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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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Dinny zuckt mit einer Schulter und dreht sich um.
    »Honey!«, ruft er in Richtung Krankenwagen.
    »Oh! Du brauchst sie meinetwegen nicht zu stören …« Ich spüre, wie ich rot werde. Honey erscheint an einem der kleinen Fenster. Es rahmt ihr Gesicht ein – hübsch, mit einem leicht verdutzten Ausdruck.
    » Was? «, schreit sie viel lauter zurück, als nötig gewesen wäre.
    »Erica hat etwas für dich.« Ich winde mich. Eddie rückt langsam näher an Harry heran und versucht zu erkennen, woran er arbeitet. Honey erscheint und steigt vorsichtig die kleine Treppe herunter. Heute ist sie ganz in Schwarz, wodurch ihr Haar faszinierend hell wirkt. Sie bleibt ein Stück entfernt von mir stehen und beäugt mich argwöhnisch.
    »Ach, das ist eigentlich ganz albern. Wir haben dir die hier mitgebracht. Dinny hat erwähnt, du hättest Appetit darauf, also …« Ich verstumme, lasse die Tüte in der Luft baumeln. Langsam tritt Honey vor und nimmt sie mir ab.
    »Was sind wir euch schuldig?«, fragt sie mit finsterer Miene.
    »Oh, bitte, nicht der Rede wert. Ich weiß es nicht mehr. Vergiss es.« Ich winke ab. Sie wirft Dinny einen Blick zu, und er steckt die Hand in die Tasche.
    »Reichen zwei Pfund?«, fragt er mich.
    »Das ist wirklich nicht nötig.«
    »Nimm sie. Bitte.« Also nehme ich die zwei Pfund.
    »Danke«, brummt Honey und geht wieder nach drinnen.
    »Denk dir nichts«, sagt Patrick grinsend. »Die ist schon schlecht gelaunt auf die Welt gekommen. In der Pubertät ist es noch schlimmer geworden, und jetzt, wo sie schwanger ist … na ja, vergiss es einfach!«
    »Leck mich, Pat!«, brüllt Honey aus dem Wagen. Er grinst noch breiter.
    Eddie hat sich immer näher an Harry herangepirscht. Er beobachtet Harrys Hände und nimmt ihm vermutlich die Sonne.
    »Stör ihn bitte nicht, ja, Ed?«, rufe ich ihm zu.
    »Was ist das?«, fragt Eddie Harry, der nicht antwortet, aber zu ihm aufblickt und lächelt.
    »Das ist Harry«, sagt Dinny zu Eddie. »Er redet nicht gern.«
    »Oh. Also, das sieht aus wie eine Taschenlampe. Ist sie kaputt? Darf ich mal sehen?«, drängelt Eddie. Harry hält beide Hände auf und zeigt ihm die kleinen mechanischen Teilchen.
    »Und, kommt ihr auch zu unserer kleinen Sonnenwendfeier heute Abend, Erica?«, fragt Patrick.
    »Oh, ich weiß nicht«, entgegne ich. Ich sehe Dinny an, und er erwidert meinen Blick ruhig, als müsse er etwas durchdenken.
    »Aber klar kommt ihr! Je mehr, desto lustiger, nicht wahr, Nathan? Wir zünden ein großes Feuer an und grillen ein bisschen. Bring was zu trinken mit, dann bist du uns hoch willkommen, Nachbarin«, sagt Patrick.
    »Also dann, vielleicht.« Ich lächle.
    »Deine Dreadlocks sind cool«, sagt Eddie zu Harry. »Du siehst ein bisschen aus wie der Predator . Kennst du den Film?« Er hat die Finger schon in dem Durcheinander von Taschenlampen-Teilchen, nimmt ein paar heraus, ordnet sie. Harry wirkt etwas erstaunt.
    »Ich muss los. Bis später.« Patrick nickt Dinny und mir zu. Er verlässt das Lager federnden Schrittes, die Hände in den Taschen eines abgetragenen Wachsmantels.
    Ich betrachte die matschigen Spitzen meiner Stiefel und dann Eddie, der unter Harrys ungläubigem Blick die Taschenlampe wieder zusammensetzt.
    »Es scheint ein netter Junge zu sein«, sagt Dinny, und ich nicke.
    »Er ist der Beste. Eine große Hilfe.« Ein langes Schweigen entsteht.
    »Als ich mit Beth gesprochen habe … sie wirkt so, ich weiß auch nicht …«, sagt Dinny zögernd.
    »Wie denn?«
    »Nicht so wie früher. Beinahe, als wäre niemand zu Hause?«
    »Sie leidet an Depressionen«, erkläre ich hastig. »Sie ist immer noch dieselbe Beth. Sie ist nur … zerbrechlicher geworden.« Ich muss ihm das erklären, obwohl ich mir dabei vorkomme wie eine Verräterin. Er nickt und runzelt die Stirn. »Ich glaube, das hat hier angefangen. Ich glaube, das alles hat angefangen, als Henry verschwunden ist«, platze ich heraus. Das ist zwar nicht das, was Beth mir gesagt hat, aber ich bin sicher, es ist die Wahrheit. Sie hat mir erzählt, es hätte an einem stürmischen Tag angefangen, als sie in der Abenddämmerung nach Hause fuhr. Die Wolken waren dick und schwer, aber am westlichen Horizont, auf den sie zufuhr, brachen sie in Streifen auf, und dahinter kam blassblauer Himmel zum Vorschein. Sie hat gesagt, dass sie plötzlich nicht mehr unterscheiden konnte, was Himmel ist und was Horizont. Hügel und Wolken. Erde und Luft. Das war so verwirrend, dass sie beinahe in den Gegenverkehr

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