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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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nach so langer Zeit wiederzusehen, nicht?«
    »Ja, ja«, murmelt sie.
    Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich noch fragen könnte. Sie sollte nicht so achtlos damit umgehen. Es sollte mehr bedeuten. Ich suche ihr Gesicht und ihre Haltung nach Hinweisen ab. »Vielleicht sollten wir sie hierher einladen. Auf einen Drink oder so.«
    »Sie?«
    »Dinny und Honey. Sie ist … na ja, ich weiß nicht, ob sie verheiratet sind. Sie bekommt sein Kind. Vielleicht könntest du ihr ausreden, es im Wald zur Welt zu bringen. Ich glaube, dafür wäre er dir sehr dankbar.«
    »Es im Wald zur Welt bringen? Merkwürdige Idee«, sagt Beth. »Aber was für ein hübscher Name – Honey.« Da ist mehr als das. Da muss mehr sein.
    »Sag mal, geht es dir wirklich gut?«
    »Warum sollte es mir nicht gut gehen?«, entgegnet sie in diesem belustigten Tonfall, den ich ihr nicht abkaufe. Sie sieht mich wieder an, und ich merke, dass ihre Finger beim Tunken in das dampfend heiße Wasser gerutscht sind. Doch sie zuckt nicht einmal zusammen.
    »Aber du hast kaum ein Wort mit ihm gesprochen. Ihr wart euch früher so nah … wolltest du denn nicht mit ihm reden? Die Zeit aufholen?«
    »Dreiundzwanzig Jahre sind eine lange Zeit, Erica. Wir sind jetzt völlig andere Menschen.«
    »Nicht völlig anders – du bist immer noch du. Er ist immer noch er. Wir sind noch dieselben Menschen, die als Kinder zusammen gespielt haben …«
    »Menschen verändern sich. Sie entwickeln sich in ganz unterschiedliche Richtungen«, beharrt sie.
    »Beth«, sage ich schließlich. »Was ist damals passiert? Mit Henry, meine ich?«
    »Wovon sprichst du?«
    »Na ja, ich meine, was ist mit ihm passiert?«
    »Er ist verschwunden, das weißt du doch«, antwortet sie tonlos, doch ihre Stimme ist dünn wie Eis.
    »Nein, aber … Erinnerst du dich an diesen Tag, am Teich? Den Tag, an dem er verschwunden ist? Weißt du noch, was genau da passiert ist?«, dränge ich. Wahrscheinlich sollte ich das nicht tun. Zum Teil will ich es selbst wissen, und zum Teil will ich sie zu etwas bewegen. Beths Hand sinkt auf die Arbeitsplatte. Dabei stößt sie gegen den Becher, Tee schwappt heraus. Sie holt tief Luft.
    »Wie kannst du mich danach fragen?«, bringt sie schließlich gepresst hervor.
    »Wie ich das kann? Warum sollte ich nicht?«, erwidere ich, doch als ich aufblicke, sehe ich, dass sie vor Anspannung zittert und ihre Augen zornig funkeln. Sie antwortet lange nicht.
    »Nur, weil Dinny wieder da ist … Nur, weil er hier ist, brauchst du noch lange nicht die Vergangenheit wieder aufzurühren!«, sagt sie.
    »Was hat das denn mit Dinny zu tun? Ich habe dir eine einfache Frage gestellt!«
    »Lass es doch endlich! Stell nicht dauernd irgendwelche verdammten Fragen, Erica!«, fährt Beth mich an und geht. Ich bleibe lange still sitzen und versuche, diesen Tag so genau wie möglich vor mir ablaufen zu lassen.
    Wir sind früh aufgestanden, weil die Nacht so heiß gewesen war. So eine Nacht, in der sich die Bettdecke um meine Beine wickelte, ich immer wieder aufwachte und mir das Haar in feuchten Strähnen an Stirn und Hals klebte. Wir frühstückten und hörten dann Radio im Wintergarten, der an der Nordseite des Hauses lag, wo es morgens angenehm kühl war. Er war mit Terrakotta gefliest, und Reihen von Orchideen und Farnen standen auf dem Fensterbrett. Wir fläzten uns auf Carolines Hollywoodschaukel, deren blaue Segeltuchkissen ein wenig streng rochen, irgendwie nach Katze. Caroline war damals schon tot. Sie starb, als ich sechs oder sieben Jahre alt war. Einmal rannte ich als ganz kleines Mädchen an der Hollywoodschaukel vorbei und sah sie nicht, bis ihr Gehstock vorschoss und mich anhielt. Laura! , fauchte sie mich mit dem Namen meiner Mutter an, lauf und such Corin. Sag ihm, dass ich ihn sprechen muss. Und zwar dringend! Ich hatte keine Ahnung, wer Corin war, und ich hatte entsetzliche Angst vor dem schlaffen Bündel Stoff in der Hollywoodschaukel und der Kraft hinter diesem Gehstock, die so gar nicht dazu passte. Ich duckte mich darunter hindurch und lief davon.
    Wir zogen uns erst in letzter Minute an, gingen widerwillig mit Meredith und unseren Eltern zur Kirche und aßen im Schatten der Eiche auf dem Rasen zu Mittag. Dort war ein besonderer kleiner Tisch nur für uns drei gedeckt, Beth, Henry und mich. Es gab Sandwiches mit Erdnussbutter und welche mit Gurken, die Mum extra für uns gemacht hatte, weil sie wusste, dass uns zu heiß war, um die Suppe zu essen. Ich erinnerte mich daran,

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