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Das geheime Leben des László Graf Dracula

Das geheime Leben des László Graf Dracula

Titel: Das geheime Leben des László Graf Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roderick Anscombe
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erteilt zu bekommen.«
    »Trotzdem wissen Sie, daß es wahr ist.«
    »Ich weiß überhaupt nichts!«
    »Jeder Mann von Welt wird Ihnen das gleiche sagen.«
    »Ich bin kein Mann von Welt, wie ich behaupten darf.«
    »Sie besitzen nicht einmal so viel Erfahrung, um zu wissen, daß Sie das Durcheinander, das Sie verursacht haben, wieder aus der Welt schaffen müssen«, fuhr er mich an. Dann schüttelte er seinen Zorn ab und sprach in einem freundlicheren Ton weiter, so als würde er laut nachdenken. »Ich könnte helfen, wissen Sie. Das macht mir nichts aus. Ich bin sicher, daß sie nicht die ganze Zeit im Hôpital verbringt, nicht wahr? Vielleicht eine eigene Wohnung, ein Zuschuß zur Miete, vielleicht würde ihr das die Sache ein bißchen erleichtern.« Er legte eine Pause ein, um zu sehen, ob ich ihm Informationen liefern würde, aber ich mißtraute seinen Motiven und sagte nichts. »Aber vielleicht hat sie ja schon ein pied-à-terre«, überlegte er. »Wissen Sie das zufällig?«
    »Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Lassen Sie die Finger von ihr. Wenn Sie noch einmal in dieses Bordell gehen, suchen Sie sich eine andere aus.«
    »Zu meiner Enttäuschung ist sie nie mehr dortgewesen!«
    »Lassen Sie die Finger von ihr!«
    »Sie wollen sie ganz für sich allein haben?«
    »Darum geht es nicht.«
    »Es bringt nichts, bei einer Hure schwach zu werden.«
    »Ich habe meine Gründe.«
    »Natürlich. Jeder hat seine Gründe.«
    »Es sind gute Gründe. Glauben Sie mir.«
    »Ihnen glauben? Warum? Großer Gott, László, wissen Sie denn nicht, daß Aufrichtigkeit der älteste Trick im Buch ist? Sie können sich nicht mit mir messen, wissen Sie. Nicht, daß ich Ihnen die Schuld dafür gebe. Sie ist entzückend. Wie aus einem pikanten Gedicht. Sie haben sie an jenem Abend in dem Haus erkannt, aber Sie haben kein Wort gesagt. Sie haben die ganze Zeit gewußt, wer sie ist, aber Sie haben es für sich behalten. Sie ordinärer Kerl!«
    Er stieß mich spielerisch mit der Spitze seines Spazierstocks, aber mir war nicht nach Spaßen zumute.
    »Sie ist doch nicht verrückt, oder?« fragte Lothar ganz sachlich.
    »Natürlich nicht!«
    »Das gäbe der Sache einen besonderen Pfiff. Nicht, daß es wichtig wäre. Aber wie Sie ja wissen, habe ich eine Vorliebe für das etwas andere.«
    »Sie haben sie ja selbst gesehen.«
    »Aber völlig normal ist sie nicht, oder? Ein bißchen wie ein wildes Tier. Ein Einhorn. Jemand mit ungewöhnlichen Fähigkeiten. Veranlagungen.«
    Er ließ seinen Spazierstock zwischen Finger und Daumen hin und her pendeln, paßte auf, daß er sich genau in einem Bogen über seiner Schuhspitze bewegte. Ich starrte wie hypnotisiert darauf. Ich verstehe nicht, wieso dieses triviale Gehabe mir den unheimlichen Eindruck finsterer Obszönität vermittelte, aber ich weiß, daß es nur an Lothar gelegen haben kann.

    ABEND

    Allein in meinem Zimmer, warf ich mich auf mein Bett. Ich verspürte sofort den Wunsch, mich in Morpheus' Arme zu begeben, aber dann sprang ich doch auf und ging auf dem zerschlissenen Stück Teppich in der Mitte des kleinen Raums auf und ab. Ich fühlte mich wie im Fieber, beinahe verwirrt, wohl aus Mangel an Schlaf und ob der aufregenden Ereignisse, die mich während des ganzen Tages erschüttert hatten. In nicht einmal zwanzig Stunden war ich mit dem Anblick von Wahnsinn und Tod konfrontiert gewesen; Stacia, die ich mit dem Geld eines anderen Mannes grausam verführt habe, hat versucht, sich umzubringen, und mich in einer öffentlichen Versammlung um Hilfe gebeten. Und Nicole, das Ziel meiner romantischen Sehnsucht, hat mir unmißverständliche Zeichen der Ermutigung gegeben.
    Ich wühlte in den auf dem Tisch liegenden Papieren nach dem Zettel, auf dem Stacias Adresse steht. Hier auf diesen Platz werfe ich alles Geschäftliche, mit dem ich mich nicht zu beschäftigen gedenke, einschließlich der frevelhaften Rechnung des Schneiders. (Wie hoch die Dinge, die früher bedrohlich schienen, jetzt zu Bedeutungslosigkeit verblassen!) Als ich an diesem Abend nach Hause kam, teilte mir Madame Thébauld unterwürfig mit, daß ein Mann dagewesen wäre, der mich sehen wollte. Zweifellos war dieser Mann vom Schneider geschickt worden und wird seinem Meister nun berichten, daß der neue Kunde in einer Umgebung lebt, die nichts Gutes ahnen läßt. Im gleichen Papierstoß entdeckte ich einen Brief von Elisabeth, der gestern kam und den ich noch nicht einmal geöffnet hatte. Georg war zu den Fahnen gerufen worden, und man

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