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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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falsche Entscheidung. Wir rannten auf die Terrasse hinaus, als sie gerade ums Haus herumkamen, Meredith, mein Vater und, am allerschlimmsten, Henry, der von seinem Besuch zurück war. Er grinste. Nach einem Augenblick der Starre packte ich Dinny am Arm, zerrte ihn mit mir, und wir flohen über den Rasen. Ich glaube, das war der größte Akt der Auflehnung, den ich je zustande gebracht habe, und ich tat es, um Dinny zu retten. Damit er nicht hören musste, was Meredith zu ihm sagen würde. Sie war stumm vor Empörung, nur eine Sekunde lang. Groß und dünn stand sie da in einem taubenblauen Leinenkostüm, makellos frisiert. Ihr Mund war ein harter Strich aus roten Pigmenten, und als wir losrannten, brach der Strich auf.
    »Erica Calcott, komm sofort zurück! Wie kannst du es wagen, diesen Abschaum in mein Haus zu bringen? Wie kannst du es wagen? Ich bestehe darauf, dass du auf der Stelle zurückkommst! Und du, du diebischer Zigeuner! Ja, flitz du nur davon wie eine Ratte! Wie das Ungeziefer, das du bist!« Ich würde gern glauben, dass mein Vater etwas gesagt hat. Ich würde gern hoffen, dass Dinny sie nicht hörte, aber natürlich weiß ich tief im Inneren, dass er sie sehr wohl verstand. Er rannte davon wie ein Dieb. Wie ein Einbrecher. Ich hielt mich für mutig, ich glaubte, für ihn die Heldin zu spielen. Aber er war danach tagelang wütend auf mich. Weil ich ihn erst dazu gebracht hatte, ins Haus zu kommen, und dann dazu, wegzurennen.
    Ich bin oben in Merediths Zimmer. Das ist selbstverständlich das größte Schlafzimmer mit einem hässlichen Himmelbett, reich mit Schnitzereien verziert. Das Unterteil ist sehr hoch, die Matratze dick. Wie sollen die nächsten Besitzer dieses Bett von der Stelle bewegen? Es ist riesig. Ich glaube, sie müssten ihm schon mit der Axt zu Leibe rücken. Um es dann durch irgendetwas Modernes zu ersetzen, wahrscheinlich in Beige. Ich werfe mich quer auf die steife Tagesdecke aus Brokat und zähle, wie oft die federnde Matratze mich wieder hochwirft, bis ich endlich still liegen bleibe. Wer hat dieses Bett gemacht? Die Haushälterin, nehme ich an, noch an dem Vormittag, an dem Meredith auf dem Weg ins Dorf zusammengebrochen ist. Allmählich komme ich zur Ruhe, und mir wird bewusst, dass ich auf dem Bett meiner toten Großmutter herumhüpfe. Auf der Bettwäsche, in der sie in der Nacht vor ihrem Tod geschlafen hat.
    Hier drin scheinen sich ihre geisterhaften Überbleibsel am hartnäckigsten zu halten. Was wohl nur natürlich ist. Ein Teil von mir wünscht sich, ich hätte sie als Erwachsene hier besucht. Ich hätte sie festnageln und sie zwingen sollen, mir zu sagen, woher dieses schlimme Gefühl kam. Dazu ist es jetzt viel zu spät. Ihr Toilettentisch ist riesig – mit mehreren Schubladen in Säulen zu beiden Seiten und einer breiten Schublade unter der Tischplatte, die ich in meinen Schoß ziehe. Auf der mittleren Konsole mit noch mehr Schubladen ist ein dreiteiliger Klappspiegel angebracht. Die Oberfläche ist seidig glatt, in Jahrhunderten durch die Berührung von weichen Frauenfingern geschaffen. Ich finde, Mum sollte nicht nur Fotos, sondern auch Schmuck bekommen. Meredith hatte nicht damit hinter dem Berg gehalten, dass sie ihre besten Stücke verkauft hatte, wie auch das beste Land, um das Dach reparieren zu lassen. Sie hatte meinen Eltern vorwurfsvoll davon erzählt, als hätten sie die Hände in die Taschen stecken, unter den Sofakissen nachschauen und dreißigtausend Pfund zum Vorschein bringen sollen. Aber es muss doch etwas übrig sein, was ich in die diebischen Finger bekommen kann.
    Lippenstifte und Lidschatten und Rouge in der obersten rechten Schublade. Kleine Dünen aus losem Puder schimmern unter all den metallenen Stiften und Döschen. Gürtel in der nächsten, zusammengerollt wie Schlangen. Taschentücher, Haarklammern, Chiffonschals. Diese Schublade riecht intensiv nach Meredith, nach ihrem Parfüm und der leichten Hundenote der Labradore. In der untersten rechten Schublade liegen mehrere Schachteln. Ich hole sie heraus und stelle sie auf die Tischplatte, um sie mir genauer anzuschauen. Die meisten sind voller Schmuck – sieht nach Modeschmuck aus. Eine Schachtel, die größte, glänzend und dunkel, ist voller Papierkram und Fotos.
    Mit einem Kribbeln der Erregung sehe ich den Inhalt durch. Briefe von Clifford und Mary; Urlaubskarten von Mum und Dad; einzelne Kontoauszüge, die aus Gott weiß was für einem Grund hier versteckt wurden. Ich lese ein paar Zeilen von

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