Das geheime Verlangen der Sophie M.
erste Nacht war schwierig gewesen, der Morgen danach der Beginn eines Tages voller Ablenkungen. In dieser Nacht aber, nachdem ich ihm auf den Knien ausgiebig einen geblasen hatte, während er die Nachrichten ansah und mein Haar kraulte, als wäre ich ein Hund, dann auf meine nackten Brüste spritzte, und wieder unbefriedigt ins Bett gehen musste, war ich mir dessen sicher.
Das heißt nicht, dass ich einer gewissen Vorfreude abgeneigt wäre. Aber zwei Tage Abstinenz machten mich ernsthaft grantig, und dass Tom ständig auf die unterschiedlichste und verlockendste Weise Lust bezog, machte alles nur noch schlimmer.
Ich lag im Bett und wartete auf den Schlaf. Und das ist wirklich ziemlich schwierig, nachdem ich jede Nacht meines Lebens als erwachsene Frau – mit Ausnahme der einen oder anderen Situation, wenn ich mit anderen in einem Zimmer schlief – mir entweder selbst oder jemand anderes mir einen Orgasmus verschafft hatte, um einzuschlafen. Ich war feucht und so frustriert, dass ich zitterte. Ich erwog körperliche Gewalt gegen Tom, der
sich fröhlich unter die Decke gekuschelt hatte, auf der Seite lag und mich breit anlächelte.
»Alles in Ordnung?«, fragte er, wohl wissend, dass dem nicht so war.
»Bestens.« Wenn ich das sage, dann heißt das, dass es mir so schlecht geht, wie nur möglich, ohne dabei in Tränen auszubrechen oder mit einem Kricketschläger Amok zu laufen.
»Dann stört es dich also gar nicht, dass du auf einen Orgasmus verzichten musst?« Er wusste, dass es mich störte, aber er wusste auch, dass ich mir eher die Zunge abbeißen würde, als es zuzugeben.
»Nö.« Ich bin eine schlechte Lügnerin und hoffte, dies wäre weniger offensichtlich, wenn ich knappe Antworten gab.
»Oh, gut. Ich dachte nämlich, es wäre lustig, dieser Sache auf den Grund zu gehen, während du hier bist. Ich habe beschlossen, dass du in diesem Jahr nicht mehr kommen darfst.«
Er drehte sich um und wollte schlafen – mir fiel die Kinnlade herunter wie bei einer Comicfigur. Als ich nachrechnete, wie lange das noch dauerte, wollte ich sterben: noch vier Tage Qualen und einseitiges Spiel, vorausgesetzt, ich dürfte an Neujahr überhaupt kommen.
»Wenn es dir bislang nichts ausgemacht hat, geht es dir sicherlich gut dabei.«
Er hatte mir den Rücken zugedreht, aber ich konnte mir sein Lächeln vorstellen und hätte ihn am liebsten auf den Boden gestoßen. Ich tat es nicht. Ich sagte auch nichts. Ich traute mir selbst nicht. Bevor ich dann endlich einschlief, dachte ich noch: Er macht Scherze. Das muss ein Scherz sein!
Es war kein Scherz. Nach zwei Tagen, in denen ich versucht hatte, nicht an einen Orgasmus zu denken, ging ich die Wände
hoch. Zuvor war mir nicht so richtig klar gewesen, wie grundlegend wichtig es mir war, dass ich immer kommen konnte, wann ich wollte, und leider wusste ich erst, was ich gehabt hatte, als ich es verlor, wie man landläufig sagt. Jede zufällige Berührung war eine Marter. Wenn Tom beim Vorbeigehen mit dem Arm über meinen Ellbogen strich, wurde ich feucht. Zu duschen war Folter, weil die prasselnden Tropfen sich toll, aber dennoch nicht toll genug anfühlten und nur noch zu meiner Frustration beitrugen.
In den folgenden Tagen fielen Tom immer exotischere Methoden ein, wie er zum Orgasmus kam. Die Heiterkeit, die er daraus zog, dass ich ihm einen blies und dabei vor Frust zitterte, schien nach den ersten paar Malen ein wenig nachzulassen, also dachte er sich andere, teuflischere Dinge aus. Ich lag mit meiner – weil ich sie den ganzen Tag getragen hatte – nassen Unterhose geknebelt im Bett und hatte einen geilen, wenn auch irritierenden Blick auf Tom, der in mein Gesicht wichste, und mir war klar: Ich bin nicht zur Enthaltsamkeit gemacht. Ich hätte es keine unverrückbare Grenze genannt, vor allem weil ich Tom diese Befriedigung nicht geben wollte, aber ich wollte Orgasmusverzicht nicht länger als Teil unserer Spiele weitertreiben. Als er in mein Gesicht und in mein Haar kam und mir die Wange streichelte – eine Geste, die zu jedem anderen Zeitpunkt zärtlich gewesen wäre, bei der ich jetzt aber auf dem feuchten Stoff die Zähne zusammenbeißen musste, um meine innere Wut zu zügeln –, fasste ich den Beschluss, nicht mehr länger zu warten, wie auch immer.
Mir wurde auch bewusst, dass das, was mir beim Spiel mit Thomas Spaß machte, mich gleichzeitig auch irritierte; die Tatsache, dass er mich so gut kannte, teilweise sogar besser als ich
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