Das geheime Verlangen der Sophie M.
Zwischenspiele der reine Blümchensex, und alle Versuche, etwas anderes daraus zu machen, endeten in einem Desaster. Einen Partner (Graham, Geografie) bat ich, mich zu schlagen, als wir bumsten, und ich sah, wie er mich vom Grauen gepackt anstarrte, noch bevor er mir ein paar halbherzige Klapse gab und dann mit dem Üblichen weitermachte. Er rief nie wieder an.
Oder als ich einen anderen möglichen Partner (Ian, Mathematik) auf eine Weise, von der ich hoffte, sie sei kokett, fragte,
ob er davon träumte, etwas besonders Perverses zu tun, wurde er ein bisschen rot und sagte, dass er sich vorstellte, mit mir Sex zu haben und dabei meine Kleider zu tragen. Ich glaube, ich habe es geschafft, mir meinen Horror nicht anmerken zu lassen – Gott allein weiß, dass ich genügend eigene seltsame Neigungen hatte, um nicht kleinlich auf die Vorlieben anderer zu reagieren. Aber komischerweise sahen wir uns nicht wieder.
Ryan fehlte mir sehr, es war so. Allerdings fand ich es leichter, auf den Holzstühlen des Auditoriums zu sitzen, nachdem er abgereist war.
3. KAPITEL
Mein Studentenleben ging in einem Wust aus Terminen zu Ende: Referate, Recherchen für meine Abschlussarbeit, und schließlich sauste viel zu schnell, aber dennoch unausweichlich die Lawine der Prüfungen auf mich nieder. Ich paukte verbissen, konzentrierte mich auf die jeweils nächste Prüfung, lernte Daten und Fakten auswendig, las wieder und wieder den Stoff durch, käute ihn auf endlosen A4-Blättern wieder und hoffte, so etwas wie einen Sinn daraus zu ziehen, bevor ich mir das nächste Thema vornahm und wiederholte. Drei Wochen nach dem Examen hatte ich so ziemlich alles, was ich je gelernt hatte, schon wieder vergessen. Meine Eltern wären entsetzt gewesen, mich störte es jedoch nicht so sehr. Das Wichtigste, was ich an der Uni gelernt hatte, war Vertrauen. Nicht unbedingt Selbstvertrauen – wer wollte schon ein solches Ego auf zwei Beinen sein? –, eher das Gefühl, ich könnte einigermaßen kühlen Kopfes und mit Humor mit allem fertigwerden, was das Leben mir entgegenschleuderte. Nun musste ich meinen Platz in der Welt finden. Ich wollte schreiben, aber ich war realistisch. Manche Leute versuchten jahrelang, Romanautor zu werden, und da ich die Geduld eines Geißeltierchens hatte und das Längste, was ich je zustande bekommen hätte, meine Abschlussarbeit war, beschloss ich, mir erst einmal einen Job zu suchen.
Gleich nach dem Studium zog ich wieder zu meinen Eltern und bewarb mich bei Arbeitsagenturen auf Verwaltungsposten
und Typistinnenstellen (ein praktischer Nebeneffekt meiner ganzen Schreiberei an der Uni war, dass ich richtig schnell tippen konnte). Eine Arbeitsberaterin zeigte mir, wie ich mit einem pedalbetriebenen Diktiergerät umgehen musste, und testete, wie schnell ich abtippen konnte, was ich hörte. Als ich – selbst mit meinem linkischen Zwei-Finger-System – den Test mit 350 Anschlägen pro Minute abschloss, war sie begeistert. Über die Monate vermittelte sie mich an verschiedene Arbeitsstellen. Ich tippte, machte die Ablage und war eben eine professionelle Bürohilfe. Dabei legte ich Geld zurück und überlegte mir meinen nächsten Schritt.
Es fühlte sich großartig an, wieder zurück in meinem Elternhaus zu sein – mit all den Sonntagsbraten und all dem Wirbel, den dies nach sich zog –, aber zu Weihnachten wusste ich, dass ich demnächst wieder ausziehen müsste. Ich hatte mich an meine Unabhängigkeit gewöhnt, und obwohl es bequem war, sich wieder in die häusliche Routine fallen zu lassen, fehlte es mir, eine eigene Wohnung zu haben, um zehn Uhr abends Getreideflocken zu essen, wenn mir danach war, oder um drei Uhr nachts zu baden, wenn ich aufwachte und nicht mehr einschlafen konnte. Zur gleichen Zeit empfand ich meinen Aushilfsjob als eine quälend dauerhafte Anstellung. Die Arbeit an sich machte mir nichts aus, aber irgendwann fürchtete ich, es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis mir das Gehirn aus den Ohren herauslaufen würde. Der Job war monoton, oft stumpfsinnig. Einmal verzweifelte ich fast, als ich in einem Büro gebeten wurde, einen Brief ins Reine zu schreiben, der nur als dummes Geschwätz bezeichnet werden konnte. Es müsste doch noch mehr geben als das! Ich musste mir darüber klar werden, was ich wollte, und bald damit beginnen. Und da mein Schwur, einen Roman zu schreiben, von langen Fahrten, Internetspielen und Kinobesuchen vereitelt
worden war, sollte meine neue Aufgabe
Weitere Kostenlose Bücher