Das Geheimnis Dauerhaften Gluecks
ihm doch immer voll vertraut. Rolf hatte Gaby auf Fortbildungen wiederholt getroffen und mit ihr eine mehrere Monate andauernde Liebschaft begonnen. Er war fasziniert von ihrer Ausstrahlung, ihrer Körperlichkeit, ihrem Humor. Es war für ihn das pure Abenteuer voller Spannung und Erotik, mehr Verbindlichkeit wollte er nicht, aber die Faszination, die von Gaby ausging, veranlasste ihn dazu, seine Treffen mit ihr heimlich fortzusetzen. Andererseits wollte er Anna auf keinen Fall verlassen. Zu kostbar waren ihm die vielen gemeinsamen Jahre, die Vertrautheit und die tiefe Verbindung, die er zu Anna spürte. Das Ungelebte in der Beziehung zu Anna, die Spannung, die Erotik und das Fremde, fand in der Begegnung mit Gaby seine Erfüllung. Er war betroffen davon, dass er bei Anna so viel Leid verursachte, und trennte sich schließlich schweren Herzens wieder von Gaby.
Die Liebe zwischen Anna und Rolf war noch immer da, aber das Vertrauen hatte tiefe Blessuren erlitten, und zum ersten Mal trennten sich ihre Wege. Rolf zog übergangsweisezu Hause aus und Anna initiierte eine Paarberatung, an der beide teilnahmen. Beide waren selbst in der schwersten Krise ihres Lebens ein gutes Team. Sie sprachen viel miteinander, ehrlicher als sonst, und teilten sich das erste Mal mit, wie es ihnen mit dem anderen all die Jahre ergangen war. Sie trauten sich, Unterschiede zuzulassen, sich als eigene Persönlichkeiten gegenüberzustehen; jeder für sich, so wie der Pfarrer es ihnen damals im Ehevorbereitungskurs angeraten hatte. Das verloren gegangene Vertrauen wuchs erst über Jahre wieder, nach vielfach wiederholter Erfahrung von Verlässlichkeit. Die Paarberatung half beiden, in der Sexualität ihre individuellen Wünsche zu spüren und einander mitzuteilen. Sie lernten, Kompromisse zu bilden und sich in ihrer Unterschiedlichkeit zu zeigen.
Der gute Stern
In keiner Beziehung ist die Bindekraft so hoch, klebt der Kitt so gut, fällt eine Trennung so schwer wie in einer Partnerschaft, die von viel Gemeinsamkeit und dauerhafter Bindung gekennzeichnet ist. Ja, viel gemeinsam Gelebtes schafft eine tiefe innige Verbundenheit. Das ist ohne Zweifel ein unschätzbar wertvoller Aspekt dieses Leitsterns. Wenn dies auch noch in der emotional hoch besetzten, sensiblen Phase der Ablösung vom Elternhaus und während der ersten Schritte ins eigene Leben geschieht, verbunden mit allem, was da an Selbstzweifeln und Prozessen des eigenen Findens und Werdens auftaucht, dann ist die Verbindung zweier Menschen umso stärker. Der andere ist beim Start ins eigene Leben außerhalb des Elternhauses ein sicherer Begleiter, ein großer Bruder, eine verlässliche Schwester. Als unerschütterliches Team bewältigen beide die Hindernisse und Unwägbarkeiten, die sich ihnen in den Weg stellen. Das schafftLiebe, die von Stabilität und Sicherheit, von Klarheit und Verlässlichkeit geprägt ist. Ein Bollwerk gegen alles, was von außen kommt. Ein Hafen, in welchen ich immer zurückkehren und aufgefangen werden kann. Es sichert der Liebe ein langes Bestehen, manchmal über mehrere Jahrzehnte.
Wenn der Stern vom Himmel fällt
So schön diese Sicherheit für Anna und Rolf auch gewesen sein mag, so sehr ging sie auf Kosten der Spannung innerhalb der Beziehung und damit auf Kosten der körperlichen Anziehung in Form von aufregender Erotik. So etwas vermissen Paare mit ähnlicher Geschichte zumeist. Oft fehlt die Erotik hier von Anfang an und deswegen kommt es dann doch anders als erwartet. Man hat sich eben gut verstanden – zu gut! Solche Beziehungen beginnen selten als große Leidenschaft, sondern eher als ein gut kalkulierbares Abenteuer, bei dem es viel Vertrautes und Bekanntes gibt. So auch bei Anna und Rolf. Es sprach viel dafür, dass sie ihr Motto »Wir machen alles gemeinsam« als Leitmotiv nicht aufgaben, denn sie kannten es nicht anders. Es half ihnen bei vielen schwierigen Entwicklungsschritten und machte alles einfacher. Zudem genossen beide das Gefühl von Vertrauen und Stabilität, welches durch den lange gemeinsam beschrittenen Lebensweg entstanden war.
Wir bedürfen der Gemeinsamkeit und der Eigenständigkeit
Aber alles zu teilen, alles zu besprechen, alles gemeinsam zu entscheiden hat zur Folge, dass mein eigenes inneres Ich, meine Abgrenzung zum anderen, verschwimmt und damit eine große Abhängigkeit entsteht. Da Autonomie ebenfalls ein menschliches Grundbedürfnis ist, wehrt sich früheroder später immer einer der beiden Partner gegen
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