lage, die Tatzeit noch genauer einzugrenzen«, setzte ich bescheiden hinzu.
    »Ich meinte eigentlich die Fußabdrücke«, sagte Kraus.
    Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube sah ich noch einmal hin. Es waren tatsächlich zwei verwischte Abdrücke zu erkennen, doch sie konnten unmöglich von mir stammen. Sie waren klein und schmal – offensichtlich die einer Frau oder möglicherweise eines sehr schmächtigen Mannes.
    »Höchstwahrscheinlich von dem Opfer selbst, glauben Sie nicht?« schlug ich vor.
    »Unmöglich.«
    Ich fühlte mich zunehmend von

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