Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis am goldenen Fluß

Titel: Das Geheimnis am goldenen Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Canter Mark
Vom Netzwerk:
lassen.
    »Gute Idee«, sagte Tree und zog sich den Kaftan über den Kopf. Vom Wasser reflektierte Sonnenstrahlen warfen helle Lichtflecken auf ihr Gesicht und ihre Brüste. Ihre Augen strahlten klar und grün wie die Karibik. Sie wandte das Gesicht zu dem blauen Loch in den Wolken hoch »Mensch, Sonne, wo warst du die ganze Zeit? Ich kam mir schon vor wie eine Topfpflanze in einem Café in Seattle.«
    Wärme streichelte Masons Gesicht; seine Wange war so weit verheilt, dass er sich vorsichtig mit einer Bambusklinge hatte rasieren können. Er kreuzte die Arme über dem Kopf und zog das rote Seidenhemd aus, das K’un-Chien ihm genäht hatte. Tree strich über seine angespannten Bauchmuskeln, ihre Berührung ein ebenso wohltuender Balsam wie der Sonnenschein auf seiner Haut. Auch er sehnte sich danach, ihren Körper zu berühren, wagte es aber nicht.
    Er sah in das Wasser hinunter. Der Grund des Bachs war mit Rosenquarzen übersät, hier und da unterbrochen von einem scharfkantigen, violett schimmernden Amethyst. Meine Pflicht ist, herauszufinden, nach welchen Regeln diese Gesellschaft funktioniert und wie wir überleben und von hier fliehen können.
    »Tree, lass uns noch mal von vorne anfangen«, sagte er. »Wir müssen das Rätsel lösen. Was übersehen wir?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich bin ebenso ratlos wie du.«
    Mason blinzelte mit zusammengekniffenen Augen auf die im Sonnenschein liegenden goldenen Kuppeldächer, Pagoden und Spitztürme. »Was bedeutet dieser Lung-Hu- Kult, dieser Drachentiger-Kult?«
    »Der Drache und die Farbe Grün sind traditionelle Symbole für Yang, die männliche Energie im Kosmos«, sagte sie. »Der Tiger und die Farbe Weiß repräsentieren Yin, die weibliche Energie.«
    »Grüner Drache, weißer Tiger – die Darstellungen sind überall.«
    »Die beiden Kräfte werden als komplementäre Gegensätze im ewigen dynamischen Gleichgewicht angesehen. Die eine kann ohne die andere nicht existieren – genau genommen heißt es, sie seien zyklischer Natur –, wenn Yin heranreift, verwandelt sie sich in Yang, und umgekehrt.«
    Er nickte. »Tanzpartner, keine Sparringpartner. Yeah, an einiges erinnere ich mich aus Gesprächen mit Gib.«
    »Wenn man das Yin-Yang-Symbol betrachtet – der helle und der dunkle Regentropfen in einem Kreis –, sieht man, dass im dunklen Tropfen, Yin, ein heller Punkt des Yang heranwächst, und im hellen Tropfen, Yang, wiederum ein dunkler Punkt.«
    »Interkonversion.«
    »Was?«
    »Interkonversion: gegenseitige Umwandlung zweier chemischer Bestandteile in den jeweils anderen.«
    »Richtig. Auf einer allumfassenden Ebene«, sagte sie. »Es heißt, dass die ewige Konversion dieser dualen Kräfte das materielle Universum erschuf und bis ans Ende aller Zeit antreiben werde. Yin-Yang ist sozusagen der kosmische Motor.«
    »Dann ist der Drachentiger – männlich-weiblich –«
    »– die menschliche Verkörperung des Yin-Yang. Die Kaiserin nannte es den heiligen Hermaphroditen. Sie meinte, nur sie könne ihn zur Welt bringen.«
    Mason starrte auf die exotische Skyline und schüttelte den Kopf. Am Ufer des Baches küsste der Sonnenschein die rubinroten Münder der Heißlippen-Gewächse; vor ihnen tanzte ein Kolibri und nippte mit seiner langen dünnen Zunge am koffeingetränkten Nektar. Der Vogel flatterte von Blüte zu Blüte und verbreitete außer verschiedensten Pollen auch eine Ladung winziger Milben – eine sexuell übertragene Pflanzenkrankheit.
    »Die benehmen sich alle, als wäre der Lung-Hu eine Art Messias, ein Erlöser«, sagte er.
    »Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagte Tree. »Wenn eine Bevölkerung auszusterben droht, weil kaum männliche Nachkommen geboren werden, wäre die perfekte Lösung –«
    »Ein Bataillon achtzehnjähriger Marines, die alle achtmal am Tag kommen können.«
    »Nein, das eben nicht. Das ist langfristig keine Hilfe, nur ein Notbehelf, wie das Entführen indianischer Männer aus dem Dschungel. Selbst wenn sie hunderte Babys zeugten, wären es doch alles Mädchen. Die Gesellschaft bliebe weiterhin gefährdet und abhängig von Fremden.«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Hermaphroditen. Mann und Frau in einem. Verstehst du nicht? Die Gesellschaft könnte sich selbst tragen, wenn sie in steigender Zahl aus Hermaphroditen bestünde. Sie könnten sich gegenseitig schwängern. Es bestünde kein Grund mehr, Männer zu entführen. Jedes Mitglied der Gesellschaft wäre Mann und Frau zugleich.«
    »Unsinn. Was du

Weitere Kostenlose Bücher