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Das geheime Verlangen der Sophie M.

Das geheime Verlangen der Sophie M.

Titel: Das geheime Verlangen der Sophie M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Morgan
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Leben durch eine rosarote Brille?
    Bei einem Drink erzählte mir dann eine Freundin, dass sie zufällig über eine Chat- und Dating-Site für Perverse gestolpert sei. Sie äußerte sich nur vage dazu, und ich hütete mich natürlich, sie direkt danach zu fragen und dadurch mein Interesse zu verraten. Doch ich hatte genügend Informationen, um zu Hause dann ein bisschen zu googeln und die Site zu finden.
    Angeblich sind diese Sites heutzutage voller Schwindler, Seilschaften und Leuten, die bezahlt werden wollen. Viele Vorteile schien es nicht zu geben, aber wenn jemand darauf aus war, andere abzuzocken, dann sicherlich nicht mich, die ich frisch von der Uni kam und ein Praktikantengehalt bezog. Es kam mir vor wie eine ganz neue Welt voller Menschen, die einander kannten und eine Sprache sprachen, die ich nicht richtig verstand. Viele benutzten abgewandelte Schreibweisen der Personalpronomina: Der dominante Part wurde großgeschrieben, der unterwürfige immer klein, egal ob es am Anfang eines Satzes war oder bei dem englischen Pronomen »I«. Ich fand das läppisch und wurde mir schnell bewusst, dass Verbrechen gegen Orthografie und Grammatik eine Grenze waren, die ich nicht überschreiten wollte.
    Die Leute in den entsprechenden Foren sprachen über Partys, die sie besucht, Dinge, die sie gekauft, Praktiken, die sie ausgeübt hatten. Bei manchem wurde ich feucht, anderes verursachte mir Gänsehaut. Ich las Blogs über die Kunst des Japan-Bondage, über Andreaskreuze, Nadelungen, Ponygirls und tausend Sachen, mit denen ich noch nie zuvor zu tun gehabt hatte. Eine Zeit lang hielt ich mich still und unsicher in einer virtuellen
Ecke versteckt wie eine Feldmaus, die übers Wochenende zur Stadtmaus gefahren ist und diese in Latexkleidern und mit einer Peitsche in der Hand bei einer Rollenspielparty vorfindet. Es war surreal und doch berauschend. Gab es solche Leute wirklich? Taten sie all das, während sie ansonsten ihre Arbeit verrichteten, pünktlich ihre Steuern bezahlten und all die anderen Schwierigkeiten des Lebens meisterten? Das alles schien Lichtjahre von meinem Leben entfernt zu sein. Ich war neugierig geworden.
    Ich meldete mich an, legte mir ein Profil zu und erläuterte kurz, warum ich die Site besuchte  – ich wählte den vagen Begriff »Reinschnuppern«. Ich postete irgendein Bild ohne besondere Merkmale und fügte hinzu, dass ich Online-Freunde, möglicherweise auch eine Online-Beziehung suchte, konnte mir aber nicht vorstellen, im wirklichen Leben bald jemanden zu treffen. Wenn ich mich einloggte, sahen die anderen das, und ich bekam sofort Messages, manchmal auch ohne dass die Leute mein Profil gelesen oder sich um so obsolete Dinge wie Zeichensetzung gekümmert hätten.
    Biste geil dreckige Schlampe? Willste vorm Meister knien?
    »Nein, Du schreibst im billigen Jargon, und ich bin so eine Sprachfetischistin, dass ich mich Dir unter diesen Bedingungen wohl nicht unterwerfen kann. Sorry.«
    Denke, kann so ’ne Fotze wie dich brauchen. Komm nach Bournemouth, dann sehe ich, ob du die Forderungen erfüllst.
    »Erstens gefällt mir Bournemouth nicht. Zweitens, willst Du wirklich jemanden, von dem Du gar nichts weißt, in Dein
Haus einladen? Echt? Wenn das so ist, dann bist Du ziemlich bescheuert, und ich verzichte lieber. Trotzdem danke.«
    Bist du online? Lust auf Verbalsex?
    »… online, ja, aber nein, eher nicht. Danke.«
    Versteh mich nicht falsch  – man konnte intelligente, gebildete, interessante Leute treffen, aber die weitaus überwältigende Mehrheit war enttäuschend verrückt oder schonungslos. Mir gefiel zwar die Vorstellung, dass mich jemand schlug, ich fantasierte sogar, noch weiter zu gehen und mich verletzen zu lassen, aber ich finde es vernünftig, sich erst zu vergewissern, dass man es nicht mit einem Irren zu tun hat.
    Die eine oder andere Mail beantwortete ich, ohne sie gleich zu löschen, aber insgesamt war alles ein bisschen ernüchternd.
    Und dann begann ich, mit Mark zu chatten.
    Ich hatte ihn markiert, nachdem ich sein Profil gelesen hatte. Ich fand ihn interessant, aber es war schon spät, und ich war mir nicht sicher, ob ich ihm mailen sollte, nahm es mir aber für ein anderes Mal vor. Gründlicher dachte ich nicht darüber nach.
    Zumindest nicht, bis er mir schrieb:
    Nett, dass du mich als Favoriten markiert hast. Aber was soll das, wenn du zu schüchtern bist, um hallo zu sagen?
    Ich war beschämt, mir war nicht klar, dass man sehen konnte, wer einen markierte. In unseren

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