Das Geheimnis Dauerhaften Gluecks
Aufforderung, und ungefragt nimmt mir mein Partner die Suche nach einem geeigneten Arzt ab. Solche Paare sind sehr romantisch veranlagt, da sie am Anfang das fantastische Erlebnis verzaubert hat, dass der Partner immer im rechten Moment gespürt hat, was der andere braucht und was ihm fehlt. Im Alltagsstress geht diese Sensibilität für den Partner verloren, bleibt aber als Anspruch bestehen und wird dadurch zur Überforderung. Tiefe Enttäuschungen sind die Folge. Falsches oder fehlendes Erfühlen der jeweiligen Bedürfnisse wird als Verletzung der Person und als Verrat an der Liebe erlebt.
Die Geschichte
Gerda wohnte im gleichen Haus wie Joachim, in der Studenten-WG im Dachgeschoss, während er sich eine kleine Wohnung darunter mit seinem Freund Detlef teilte. Als sich die beiden kennenlernten, schrieb Joachim an seiner Magisterarbeit für Erziehungswissenschaft, Gerda vertrieb sich als Studentin im zweiten Semester im Universitätstrubel noch etwas orientierungslos die Zeit. Sie hatte sich für Ethnologie und Germanistik eingeschrieben, weil ihre Eltern ein weiteres »Gammeljahr«, wie sie es nannten, nicht duldeten.Sie lief Joachim einige Male im Treppenhaus über den Weg, bevor sie sich auf einer der regelmäßig und ausgiebig gefeierten Hauspartys dann näher kennenlernten und ineinander verliebten. Sie hatten lange stumm nebeneinandergestanden und die anderen beobachtet. Gerda fühlte sich mit Joachim auf Anhieb vertraut und beide benötigten kaum Worte, um sich verständlich zu machen. Vieles geschah intuitiv und zur gleichen Zeit und das faszinierte beide. Ein unsichtbares Band schien sie zu verbinden.
»Joachim spürt immer, was ich brauche«, schwärmte Gerda ihrer Freundin am Telefon vor. Joachim wiederum, der die Magisterarbeit eher zögerlich anging und seine Mühe damit hatte, die nötige Disziplin dafür aufzubringen, genoss es, jetzt von Gerda darin so einfühlsam unterstützt zu werden. Sie ordnete für ihn den chaotischen Männerhaushalt, massierte seinen Nacken, wenn er müde war, tat alles, damit er in Ruhe schreiben konnte, und sorgte für Ablenkung, wenn er nicht mehr weiterwusste und an sich zweifelte. Sie verbrachten viel Zeit im Bett, frühstückten lange und machten gern Spaziergänge in der Natur, die sie in aller Stille genossen. Jede freie Minute verbrachten sie zu zweit. Sie fühlten sich eins miteinander und waren glücklich.
Dann wurde Gerda schwanger, aber sie verlor das Kind im vierten Monat. Beide waren wie gelähmt, sie beerdigten das Kind und trauerten sehr um diesen Verlust. Joachim trat seine erste Stelle als Lehrer in einer anderen Stadt an und Gerda brach ihr Studium ab, um dort eine Ausbildung als Physiotherapeutin zu beginnen. Kurz darauf wurde Gerda wieder schwanger und sie heirateten. Gerda konnte dennoch ihre Ausbildung beenden, da ihre Mutter den kleinen Lukas betreute. Sie hatte gerade in einer Krankengymnastikpraxis zu arbeiten begonnen, da stellte sie eine erneute Schwangerschaft fest. Es war eine komplikationsreicheZwillingsschwangerschaft und Gerda musste infolgedessen bis zur Geburt viel liegen. Joachim hatte kurz zuvor sein Deputat erhöht, war nun seltener daheim und konnte Gerda weniger zur Seite stehen. Im Laufe der Zeit fühlte sich Gerda von den hohen Anforderungen des Alltags überfordert. Sie fühlte sich aber auch im Stich gelassen, was sie Joachim immer wieder in vielen Vorwürfen mitteilte: »Du nimmst mich nicht wahr und siehst überhaupt nicht, was ich alles für dich tue.« Oft endeten solche Auseinandersetzungen damit, dass sie in Weinkrämpfe ausbrach und er sich beleidigt zurückzog. So endete die Kommunikation meist abrupt und ihre Beziehungsqualität verschlechterte sich zusehends. Joachim bemühte sich immer wieder, Gerdas Wünsche wahrzunehmen und zu erfüllen, so gut er konnte. Aber es genügte häufig nicht. Gerda bekam auch auf offener Straße Wutanfälle, wenn etwas nicht so lief, wie sie es sich vorstellte. Einmal warf sie sich in einem Kaufhaus der Länge nach hin und trommelte mit den Fäusten auf den Boden. Der fünfjährige Lukas stand daneben und Joachim fühlte sich völlig ohnmächtig. Er wollte so etwas nie wieder erleben und sorgte sich sehr wegen der Belastung der Kinder.
Die Zwillinge Lea und Hanna waren gerade zwei geworden, da entdeckte Gerda, dass Joachim seit vier Monaten ein Verhältnis mit Sabine hatte, die gelegentlich als Chorleiterin an seiner Schule Musikprojekte durchführte. Joachim hatte bei Sabine das
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