Das Geheimnis am goldenen Fluß
Domino erwartet wurde, in zwei Tagen mit der Kaiserin zu schlafen.
»Ich habe wirklich keine Lust, diese Domina zu besteigen«, sagte er. »Und wenn sie herausfindet, dass ich nicht kann …«
»Was uns zu der anderen Neuigkeit führt, die ich von K’un-Chien erfuhr«, sagte Tree. »Der Tunnel.«
»Wo ist er?«
»Der Einstieg befindet sich in einer Felsspalte am Fuß der Westwand; man gelangt in einen Tunnel, der bis nach unten in den Dschungel führt.«
»Das hat sie dir einfach so erzählt?«
»Sie sah – beunruhigt aus. Aber sie beantwortete meine Frage und sagte nichts weiter.«
»Ich traue ihr. Sie würde uns nicht reinlegen.«
»Gott, nein. Ich habe den Eindruck, dass sie eher sterben würde, als dich oder mich zu verraten.«
»Aber ich fürchte, dass sie ihr etwas Schreckliches antun werden, wenn sie herausfinden, dass wir verschwunden sind.«
»Ich dachte, wir würden sie mitnehmen.«
»Tatsächlich? Möchtest du das wirklich?«
»Du etwa nicht?«
»Nun, ja, aber – du hast dich ihr gegenüber recht kühl verhalten.«
»Meine Gefühle für sie …« Sie seufzte. »Schwer zu erklären. Ich habe dir nie gesagt, was für eine Vision ich von ihr hatte. Sie war sexueller Natur – ein völliger Einklang der Energien. Eine solche Intensität habe ich nur mit einem anderen Menschen erlebt.« Ein Blitzen trat in ihre grünen Augen.
Mason schaute an ihr vorbei, um dem Feuer in ihrem Blick auszuweichen. »Träume können ziemlich sexuell sein«, sagte er. »Ich habe mal geträumt, ich würde mit einem Delfin schlafen – der Geruch und der Geschmack des Meerwassers, ein glitschiger Film auf der glatten Delfinhaut, glänzende schwarze Augen mit flammenden Punkten drin … Träume können sehr real sein und entbehren dabei oft jeglicher Logik.«
»Oh, dies war kein Traum, Mason. Kein Traum.« Sie schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, hat es mir Angst gemacht. Seitdem versuche ich, K’un-Chien zu widerstehen.«
»Aber … K’un-Chien kann man nur schwer widerstehen, stimmt’s?«
Tree klapste ihn an die Schulter. »Es sollte mich eifersüchtig machen, dich das sagen zu hören. Tut es aber kaum.«
»Ich – ich meinte bloß –«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Du meintest einfach, dass es einem leicht fällt, sie zu lieben. Sie ist bezaubernd und dabei völlig natürlich – sie kann ebenso wenig etwas dafür, verführerisch zu sein, wie wir etwas dafür können, uns zu ihr hingezogen zu fühlen.«
Er nickte. »Wenn K’un-Chien eine Verführerin ist, ist sie es nicht in Gestalt des Teufels, sondern in der eines Engels.«
»Irgendwie hat sie etwas Geheimnisvolles an sich. Ich kann nicht sagen, was, aber es lastet mir auf der Seele. Sie ist ganz anders als alle anderen Frauen, die ich kenne.«
»Kein Wunder. Schließlich wurde sie hier geboren und ist durch und durch von konfuzianischen Werten geprägt. Ihre Welt ist völlig anders als die deiner Freundinnen, selbst die deiner chinesischen Freundinnen. Sie ist eine Tochter der altertümlichen Ming-Dynastie.«
»Nein, nein. Das ist es nicht, was ich meine.«
»Was dann?«
»Ich weiß nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kriege es einfach nicht zu fassen. Aber wir müssen sie mitnehmen, so viel steht fest. Wenn sie mitkommt.«
»Sie wird mitkommen, wenn ich es ihr befehle. Sie ist meine Frau. Nach konfuzianischer Lehre gehört sie mir. Wir können heute Nacht heimlich über die Mauer klettern und zur Westwand schleichen. Wir werden Proviant brauchen. Fackeln für den Tunnel. Geschenke, um die Wawajeros zu besänftigen.«
»Mason, ich habe Angst.«
»Yeah, ich auch.« Er nahm sie in die Arme. Ihr Herz pochte unter ihren kleinen Brüsten.
Sie legte den Kopf an seine Schulter und rieb ihre Nase an seinem muskulösen Hals. »Ich wette, Penelope hat an Odysseus’ Hals gerochen«, sagte sie. »Es ist so beruhigend.«
»Tree, du weißt, dass wir Domino Bescheid sagen müssen.«
Sie löste sich aus seinen Armen und starrte ihn an. »Ich traue ihm nicht. Außerdem bezweifle ich, dass er von hier verschwinden möchte.«
»Trotzdem finde ich, dass wir verpflichtet sind, ihn mitzunehmen. Wenn wir ohne ihn flöhen, würde er vielleicht schwer bestraft oder aus Vergeltung umgebracht werden.«
Sie seufzte. »Wahrscheinlich hast du Recht.«
»Ich weiß, dass ich Recht habe. Sollte er mitkommen wollen, kann er das gerne tun.«
Tree hatte denselben angewiderten Gesichtsausdruck wie an dem Nachmittag, als sie die Tarantula
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