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Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Canter Mark
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und half ihr, sich neben einem Busch Fleisch fressender Pflanzen niederzulassen.
    Er hatte das Wasser in einen kleinen Spezies-Sammelbehälter aus Plastik gegossen, den er ihr jetzt reichte. Das Wasser hatte den Geschmack des Polystyrols angenommen, doch es war ihr egal; sie war durstig bis in die Haarspitzen. Sie genoss zwei langsame Schlucke und gab ihm den Behälter zurück.
    Mason nahm einen Schluck und gurgelte, bevor er das Wasser schluckte. »Ich frage mich gerade«, sagte er und nahm einen weiteren kleinen Schluck, »wie nah dein Vater seinem Ziel kam.«
    Sie nickte. »Du hast meine Gedanken gelesen …«
    »Hat er es aufs Hochplateau geschafft, oder endete die Expedition für ihn unten im Dschungel?«
    »Die Yanomorduro?«
    »Ich dachte mehr an Malaria, Typhus, Denguefieber …«
    Tree rief sich das Bild ihres Vaters ins Gedächtnis: weißhaarig, würdevoll, einer der Letzten seiner Art; der personifizierte Inbegriff des britischen Gelehrten und Forschers. Dr. Huxley Summerwood hatte sein Amt als emeritierter Dekan am Fachbereich für Orientalische Studien in Oxford aufgegeben, um sich auf die Suche nach dem sagenumwobenen El Dorado zu machen. Als sie zwölf war, hatte er sie und Gib in Indian Mound Beach zurückgelassen, während er durch das Amazonasbecken gezogen war und nach Überresten einer chinesischen Siedlung gesucht hatte. Diese erste Expedition hatte sechs Monate gedauert, und sie und Gib hatten sich währenddessen mit der kratzbürstigen Ms. Thurmond als Haushälterin und Ersatzmutter abfinden müssen. Tree hatte es ihrem Vater äußerst übel genommen, dass er sie im Stich ließ und ihre Junior-Highschool-Abschlussfeier verpasste, und sie hatte sich bemüht, ihren Zorn aufrechtzuerhalten, bis er zurückkehrte. Doch sie liebte ihn zu sehr und war in Tränen ausgebrochen, als sie ihn völlig ausgemergelt durch die Ankunftshalle am Flughafen humpeln sah.
    Ein Jahr später war ihr Vater zu einer zweiten El-Dorado-Expedition aufgebrochen. Von dieser Reise kehrte er nicht zurück.
    Wurde er von einem Sturmadler getötet? Hier, in Sichtweite seines Traums? War ihm überhaupt klar gewesen, dass er El Dorado entdeckt hatte? Oder hatte es ihn zuerst entdeckt?
    Tree holte tief Luft und stand auf. »Ich bin so weit. Lass uns weitergehen.«
    Die Sonne hatte ihren Zenit überschritten, als sie schließlich den Talrand erreichten. Die Felswand fiel mehrere hundert Meter fast senkrecht zu einem üppigen grünen Baumdach ab. Auf halber Höhe schoss mit immensem Druck ein Wasserfall aus einem Riss in der Felswand, wie bei einem gewaltigen Rohrbruch. Der weiß schäumende Guss spritzte zehn Meter waagerecht heraus und stürzte mit ohrenbetäubendem Getöse ins darunter liegende Tal. Regenbogen, teilweise zwei oder drei nebeneinander, hingen im blendenden Sprühnebel.
    »Es ist atemberaubend«, sagte Mason. »Schau dir all das Grün an – dichter Regenwald da unten.«
    »Wolkenwald«, korrigierte sie ihn, während sie beobachtete, wie umhertreibende Wolkenschwaden grüne Stellen freilegten und wieder verdeckten. »Er hat ein völlig anderes Ökosystem als ein Regenwald; es ist immer kühl und neblig statt heiß und feucht. Dies ist eine wichtige Entdeckung – das macht Nummer vier.«
    »Vier?«
    »Bisher kennt man auf der ganzen Welt nur drei Wolkenwälder: zwei in Costa Rica und einen in Nicaragua. Und wir kennen bislang nur die wenigsten der ungewöhnlichen Spezies, die sich dort unten tummeln. Und jeder Wolkenwald ist einzigartig.«
    »Dann sollte dieser besonders reich an ungewöhnlichen Spezies sein.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Bestimmte geologische Hinweise. Dieses Tal ist ein ehemaliger Vulkankern. Ziemlich alt. Schau dir die Felswände an; sie sind so steil, dass sie den Wald da unten zu einer Art genetischer Insel machen. In dem Ökosystem existieren vermutlich Spezies, die sich über Millionen Jahre hinweg in völliger Isolation entwickelt haben, wie die Beuteltiere in Australien. Wer weiß, was ein Forscherteam dort entdecken kann.«
    »Wenn wir doch nur noch ein Forscherteam wären«, sagte Tree und verdrängte einen plötzlichen Anflug von Trauer und Angst.
    Mason hockte sich auf Hände und Knie und beugte sich über den Rand der Felswand. »Fragt sich nur, wie wir ohne Fallschirm dort runterkommen sollen.«
    »Es muss einen Pfad geben – dort unten ist die Kolonie.«
    Ein schrilles Krächzen ließ die beiden aufschauen.
    Kiii-ahk! Kiii-ahk!
    »Ein Sturmadler!«, rief Tree.
    »Stell dich

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