Das Geheimnis Dauerhaften Gluecks
dieses hohe Abhängigkeitsniveau. In diesem Fall war es Rolf. Er träumte oft davon, wenn Laura groß wäre, endlich unabhängig durch die Weltgeschichte zu reisen und niemandem mehr verpflichtet oder verbunden zu sein. Diese extreme Gegenbewegung deutet an, dass es für Rolf zu viel an Gemeinsamkeit geworden war und ihm sein Bedürfnis nach Eigenständigkeit existenziell immer wichtiger wurde. In der Sehnsucht nach individuell gestalteter Sexualität fand dieses Bedürfnis seinen Ausdruck und in der Begegnung mit Gaby seine konkrete Erfüllung.
Wie unser Stern auch in Zukunft leuchten kann
»Sandkastenliebe« schmeckt »bitter-süß«. Sie wird beneidet, weil alles so gut zusammenpasst und das Paar in seinem Umfeld eine große Harmonie ausstrahlt, worauf viele andere Paare sehnsüchtig blicken, bei denen jeder Unterschied eine Debatte zur Folge hat. Solche Paare fühlen sich tief verbunden und empfinden ihre Paarbeziehung als sicheren Ort im Leben. Andererseits besteht ein hohes Maß an Abhängigkeit, denn erst mit dem anderen kann ich mich geborgen und »ganz« fühlen. Durch die vielfach geteilte Verantwortung hat keiner wirklich die Gewissheit, auch alleine zurechtzukommen. Entscheidend aber ist, dass dieses gute Team, diese fast geschwisterliche Verbundenheit auf Kosten der Spannung innerhalb der Beziehung geht. Alles ist bekannt, alles ist vertraut, mit nichts kann ich den anderen noch überraschen, alles weiß er schon vorher. Oftmals muss gar nichts mehr gesagt werden, der andere weiß und kennt es ohnehin schon. Das nährt Gefühle von Langeweile und die fade Gewissheit, über alles, was das Leben noch zu bieten hat, bereits Bescheid zu wissen.
Auch eigene Wege gehen
Genau hier gilt es, mit deutlichen Zeichen und Handlungen innerhalb der Beziehung eigene Wege zu gehen: ein Auslandsaufenthalt, ein anderer Ort für ein Praktikum, ein Stückchen autonomes Leben, von dem der andere nicht jedes Detail kennt. So bewältigt jeder den Alltag eine Weile alleine. Keine täglichen Anrufe, sondern mal eine Woche oder länger gar keinen Kontakt und den anderen in Ruhe lassen. In dieser Zeit sollte jeder Partner selbst etwas Neues ausprobieren. Anna und Rolf hätten so die Spannung herstellen und erhalten können, die beiden fehlte. Sie hätte ihre kleinen, ungefährlichen Flirts mit anderen Studenten nicht immer gleich beichten sollen und er hätte seine Träume vom großen Abenteuer in eine realistischere Form verwandeln können: in eine größere Bergtour mit einem Freund oder in einer Gruppe, ein Motorrad, das er ab und zu für eine Spritztour herausholt, ein Wochenende, an dem er unterwegs ist, ohne alle zwei Stunden bei Anna einen minutiösen Bericht abzuliefern. Dafür zieht Anna auch mal los und erkundet eine ihrer Lieblingsstädte mit einer guten Freundin. Das bedeutet: Jeder hat neben der Beziehungswelt seine eigene Welt und lässt dort das eine oder andere Geheimnis offen. Das schafft Spannung und erhält die Partner als anziehenden Mann und als anziehende Frau füreinander. Letztlich hat jeder so auch mehr vom anderen, da beide reifer geworden sind.
Den Stern wiederfinden
Anregungen zum Nachdenken und gemeinsamen Reflektieren:
Denken Sie darüber nach, wo Sie zu oft zu viel zusammen sind, und überlegen Sie, welche kleinen Trennungen Sie sich im Alltag zutrauen. Es gibt Paare, die waren inihrem Zusammensein noch nie länger als 3 Tage voneinander getrennt (oder nicht einmal das). Es entpuppt sich tatsächlich eine erstaunliche Erkenntnis für Paare, wenn sie es wagen, innezuhalten und sich bewusst zu werden, dass sie über all die Jahre oder Jahrzehnte eine schleichende Gewohnheit entwickelt haben, sich nur in der Nähe des anderen richtig wohlzufühlen. Dass sie sich an Tagen, die sie alleine zu Hause verbringen, in einer sonst kaum merklichen inneren Warteposition befinden und zu keiner vernünftigen Tagesplanung fähig sind. Dass ihnen die Ideen fehlen, wie eigene Aktivitäten ohne den anderen auch Spaß machen können und wie sie verhindern können, dass der Eindruck von verlorener Zeit in der inneren Gefühlsuhr entsteht.
Machen Sie sich klar, welche eigenen Wünsche und Bedürfnisse Sie bislang weder sich selbst noch dem anderen gegenüber bewusstgemacht und verdeutlicht haben. Oft ist partnerschaftliche Gemeinsamkeit so vertraut, dass kein Anlass bestand, eigene Pläne zu schmieden. Es braucht eine ganze Weile, bis man auf die Spuren kommt, die zur eigenen Bedürfniswelt
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