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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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auch.« Ich begann, mir lächerlich vorzukommen.
    »Also, jetzt mal ehrlich, László – erinnern Sie sich denn wirklich nicht mehr?
    Sie hatten doch eine Affäre mit ihr!«
    »So würde ich es nicht nennen.«
    »Beide hatten wir eine.«
    Der Stich dieser Wahrheit traf mich unerwartet, so frisch war der Schmerz noch nach all den Jahren. »Sie hätten sie in Ruhe lassen sollen«, sagte ich.
    »Und wäre Stacia dann heute noch am Leben? Ist es das, was Sie mir sagen wollen?«
    »Wohl kaum. Sie hatte Hunderte von Männern. Woher soll ich das wissen?«
    »Die Polizei hat jedenfalls geglaubt, Sie wüßten etwas von der Sache. Erst hielt man den geheimnisvollen ungarischen Grafen, mit dem Stacia geprahlt hatte, für eine Ausgeburt ihrer Phantasie. Schließlich war sie ja eine geisteskranke Patientin. Daher konzentrierte sich das Interesse zunächst auf mich. Höchst unbequem, da ich für den Abend kein anderes Alibi hatte als Stacia selbst. Also behauptete ich, den Abend mit Ihnen verbracht zu haben.
    Dann kam ein sehr hilfreicher Bursche des Weges, ein Kollege von Ihnen aus dem Salpêtrière, der Sie den Behörden gegenüber identifizierte. Damals sahen die Dinge nicht besonders gut für Sie aus, vor allem, da Sie nirgends aufzufinden waren. Aber ich war dankbar, daß Sie den Verdacht von mir abgelenkt hatten, und blieb steif und fest bei meiner Aussage, Sie hätten den Abend mit mir verbracht. Trotzdem ein ziemlicher Wirrwarr. Ich mußte den Botschafter bemühen, um zu bezeugen, daß ich ein unbescholtener Ehrenmann sei.«
    Er schien die Kugeln zu seiner Zufriedenheit ausgerichtet zu haben, die rote und die schwarze an dem einen Ende des Tischs dicht nebeneinander.
    »Haben Sie nicht etwas vergessen?« fragte er beiläufig, während er das Queue in Stellung brachte.
    Mit einem langen, kraftvollen Stoß schickte er die weiße Kugel den Tisch hinunter, so daß die rote und die schwarze krachend auseinanderschossen und in die gegenüberliegenden Löcher polterten.

    »Ich dachte, Sie hätten mich vielleicht fragen wollen, ob ich Stacia getötet habe«, sagte er.
    »Warum sollte ich?« Es gelang mir, belustigt aufzulachen. »Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen.«
    »Aber warum sind Sie nicht auf die Idee gekommen?« Er zwinkerte mir vielsagend zu.
    »Weil Sie ein Ehrenmann sind.«
    Lothar lachte laut heraus. »Sie wissen genau, daß ich kein Ehrenmann bin.«
    »Weil ich weiß, daß Sie so etwas nie tun würden.«
    Er zuckte die Achseln, als sei die Sache keiner weiteren Diskussion wert.
    »Das ist nicht der Grund«, sagte er ruhig und mit einem wissenden Lächeln. Er warf mir einen kurzen, durchdringenden Blick zu.
    Und schon hatte er das Thema gewechselt. Lothar ist aalglatt. Sich jeglichem Zugriff zu entziehen, scheint ihm ein angeborener Reflex zu sein. Er wird mich nicht ausliefern, das nicht, aber für sein Schweigen wird er einen Preis nennen.

    6. APRIL 1888

    Heute morgen fand ich Elisabeth in ihrem Wohnzimmer beim Briefeschreiben.
    Ich habe sie dort selten gestört, und ich klopfte an, obwohl die Tür offenstand.
    »Hast du einen Augenblick Zeit?« fragte ich.
    Sie bat mich herein, und ich schloß die Tür hinter mir, damit wir privat reden konnten, ohne von den Dienstboten belauscht zu werden.
    »Wie ich hörte, ist Inspektor Kraus mit deiner Erlaubnis auf das Schloß gekommen, um das Personal zu befragen?« fragte ich.
    »Ich hoffe, das ist in Ordnung?«
    »Ich denke ja.«
    »Du warst mit Lothar aus, als er ankam, und ich wollte ihn nicht unnötig warten lassen. Deshalb sagte ich ihm, er solle ruhig schon anfangen.«
    »Nun, vermutlich wird er ja auch keinen Schaden anrichten.«
    »Wir haben nichts zu verbergen«, sagte Elisabeth mit einem Eifer, der mich nervös machte.
    Meinte sie damit, daß keiner im Schloß etwas von den Fragen des Inspektors zu befürchten habe? Oder daß in meinem speziellen Fall ohnehin nichts mehr zu machen sei?
    Auf jeden Fall aber wollte ich vermeiden, daß Theissen mit seinem gefährlichen Riecher für alles Abartige davon Wind bekam, und so war ich vor allem bestrebt, den Inspektor abzupassen, bevor er mit unseren Gästen zusammentraf.
    Ich holte Kraus in der Bibliothek ein. Er hatte Brod in einem Sessel Platz nehmen lassen, und die Art und Weise, wie er sich über ihn beugte, schien ganz darauf ausgerichtet, den Mann unter Druck zu setzen. Brod sah bereits recht unbehaglich drein. Mir fiel auf, daß ich ihn noch niemals in sitzender Haltung gesehen hatte, und ihm muß es

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