Das Geheimnis am goldenen Fluß
langen Fleisch fressenden Echsen. Weniger als fünf Minuten waren vergangen, als K’un-Chien von unten zu ihnen hoch rief. Ihre Stimme klang eindringlich, eine Warnung. Mason sah Tree an und spannte die Bogensehne.
Tree wölbte die Hände und rief in den Tunnel hinunter. »Was ist los?«
Keine Antwort.
»Bist du in Ordnung?«, rief sie.
Von tief unten hallte ein gedämpfter Schrei hinauf.
Mason gab Tree den Bogen. »Sie ist in Schwierigkeiten. Ich gehe runter.«
Tree rief: »Mason kommt zu dir hinunter.«
Mason schwang die Beine über den Rand, dann sah er das umherschwenkende Fackellicht. »Sie kommt hoch.« Er zog ein Messer aus seinem Gürtel; die Klinge glänzte wie eine Mondlichtscherbe. Sein ganzer Körper straffte sich, seine Hand umschloss den Messergriff; er wartete.
Plötzlich erschien K’un-Chiens Kopf im Schacht unter seinen Stiefeln. Sie stöhnte schmerzerfüllt, und im selben Moment vernahm Mason das tiefe Summen wütender Bienen.
»Guang Gong!«, rief K’un-Chien und sah entsetzt zu ihm hoch. »Rennt zum Wasser!«
Tree stieß Mason an. »Komm schon!« Sie packte seinen Arm. »Du kannst ihr nicht helfen. Renne!«
Er sprang auf, griff Trees Hand und sprintete in Richtung Wasser. Eine schwarze Wolke flog ihnen nach, surrend wie eine Kettensäge. »Nicht nach ihnen schlagen«, rief Mason, »und schrei nicht, sonst fliegen sie dir in den Mund.«
Mason warf einen Blick zurück. K’un-Chien war aus dem Tunnel gestiegen. Er hörte die Bienen mehr, als dass er sie sah. Er widerstand dem Impuls, zu ihr zurückzurennen und auf die Biester einzuschlagen, die gnadenlos über sie herfielen.
Doch er blieb bei Tree und rannte mit ihr auf den Fluss zu, der schrecklich weit entfernt wie ein weißes Satinband schimmerte. Die Bienen hatten sie jetzt eingeholt und stachen durch ihre Kleidung auf sie ein. Es ist nicht der ganze Schwarm, sagte sich Mason. Nicht der ganze Schwarm, nur ein paar Dutzend. Wir können es überstehen, solange wir nicht nach ihnen schlagen. Er wollte Tree eine Aufmunterung zurufen, aber er wusste von den Wawajeros, dass angreifende Bienen einem in den Mund flogen und die Zunge und den Rachen zerstachen.
Das Flussufer kam mit jedem Schritt näher. Schließlich traten ihre Stiefel in den feuchten Schlamm, und sie hechteten kopfüber ins tiefe Wasser.
Mason hielt noch sein Messer. Er steckte die Klinge zwischen die Zähne, drehte unter Wasser um und schwamm zum Ufer zurück, wo er einen Euphorbia-Strauch gesehen hatte. Hastig schnitt er drei steife Halme ab und schwamm zu Tree zurück. Als er zur Oberfläche durchstieß, um Luft zu holen, rutschte ihm das Messer aus dem Mund; er langte unter Wasser nach ihm, doch es entglitt seinen Fingern und war verloren.
Mason gab Tree eine der etwa dreißig Zentimeter langen Röhren, dick wie eine Piccolo-Flöte, um sie als Schnorchel zu benutzen. Der frisch geschnittene Halm zwischen seinen Lippen schmeckte nach Mandeln. Er hob den Kopf bis in Sichthöhe aus dem Wasser und sah K’un-Chien mit zugekniffenen Augen auf sie zurennen.
»Hierher!«, rief Mason und bekam unzählige Stiche in die Stirn und einen in die Innenseite seiner Oberlippe. »Renne auf meine Stimme zu.«
Schwarze Pfeile stachen K’un-Chien ins Gesicht und in den Oberkörper. Nach Augenblicken, die wie eine Ewigkeit erschienen, traten ihre Füße ins Wasser, und sie tauchte in den Fluss. Mason gab ihr einen hohlen Halm und ergriff ihre Hand; dann schwammen die drei direkt unter der Wasseroberfläche vom Ufer fort, durch die hohlen Euphorbia-Halme atmend, und ließen sich von der starken Strömung forttragen, während das Bienenheer über ihren Köpfen in dichten schwarzen Kampfwolken umherschwirrte und nach Feinden zum Töten suchte.
Zwanzig Minuten später und drei Kilometer flussabwärts hob Mason vorsichtig den Kopf aus dem Wasser und suchte die Umgebung nach den Bienen ab. Er stieß K’un-Chien an den Ellbogen. »Alles klar«, sagte er. »Wir haben es geschafft. Bist du in Ordnung?«
Ihr Gesicht war eine aufgedunsene Maske, ihre Augen zu Schlitzen geschwollen. Sie nickte und versuchte, durch ihre wulstigen, purpurn angelaufenen Lippen zu sprechen, stöhnte aber nur leise. Ihr Kopf schwankte hin und her, und sie begann unter Wasser zu sinken.
»Scheiße.« Mason packte sie unter den Achselhöhlen und drehte sie auf den Rücken. »Tree, hilf mir.« Er begann, sie ans Ufer zu ziehen, doch die starke Strömung zerrte an ihrem Körper. »Tree! Sie fällt in einen Schock,
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