Das Geheimnis am goldenen Fluß
Masons Hals. »Es tut mir so Leid, Baby, so Leid.«
»Ich hatte Angst – dass, wenn du es herausfändest …« Er drückte sie so heftig an sich, dass es ihr die Luft aus den Lungen presste. »Ich hätte es nicht ertragen können, auch dich zu verlieren.«
»Schhhh, Liebster. Es ist nichts, wofür ich dich hassen könnte, sondern etwas, was mir vor Mitgefühl das Herz zerreißt. Es tut mir so Leid, Mason, dass du etwas so Schreckliches erleben musstest.«
»Bitte, sag einfach, dass – du – mir vergibst.«
»Ich habe dir nie die Schuld gegeben«, sagte sie und küsste seine schwarzen Locken. »Aber ja, ich vergebe dir. Schau mich an, Mason, schau auf zu mir.« Sie suchte seinen Blick. »Ich vergebe dir, Liebster. Hast du mich verstanden?«
»Aber …?« Er schien überrascht.
»Mason, was, wenn ich es gewesen wäre? Was, wenn ich Gib bei einem Autounfall getötet hätte? Würdest du mich hassen?«
Er schüttelte den Kopf, seine grauen Augen groß und glänzend.
»Die Wahrheit ist folgende: Mason Drake ist eine unschuldige Seele«, sagte sie. »Niemand gibt dir die Schuld. Gib am allerwenigsten. Er liebt dich, so wie er es immer getan hat.«
Mason drückte sein Gesicht an ihren Busen und weinte laut vor sich hin, von heftigen Krämpfen geschüttelt. Nach einer Weile entspannte sich sein Körper, und er wurde ruhig. Tree strich ihm über die Haare, küsste seinen Kopf und dankte dem Universum, dass ihr Geliebter wieder am Leben war.
Er reckte das Gesicht zu ihr hoch und küsste sie leidenschaftlich auf den Mund. »Oh«, sagten ihre Lippen. Ihr Herz und ihre Seele sagten es im gleichen Augenblick: Oh.
Mason hob Tree aus der Wanne und trug sie aus dem Badehaus ins Schlafzimmer. Er legte sie aufs Bett; Wasser lief aus ihren blonden Strähnen. Sein Hüfttuch war triefnass; in der Mitte zwischen seinen Lenden wölbte es sich steif nach außen wie ein großmastiges Segel.
Sie liebten sich, so wie die Liebe sie geschaffen hatte. Hunger ist die beste Soße. Tree und Mason, zwei verhungernde Seelen, trugen einander hinfort ins Paradies des Appetits.
Tree schlief tief und fest; die sanften Wölbungen ihrer Brüste hoben und senkten sich in der Dunkelheit. Mason lag wach auf dem zerwühlten Laken und genoss den Ruhm des Abends und seinen Sieg über die Trauer. Nein, nicht seinen Sieg über die Trauer, sondern das Einstellen seines Krieges gegen die Trauer. Er hatte Gibs Tod endlich akzeptiert und wieder seinen Frieden gefunden. Sein ganzer Körper war herrlich entspannt, sein gesamtes Wesen fest in der Gegenwart verankert. Draußen hallten das Rauschen des Wasserfalls und der nächtliche Gesang der Waldkreaturen durch das weite Auditorium des Tals.
In dieser Verfassung neben Tree zu liegen, im Nachglühen der Leidenschaft, war das genüsslichste aller Gefühle – auf gewisse Weise schien es ihm ebenso intim zu sein wie der Akt des Liebemachens an sich. In den acht Jahren seit seiner Scheidung hatte er mit einem halben Dutzend Frauen Sex gehabt, doch mit keiner von ihnen hatte er geschlafen; er war immer aufgestanden und nach Hause gegangen.
Neben Tree zu schlafen hatte bedeutet, mit ihr den Ort seiner Träume zu teilen. In kalten Nächten aneinander geschmiegt dazuliegen wie ein Satz Campinglöffel oder in schwülen Nächten einfach nur ihre Fingerspitzen zu berühren; immer hatten sich ihre schlafenden Körper gesucht. Jetzt, endlich, konnte er wieder mit Genuss neben seiner Geliebten ruhen.
Mason strich über Trees sanft gewölbten Bauch, bis seine Hand ihren lockigen Pelz erreichte, der noch feucht war von ihrem Liebesfest. Zärtlich glitten seine Finger durch ihre Haarkringel. Tree lächelte und schmiegte sich enger an ihn.
»Du bist so schön, Baby«, flüsterte er, »so weich.«
Ihm fiel die wissenschaftliche Bezeichnung für das kleine Fettkissen über dem Schambein ein: mons veneris – Venushügel –, benannt nach der Göttin der Liebe. Perfekt. Aber warum hatten die frühen Anatomen es bei dieser einen poetischen Bezeichnung belassen? Den anderen Körperteilen der Liebe hatten sie Bezeichnungen gegeben, die trockener kaum sein konnten.
Vagina. Das lateinische Wort für Scheide; so oder so eine sperrige Bezeichnung für etwas so Glitschiges, Weiches und Freundliches. Ein spanisches Slangwort für Vagina war la papaya. Poetisch betrachtet machte es durchaus Sinn, das weibliche Geschlecht mit einer geöffneten Papaya zu vergleichen: rosiges Fleisch, das glänzte wie eine Tropenfrucht; zudem
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