Das Geheimnis Dauerhaften Gluecks
wiedergefunden, was ihn am Anfang mit Gerda verbunden hatte: Angenommensein, Sensibilität und befriedigenden Sex. Und das Wichtigste: Sabine spürte, was er brauchte, ohne endlose Streits. Er zog schließlich aus der ehelichen Wohnung ins Souterrain und vereinbarte mit Gerda eine Phase der Distanzierung, innerhalb derer sie eine Beratung durchführen wollten und keiner eine endgültige Entscheidung über ihre Beziehung fällen sollte.
Der gute Stern
Wertvoll daran ist, dass Gerda und Joachim sich über lange Zeit auf ihr Spüren und ihre Empfindsamkeit füreinander verlassen konnten, diese geradezu kultivierten und damit eine Tiefe von einzigartiger emotionaler Intensität entstehen konnte. Sie beherrschten eine Kunst, die nicht allen Menschen zugänglich ist. Sie verstanden sich oft wortlos und erfuhren damit in ihrer Partnerschaft eine unverwechselbare Atmosphäre des harmonischen Zusammenseins. Ihr Wir-Gefühl wurde gestärkt und der innere Kern der Beziehung genährt. Sie versorgten gegenseitig behutsam ihre kindlichen Bedürfnisse nach Angenommensein und Wahrgenommenwerden. Somit heilten sie einander ihre seelischen Wunden aus der Kindheit, denn beide hatten aus unterschiedlichen Gründen wenig emotionale Resonanz seitens ihrer Eltern erfahren. So fühlten sich beide auch auf der Ebene ihrer existenziellen Bedürfnisse verstanden und geliebt.
Dies war eine gute Basis, um Krisen gemeinsam zu überstehen und auch emotional durchzustehen, ohne sich Verletzungen zuzufügen (wie dies sonst häufig in diesem Zusammenhang geschieht). So waren sie fähig, nicht nur die Prüfungszeit von Joachim gut zu bewältigen, sondern auch den Verlust ihres ersten Kindes gemeinsam zu betrauern und mit diesem schmerzlichen Abschied sensibel umzugehen.
Wenn der Stern vom Himmel fällt
Dass es doch anders gekommen ist für Joachim und Gerda, als sie es sich erträumt hatten, könnte an folgenden Faktoren liegen: Sie lernten sich in der Studentenzeit kennen, in einer Lebensphase, welche vergleichsweise von viel Freiheit und Lust geprägt ist. Hier bekam ihre Liebesbeziehung genügendRaum und Zeit, um sich mit der oben charakterisierten Feinheit und Sensibilität für den anderen zu entwickeln. Die gemeinsam durchlittenen Krisen ganz am Anfang ihrer Beziehung bewältigten sie mit inniger gegenseitiger Anteilnahme und stillem Einverständnis, was ihr Vertrauen in ihre gute Intuition bestätigte. Sie bewahrten sich lange den Glauben, dass der eine in den meisten Fällen spüren würde, was der andere brauchte, und folgten damit unbewusst dem Leitsatz, dass daran das Maß ihrer Liebe zu messen sei. »Wenn du nachvollziehen und spüren kannst, was ich brauche, dann liebst du mich wirklich.« Oder als Gegensatz dazu: »Wenn ich erst sagen muss, was ich möchte, dann erfüllst du nur eine Erwartung von mir und ich weiß nicht, ob du es wirklich so meinst, das heißt, ob du wirklich mich meinst!«
Im Alltagsstress ist das Einfühlen schwerer
Als die Familien- und Berufsphase begann und die Regelung des Alltags damit weitaus mehr an Aufmerksamkeit und Kraft erforderte als zuvor, blieb für das Paar nur noch wenig Zeit übrig. Die Qualität ihrer Begegnung wandelte sich. Jetzt standen Themen des Alltags an, die es zu klären und zu regeln gab. Sich und den anderen zu spüren war kaum noch möglich. Da Gerda und Joachim aber gerade in dieser belastenden Kleinkindphase, die zugleich Berufsaufbauphase war, voneinander noch mehr Aufmerksamkeit erwarteten, sich diese aber jetzt erst recht nicht geben konnten, entstanden große Enttäuschungen.
Aus Gerda brach von da an immer häufiger tiefer Schmerz, der zusätzlich aus Enttäuschungen und Verletzungen in ihrer Kindheit genährt wurde, den sie aber Joachim in die Schuhe schob. Gerda war als kleines Kind viel alleingelassen worden, da die Eltern ein eigenes Bekleidungsgeschäft hatten und wenig Zeit für sie übrig blieb.
Joachim fühlte sich jedoch völlig überfordert und zog sich aus Schutz zurück, wenn er lange genug versucht hatte, es Gerda recht zu machen. Er distanzierte sich auch deshalb, weil Gerda ihn durch ihre ungezügelten Wutausbrüche mit traumatischen Erfahrungen aus seiner Kindheit konfrontierte. Er hatte lange unter seinem aggressiven Vater gelitten und wollte nie wieder die Ohnmacht aushalten müssen, die er erleben musste, wenn dieser ihn schlug.
Das Paar verlor seinen guten Kontakt und damit auch die Grundlage von allem, was es emotional zusammengehalten
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