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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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sind tiefe Fleisch wunden, aber Sie wissen nicht, wie sie da hingekommen sind?«

    Sie starrte düster auf ihre Arme, die von den langen Ärmeln ihres Kleides bedeckt waren. »Nein«, sagte sie schließlich.
    »Sind Sie nicht wenigstens neugierig?«
    »Es muß passiert sein, als ich geschlafen habe.«
    »Haben Sie die Wunden nicht gesehen?«
    »Ich habe sie gesehen, als sie verbunden wurden.«
    »Sind es Verletzungen, bei denen ein Mensch weitergeschlafen haben könnte?«
    Aber Stacia schien mit ihren Gedanken sehr weit weg zu sein und reagierte nicht. »Na schön«, sagte Charcot. Er nickte Madame Verdun zu, die nach vorn kam und vorsichtig zuerst den einen und dann den anderen Ärmel von Stacias Kleid hochrollte.
    Es war kein schöner Anblick, und ich fühlte, wie Nicole zusammenzuckte. Ich selbst war über das Ausmaß der Verletzungen, die Stacia sich zugefügt hatte, erschrocken. Sie mußte in wilder Raserei mit dem Skalpell auf ihre Unterarme eingestochen haben, denn diese waren mit einem halben Dutzend langer, diagonal verlaufender Schnitte übersät. Wir saßen weit genug vorn, um die sauberen schwarzen Seidennähte entlang der Wunden erkennen zu können; Ducasse mußte Stunden gebraucht haben, um sie zu nähen. Charcot hatte recht: Es war die Gewalttätigkeit des Aktes, die ins Auge stach, sogar noch drei Tage später.
    Ich war so tief in diese Gedanken versunken, daß ich es zuerst gar nicht bemerkte, als sich Nicoles Hand unter dem Tisch heimlich zu mir stahl und sich um meine legte. Ich hätte nicht gedacht, daß sie die Kraft haben würde, so fest zuzudrücken. Ihr Blick war unverwandt auf Stacias nackte Arme gerichtet. Die Wunden zeugten von einer wahnsinnigen wilden Wut, die nicht die geringste Rücksicht auf das Fleisch nahm, auf den Körper als einer Behausung der Seele.
    War ich schuld an diesem Akt? Nicoles Hand hielt meine mit einer solchen Heftigkeit umklammert, daß ich mich nicht in mich zurückziehen konnte.
    »Vor wieviel Tagen ist das passiert, Stacia?« fragte Charcot.
    »Ich zähle nichts für einen Grafen.«
    Ich bin sicher, daß sie das gesagt hat. »Ich zähle nichts für einen Grafen.« Ich erwartete schon fast, daß Lothar boshaft in meine Richtung grinste. Hinter mir hörte ich Roland aufstehen, aber niemand schien etwas daran zu finden.
    »Es war vor drei Tagen«, sagte der Professor zu ihr. Stacia zuckte die Achseln. »Aber das scheint Sie nicht zu interessieren.«
    »Das kommt, weil ich nichts zähle.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht.« Charcot schien die Richtung, in die die Unterhaltung lief, nicht zu gefallen, und in seine Stimme schlich sich ein etwas gereizter Ton. Er war bemüht, wieder auf die Erinnerung zurückzukommen, weg von dem Ausdruck der Gefühle, die ihm nicht ins Konzept zu passen schienen. »Wenn ich Ihnen sagen würde, daß Sie sich diese Wunden selbst zugefügt haben, könnten Sie sich dann einen Grund denken, warum Sie es getan haben?«

    Stacia hob das Gesicht zur Decke. Sie hielt die Augen geschlossen, aber auf ihrem Gesicht erschien ein drohendes Lächeln, das mir einen Schauder über den Rücken jagte. »Weil ich nicht auf den Grafen zählen kann«, sagte sie.
    Für die meisten Anwesenden war das Ganze das Gestammel einer Irren. Der Meister selbst war sich nicht schlüssig, ob seine Vorführpatientin ihn hereinlegen wollte oder am Ende völlig aus dem Gleichgewicht geraten war.
    In dem Augenblick, als er noch zögerte, stand Stacia auf und streckte uns die nackten Unterarme entgegen.
    »Warum helfen Sie mir nicht?« flehte sie die stumme Menschenmenge an. Sie sah niemanden direkt an, aber ihre einfache Bitte richtete sich an die Herzen aller. Ich ließ vor Scham den Kopf sinken.
    Nicole hatte Tränen in den Augen, aber sie konnte ihren Blick nicht von Stacia lösen, deren pathetischer Aufruf den Raum verzaubert hatte. Die Stille zu brechen erschien wie ein Akt der Gewalt. Der Meister war es nicht gewöhnt, daß seine Versuchsobjekte, deren Rolle es war, die einzelnen Punkte seiner Theorien zu illustrieren, ihn dramatisch in den Schatten stellten, aber selbst er schien nicht geneigt zu sprechen. Mitfühlend nickte er langsam mit dem Kopf.
    »Wir werden sehen, was wir tun können«, sagte er ruhig.
    Seine Worte entließen die Zuhörer aus Stacias Zauberbann. Menschen, die noch vor einer Minute keinen Muskel gerührt hatten, rutschten jetzt erleichtert auf ihren Plätzen hin und her. Der Raum war wieder von dem leisen Raunen geflüsterter Unterhaltungen

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