Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
Vom Netzwerk:
beschnüffeln. Er selbst riecht so durchdringend wie alle alten Hunde, aber ich kraule ihn trotzdem hinterm Ohr. Eine unangenehm schmierige Substanz sammelt sich unter meinen Fingernägeln. »So, bitte sehr. Setzen Sie sich, meine Liebe.« Er reicht mir einen Becher Instantkaffee, und ich lege dankbar die kalten Finger darum und lasse mich auf einem Stuhl vor der emaillierten Tischplatte nieder. »Sie sind wohl jetzt im Herrenhaus eingezogen, wie?«
    »Ach nein, noch nicht. Wir sind über Weihnachten hergekommen – meine Schwester und ich. Aber ich glaube nicht, dass wir auf Dauer bleiben werden.« George macht ein langes Gesicht.
    »Das ist aber schade! Sie müssen es doch hoffentlich nicht verkaufen? Wäre ein Jammer, wo das Haus doch seit so vielen Jahren der Familie gehört.«
    »Ich weiß. Das weiß ich. Aber meine Großmutter hat in ihrem Testament strenge Auflagen gemacht, und … na ja, sagen wir einfach, dass es für uns sehr schwierig werden könnte, sie zu erfüllen.«
    »Ach ja, Sie brauchen nichts weiter zu sagen. Geht mich auch nichts an. Da ist eine Familie wie die andere, alle haben sie ihre Eigenheiten, weiß Gott, sogar die herrschaftlichen.«
    »Die vielleicht ganz besonders.« Ich lächle.
    »Meine Mutter hat für Ihre Familie gearbeitet, wissen Sie?«, erzählt mir George stolz.
    »Ich weiß. Deshalb bin ich sogar hier. Die Dinsdales haben mir den Tipp gegeben …«
    »Mo Dinsdale?«
    »Ja.«
    »Großartige Frau, diese Mo. Kluges Köpfchen. Normaler weise sind es ja die Männer, die ein Auto zur Reparatur bringen – ich hatte früher die Werkstatt, Sie wissen schon, an der Straße nach Devizes. Aber wenn an diesem Ungetüm von Wohnwagen mal etwas gerichtet werden musste, war es immer Mo, die ihn reingebracht hat, und sie hat mir genau auf die Finger geschaut! Wäre nicht nötig gewesen – ich wäre nie so dumm gewesen, gerade sie über den Tisch ziehen zu wollen. Großartige Frau.« George lacht in sich hinein.
    »Ich habe mich gefragt, ob Ihre Mutter Ihnen wohl je etwas über die Arbeit im Herrenhaus erzählt hat?« Ich nippe an meinem Kaffee und lasse mir gern die Kehle verbrühen.
    »Ob sie je etwas erzählt hat? Sie hat ständig davon gesprochen, meine Liebe – jedenfalls, als ich noch klein war.«
    »Ach ja? Wissen Sie, ob sie lange dort gearbeitet hat?« Neugierig lehne ich mich zu George vor. Unter dem Tisch hat Jim sich auf meinen Fuß plumpsen lassen, und ich spüre seine Wärme. George grinst mich an.
    »Das war ja gerade der Grund für das viele Gerede!«, antwortet er. »Sie wurde nämlich entlassen, wissen Sie? Schon acht oder neun Monate, nachdem sie dort angefangen hatte. Dafür hat man sich schon geschämt, auch in der Familie.«
    »Oh.« Ich kann meine Enttäuschung nicht verbergen, denn ich bezweifle, dass sie in so kurzer Zeit viel miterlebt haben könnte. »Wissen Sie denn, warum? Was damals passiert ist?«
    »Lady Calcott hat behauptet, sie hätte etwas gestohlen. Mutter hat das immer wieder geleugnet, aber was sollte sie machen? Der Adel brauchte damals keine Beweise. Sie wurde rausgeworfen, ohne Arbeitszeugnis oder sonst was. Ein Glück, dass der Metzger im Ort – mein Vater – sich auf den ersten Blick in sie verliebt hat. Sie hat ihn wenig später geheiratet, also war sie nicht lange mittellos.«
    »Welche Lady Calcott war das? Wissen Sie, in welchem Jahr Ihre Mutter dort gearbeitet hat?«
    »Lady Caroline war es. Neunzehnhundertfünf, hat meine Mutter mir erzählt.« George reibt sich das Kinn und blickt mit zusammengekniffenen Augen in die Vergangenheit zurück. »Ja, muss es gewesen sein«, sagt er dann. »Sie hat meinen alten Herrn im Herbst neunzehnhundertfünf geheiratet.«
    »Caroline war meine Urgroßmutter. Möchten Sie ein Foto von ihr sehen?« Ich habe es dabei, in der Handtasche – das Porträt aus New York. Georges Augen weiten sich vor Freude.
    »Jetzt sieh sich das einer an! Sie sieht fast genauso aus, wie ich sie in Erinnerung habe! Schön, wenn man feststellt, dass die alten grauen Zellen noch nicht ganz den Geist aufgegeben haben.«
    »Sie kannten sie?« Das überrascht mich.
    »Dass ich sie kannte , würde ich nicht sagen – ihresgleichen ist nicht einfach auf einen Tee bei meinesgleichen vorbeigekommen. Aber als ich noch ein Junge war, haben wir sie hin und wieder gesehen. Sie hat ein paarmal das Kirchenfest eröffnet, wissen Sie? Und dreiundfünfzig gab es eine große Feier anlässlich der Krönung. Sie haben alle in den Garten des

Weitere Kostenlose Bücher