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Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Canter Mark
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Zeitpunkt wäre Trees Hand ein einziger Eiterklumpen, und die Infektion würde ihr Gehirn zerstören.
    Er nagte mit den Zähnen an seiner Unterlippe. Sie wird sterben, wenn ich mir nicht schleunigst etwas einfallen lasse.
    Er hatte bereits an Madentherapie gedacht. Im Ersten Weltkrieg, bevor es Antibiotika gab, war dies eine gängige Behandlungsmethode für infizierte Wunden gewesen, und die brujos der Wawajeros kannten eine ähnliche Methode mit winzigen Raupen. Wenn Trees Wunde zu faulen anfing, konnte er die Hand von Fliegen befallen lassen und warten, bis Maden heranwuchsen und sich durch das infizierte tote Gewebe fraßen. Sobald das heraussickernde Blut hellrot wurde, bedeutete dies, dass die Maden gesundes Gewebe erreicht hatten; dann würde er sie herauswaschen. Die Maden konnten sie vor Wundbrand retten – doch sie könnte an Malaria oder einer anderen Krankheit sterben, die die Fliegen übertrugen.
    Yeah, genau, sagte er sich. Teresa Diana lässt sich von Madenlarven die Hand zerfressen. Wahrscheinlich würde sie sich eher vom Berg stürzen.
    Er blickte sie an und rieb sein stoppeliges Kinn. »Ich habe mal gelesen, dass die alten Chinesen Goldruten und andere Kräuter mit Honig und Knoblauch mischten und die Paste als Antibiotikum verwendeten.«
    Sie nickte. »Sie besaßen die fortschrittlichsten Pharmazeutika der Alten Welt.« Sie runzelte die Stirn. »Warte, Mason. Ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Du denkst doch nicht ernsthaft daran –«
    »Es ist die einzige Möglichkeit, wie wir unsere verdammte Entdeckung überleben können.« Er hielt die Glocke hoch; das Gold schimmerte im Sonnenlicht, und der winzige Klöppel läutete eine hohe Note. Hörte Lynda die Musik der reißenden Klauen? Er schloss die Faust um die Glocke und erstickte den Ton.
    »Wir müssen in das Tal hinunter«, sagte er, »und unsere Beinahe-Mörder um Hilfe bitten.«

6
    Tree und Mason verließen das Floß im Morgengrauen und liefen westwärts in Richtung des Tals, das sie vor zwei Tagen vom Hubschrauber aus entdeckt hatten. Sie erreichten den Aussichtsfelsen, als die Sonne über den zerklüfteten Rand des Tepuis stieg. Mason kletterte hoch und sah in die Ferne.
    »Ich kann das Tal sehen«, rief er hinunter und deutete nach Südwesten. »Ist ungefähr fünf Kilometer entfernt. Wenn wir nicht langsamer werden, können wir bei Einbruch der Dunkelheit dort sein.«
    Trees verletzte Hand war aufgebläht wie ein Kugelfisch, und der pochende Schmerz hatte sie die ganze Nacht über nicht einschlafen lassen. Mason hatte ihren Kopf in seinen Schoß gelegt, während er mit dem Rücken an der Wand saß und in die Dunkelheit starrte. Irgendwann nach Mitternacht hatte das Fieber sie zwischen Schüttelfrost und Schweißausbrüchen hin und her geworfen. Mason gab ihr Wasser aus geschmolzenen Hagelkörnern, betupfte ihre Augenbrauen und kühlte ihren Körper mit nassen Handtüchern. Keiner der beiden hatte viel gesprochen, doch Masons Gegenwart und seine gleichmäßige Atmung hatten sie durch die dunklen Stunden gebracht.
    Vor Tagesanbruch hatte Mason Lyndas im Schlafsack verpackte Leiche die Leiter heruntergelassen, die Leiche zu einer Bodensenke gezogen und mit Steinen überhäuft, während über dem Horizont das Kreuz des Südens funkelte.
    Dann war es ihm gelungen, Tree im Huckepack die Leiter hinunterzutragen. In der kühlen Bergluft schwitzte sie nun wegen des Fiebers und vor Schmerzen und Erschöpfung, doch sie fürchtete, dass es zu qualvoll werden würde, den Wollpullover auszuziehen, daher behielt sie ihn an.
    Die Luft roch und schmeckte moosig und feucht. Kies knirschte unter ihren Wanderstiefeln. Vögel zwitscherten und trällerten ihre Lieder, dann und wann unterbrochen von einem tief tönenden Jodeln, das sich durch die Oktaven zu einer Kaskade spitzer Schreie hochschraubte: ein Neuweltaffe irgendeiner Gattung, doch Tree erkannte die Schreie nicht. Karmesinrote und indigoblaue Alpinenblüten, nicht größer als Zehncentmünzen, sprenkelten die Oberflächen der Felsen, hier und da durchsetzt mit hellrosafarbenen und blauen Pilzen. Trotz ihres Schwindelgefühls und ihrer Erschöpfung merkte Tree, dass sie noch immer über den größten Schwammpilz staunen konnte, den sie je gesehen hatte, ein zwei Meter großer Halbkreis, dick und orange, wie ein riesiges Blockstück Cheddarkäse.
    Ihre Stiefelspitze blieb an der Felskante hängen, und sie strauchelte; Mason griff ihren Arm und stützte sie. »Lass uns kurz verschnaufen«, sagte er

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