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Das geheime Prinzip der Liebe

Das geheime Prinzip der Liebe

Titel: Das geheime Prinzip der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hélène Grémillon
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geantwortet, dass sie nichts mit meinem Kind gemacht hat, weil ich gar kein Kind hätte. Dass sie wirklich Mitleid mit mir hat und hofft, dass ich eines Tages eins haben werde, aber bis dahin solle ich aufhören, sie zu belästigen. Sie sagte, dass ich eine Verrückte bin, die man einsperren muss, die nur einen Gedanken im Kopf hat: ihre Tochter zu entführen. Dass ich jetzt besser gehen soll. Dass es besser für alle ist. Sie sagte ›für alle‹, und es klang so entschlossen, dass ich ihr gehorcht habe wie eine Marionette, deren Fäden sie in der Hand hält. Gegen meinen Willen habe ich das Haus verlassen.
    Ich begriff, dass diese Frau Louise eher töten würde, als sie zu verlieren. Ich bin ein paar Meter weit gegangen. Weg
von diesem Haus. Weg von ihren Blicken, falls sie mich aus dem Fenster beobachtete. Nur nicht provozieren. Sie sollte sich beruhigen. Ich bog um die nächste Straßenecke und setzte mich auf eine Bank, um meine Sinne zu sammeln.
    Plötzlich sah ich vor mir, genau vor meiner Nase, Soldaten mit schwarzen Stiefeln und grünen Handschuhen. Das war unmöglich! Sie konnten nicht da sein!
    Ich folgte ihnen und kam zu den Champs-Elysées. Es war so, als würde mein Albtraum weitergehen. Überall standen Panzer, Lastwagen und Mannschaftswagen. An den Straßenecken wurden Maschinengewehre aufgebaut. Reiter und Infanteristen verteilten sich in den Gassen.
    Das war doch nicht möglich! Die Zeitungen schrieben von schwächlichen, kranken, zerlumpten Soldaten. Das hier waren kräftige, stolze Burschen mit glänzenden Waffen und neuen Lederstiefeln. Aber ich erkannte die metallische Sprache mit dem schneidenden Klang. Die Deutschen waren da. Paris war besetzt! Und sie hatte es mir nicht gesagt.
    Ich starrte die Soldaten mit aufgerissenen Augen an. Sie fotografierten alles, wie absurde Touristen. Ich dachte, sie würden mich gefangen nehmen. Aber sie sahen mich gar nicht. Niemand sonst blickte ihnen ins Gesicht. Die wenigen Passanten eilten vorbei und starrten zu Boden. Wer weiß, warum ich nicht zusammengebrochen bin. Das Verlangen, umzukehren und Louise zu holen, erstickte mich.
    Ich ging bis zur Pont de la Concorde und über die Seine. Ein Dutzend Soldaten waren auf dem Dach des Palais Bourbon und brachten ein riesiges Transparent an, auf dem stand: ›Deutschland siegt an allen Fronten‹. Ich verstand damals nicht, was das hieß, es war auf jeden Fall nichts Gutes.

    Dann lief ich den Boulevard Saint-Germain entlang. Überall wurden Schilder auf Deutsch angebracht, Wegweiser. Soldaten kletterten wie Affen auf die Bäume und hängten Nazifahnen auf. Schwarz, weiß, rot. Bald flatterten überall riesige Hakenkreuze. Manche reichten von den Hausdächern bis auf den Boden. Man sah keine Fassaden mehr. Paris, die Stadt ohne Wände. Das Hakenkreuz kam mir vor wie ein Labyrinth, bei dem alle Ausgänge versperrt sind. In den Wohnungen pressten die Leute angstvoll die Nasen an die Fensterscheiben.
    Ich bewegte mich durch die Stadt wie eine kaputte Maschine. Boulevard Raspail. An den deutschen Autos hingen französische Käppis und Helme, finstere Trophäen. Dann kamen mir Gefangene entgegen. Ich habe mich nicht getraut, sie anzusehen, weil ich solche Angst hatte, jemanden zu erkennen. Die Sonne brannte. Ich hätte so gern die frische Luft genossen, aber ich wagte kaum zu atmen. Ich musste mich immer wieder hinsetzen, um mich auszuruhen. Über meinem Kopf kreisten Flugzeuge. Lautsprecherautos verkündeten, dass nach 20 Uhr jeder, der noch auf der Straße ist, erschossen wird.
    Rue des Plantes. Hier gab es auf einmal keine Schilder, keine Fahnen, keine deutsche Hektik mehr, sondern Leere, Stille. Niemand war auf den Straßen, die Fensterläden waren geschlossen. Hier hatten sie noch nicht ihr Territorium markiert, aber sie waren trotzdem da, wie Straßenköter. Rue de la Sablière. Rue Hippolyte-Maindron. 3. 14. 32. 46.
    Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, Albertos Atelier in der Rue Hippolyte-Maindron 46 zu finden. Vielleicht waren es immer noch die Marionettenfäden. Irgendwann hatte sie mir auf dem Stadtplan gezeigt, wo er wohnt. Ich hatte den Weg in Gedanken oft zurückgelegt. Jetzt gelangte
ich durch die Einfahrt auf den kleinen Hof. Ich wollte Alberto alles erzählen. Ich sagte mir, dass er mir glauben und mir helfen würde, Louise zurückzubekommen. Er würde Madame M. wieder zur Vernunft bringen, er kannte sie gut. Aber er war nicht da.
    Ich weiß nicht, wie lange ich vor seiner Tür gelegen und

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